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Geologische Naturdenkmäler in der Oberlausitz Hane Naumann-Teichnitz bei Mutzen V. Die Zschemelschka bei Doberschiitz bei Pließkomitz eute wandern wir einmal von Bautzen ans auf der Muskauer Straße ins Flachland mit seinen zahl losen blinkenden Teichen nach dem Dörfchen Do ber sch ütz. Gegenüber dem an der Straße gelegenen Gasthofe schlagen wir dann die Fahrstraße nach Kreckwitz ein. Nach Süden zu wird jetzt der Blick durch die Kreckwitzer Höhen, vier imposante mit Kiefern wald bestandene diluviale Kiefernrundhöcker, begrenzt. Bon hier aus (Denkstein auf dem Krähenberge) leitete bekanntlich der greise Blücher am 20-21. Mai 1813 seinen zähen Wider stand gegen die anstürmendcn Korps Marmont und Soult. Wir versagen uns aber heute den Besuch der denkwürdigen und aussichtsreichen Kuppen und biegen nach etwa 500 m aus einen Feldweg links ein. Auf einer kleinen Anhöhe erblicken wir bald das wie die Reste einer uralten Burg anmutende weißlich schimmernde Felsenriff der Zschemeischka. Da sich der Feldweg, den wir «ungeschlagen hatten, bald wieder in den Feldern verliert, müsse» wir versuchen, auf Rainen und zwischen Furchen heranzukommen. Wir stehen hier vor dem Rest eines aus dem Granitit herausgewittcrten Quarzganges. Das ganze Lausitzer Gra- uitmassiv ist von einer Anzahl von Gängen älterer Eruptiv gesteine (Diabase, Diorite usw.) durchsetzt. Da aber diese Klüfte und Risse im granitischen Grundgebirge nur auf einen gelinden Gebirgsdruck zurückzuführen sind, fehlt es in der Um gebung dieser Gänge an den typischen Druckerscheinungen, wie Rutschflächen und Spiegelharnischen. Es finden sich aber Zonen im Granitmassiv, die diese Erscheinungen deutlich auf weisen, also auf eine äußerst starke Tätigkeit gebirgsbildender Kräfte hindeutcu. Einwandfrei beobachten wir hier Ver- werfungsklüfte. Der Granit zeigt Rutsch- und Gleitflächen, i Das Gestein ist zerquetscht und zermalmt worden und hat eine flascrige gneisartige Struktur angenommen. In Verbindung mit diesen Erscheinungen treten Quarzgänge aus, die weiter nichts darstcllen, als eine Ausfüllung solcher Bcrwerfungsklüfte, die wahrscheinlich durch heiße, stark kieselsäurehaltige Wässer bewirkt worden ist >). Im Gebiet des Lausitzer Granitmassivs finden wir durch ihre Ausdehnung bemerkenswerte Druckzonen, die jedesmal von Quarzgängen begleitet sind ff. Hier befinden wir uns in der nördlichsten Druckzone, die meist von den Ablagerungen des Diluviums verhüllt ist. Der mächtigste Quarzgang unserer Zone beginnt etwa am Butter m i lchbergc bei Kotitz, südwestlich von Weißenberg ff und zieht sich über den Kirsch berg bei Belgern, wo er über >00 in mächtig wird, nach' Doberschiitz, Nied erg urig, Luga, Lomskc bei Nesch witz bis gegen Schm ochtitz hin. Der Quarzgang hätte somit eine Länge von 35 bis 40 km. Stäbler ff berechnet nur 30 km (Kotig bis westlich Lomske), während Beyer ff 40 km angibt (Maltitz bis Schmerlitz). Beger ff berechnet 35 bis 40 km (vom Strohmberge bis Schmerlitz) und Liebscher ff 40 km (von Schmerlitz bis Kumschütz — ? Der Berf.). Nicht mit Unrecht wird dieser Quarzgang infolge seiner Länge viel fach als der „Lausitzer Pfahl" bezeichnet analog dem 40 bis 50 m breiten und sich in einer Länge von 150 km hin ziehenden Quarzgang des Bayrischen Waldes zwischen Amberg und Passau. Die Zschemeischka nun ist weiter nichts als ein Stück dieses „Lausitzer Pfahles", das infolge der großen Widerstandsfähig keit des Quarzes die Verwitterung des umgebenden Granites überdauert hat. Die Gangmasse besteht aus weißem, stellen weise auch durch beigemengte Eisenoxyde gelb oder rötlich ge färbtem Quarz, der ost Zcrmalmungsprodukte des Granites einschließt und dann bei der Verwitterung zu Grus zerbröckelt, wie am Kirschberge bei Belgern ff. Die oben beschriebenen Druck- und Zermalmungserscheinungen sind in unmittelbarer Umgebung des Risses, z. B. am Schafberge bei Doberschiitz, gut zu beobachten. Der Name Zschemeischka ist zweifellos wendischen Ursprunges. In ihm steckt das Wort Krem-Quarz. „Wie beispiels weise aus dem niederdeutschen Namen Krischan — Christian über Kschischan schließlich der in der Lausitz häufige Familien name Zschieschan geworden ist, so hat sich jener Name Krön, im Munde der Umwohner zu Zschem—elska, Zschem—elschka verwandelt" ff. Das etwa 20 m lange und über dem Boden 5 m breite Felsenriff liegt mitten zwischen Feldern und ist durch keinen direkten Weg zugänglich. An der Nordwestseite ist leider schon ein großer Teil abgebaut und als Straßenschotter ver wendet worden. Eine etwa 5 m tiefe Grube zeugt noch heute davon. Da mit dem Felsenriff sonst weiter nichts anzufangen war, ist es bis auf das Fällen einer Buche während des Krieges unberührt geblieben, und eine immerhin reichhaltige Pflanzenwelt hat sich hier angesiedelt. Im Frühjahre leuchten Weidenkätzchen und schaukeln die Blütentroddeln der Hasel im Winde. Dann blühen Weißdorn und wilde Kirschen, und am Fuße wuchern Brombeeren und Himbeeren, Johanniskraut und Weidenröschen. Selbst der nackte fleischfarbene Fels ist von Flechten und Moos besiedelt. Die Aussicht von der Zschemeischka ist trotz ihrer geringen Höhenlage umfassend und weitreichend. Nach Norden blicken wir in die weite Lausitzer Tiefebene mit ihren blinkenden Teichen, spitzen Kirchtürmen und bewaldeten Kuppen, die ihr deutlich den Charakter einer Diluviallandschaft verleihen. Im Qsten blauen der Rothstein und der Löbauer Berg, und im Süden liegt wundervoll die gesamte waldreiche Kette des Mittellausitzer Bcrglandes, vom Hochstein bei Kleindehsa bis zum Klosterberg vor uns, und dazwischen ragen die Türme von Bautzen. Glücklicherweise ist die Zschemelschka von keinen weiteren Gefahren bedroht. Die Besitzer, Bürgermeister Zieschang und Gutsbesitzer Kunath, beide in Doberschiitz, haben die Erhaltung des wertvollen Naturdenkmals in dankenswerter und entgegen kommender Weise zugesichert. Der Landesvcrein Sächsischer Heimatschutz hat daraufhin an der Südseite des Felsenriffes eine Tafel aufgestellt: Naturdenkmal Zschemelschka Krem — Quarz Ausgewitterter Quarzgang — Granit. Landcsverein Sächsischer Heimatschutz. Möchte diese Tafel auch dazu anregen, die Vegetation, na mentlich die blühenden Sträucher, zu schonen und nicht ihres Schmuckes zu berauben, wie es im vergangenen Frühjahre leider zu beobachten war. Literatur: ff B eyer, F örst er. März. Die Oberlausitz. Meißen 1906. S-85. ff Beger, P. I. Geologischer Führer durch die Lausitz. Berlin 1914. S. 141. ff Eckt. Hochkirch-Czorneboh der geologischen Spezial-Karte von Sachsen (Bl 55). Leipzig 1894 (v. E Weber). Erlaub S.1I. ff Stäbler, H. Die Zschemelschka, ein crdgcschichtliches Natur denkmal. Ber. Naturwissenschaftliche Gesellschaft Isis Bautzen 1916-1918. 6.47-51. - Derselbe. Die Zschemelschka. Mitteilungen Heimatschutz. Bd. X. Dresden 1921. S. 92—95. (Hier werden merkwürdigerweise 35 km, Maltitz—Schmerlitz, angegeben^ ff Beyer, Förster, März, a. a. O. S. 84. ff Beger, a. a. O. S. 141—142. ff Liebscher, B. Das Oberlausitzer Tiefland. In.-Diss. Leipzig (1904). S. 33. ff Sekt. Baruth-Neudors der geol. Spez.-Karte von Sachsen (Bl. 39 u. 24). Leipzig 1893. (v. G. Klemm). Erläut. S. 10. ff Stilbler, H., a. a. O. S. 47 bezw. S. 92 bis 93. — Der selbe. Uber Lausitzer Familiennamen. S. 14—15. Auch Fest schrift zur Jahrhundertfeier des Landst. Seminars zu Bautzen, 1817-1917. Bautzen 1917, S. 65-91.