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40 Jahre Turm und Wirtschafts-Betrieb auf dem Mönchswalder Berge Jubiläumsfeier des Gebirgsvereius zu Bautzen on all den vielen Wanderern, die schon einmal zum Mönchswald, als dem der Stadt Bautzen zunächst gelegenen Berge, emporgestieqen sind, um dann dort öden in freundlicher Baude gut bewirtet zu werden, wird sicher nur den allerwenigsten bekannt und bewußt geworden sein, wem sie diesen Genuß verdanken. Auch so vielen, die aus schönen Wegen die heimatliche Natur durchwandern und denen gute Markierungen treue Wegweiser sind, wird noch nicht die Frage in den Sinn gekommen sein, wer sorgt so ideal und ganz im Still?» für die große Allgemeinheit, wer bringt ihr in idealer Art und in heimatlicher Liebe diese Opfer dar? Doch wehe, wenn sich eine Lücke zeigte, da hat schon mancher undankbar gemurrt, anstatt mitzuhelsen. In unserer Lausitz sind es die Gebirgs-, Humboldt- und Bildungsvereine, die unter der Leitung von Prof. Weder- Zittau zu dem großen Lausitzer Verband „Lusatia" zusammen geschlossen sind, welche den Wanderverkehr in der Lausitz und die Liebe zu ihr fördern und als getreue Führer überwachen, ungeachtet besten, daß ihre Opfer und die Früchte ihrer Mühen auch dem Abseitsstehenden zufallen. Einer der stärksten „Lusatia"-Vereine ist der Gebirgsverein zu Bautzen mit einer Mitgliederzahl von 559 und Herrn Oberlehrer Julius Frenzel als umsichtigen Vorsitzenden an der Spitze. Vor drei Jahren, am 5. Juli 1922, konnte der Verein sein 40 jähriges Bestehen feiern, und in diesem Jahre erfreuen sich die von ihm errichteten Gebäude auf dem Mönchs wald eines 40 jährigen Bestehens. Aus diesem Anlaß hielt der Verein am Sonntag, dem 6. September, auf dem Mönchswald eine Jubiläumsfeier ab. Im Gegensatz zu der Feier vor drei Jahren zeigte sich diesmal der Wcttergott weniger rücksichtsvoll. Und dennoch war gerade der gegen Mittag stark einsetzende Regen ein neues Prüfungsmittel für den Verein, denn ungeachtet der himmlischen Ergüsse stellten sich die Mitglieder und Gäste so zahlreich ein, daß sämtliche Gasträume der Bergwirtschast kaum zurcichten, um alle aufzunehmen. Der erste Vorsitzende, Oberlehrer Frenzel, begrüßte die Erschienenen, die aus Bautzen und de» Ortschaften um den Mönchswald herum zum Berg emporgestiegen waren. Sein besonderer Gruß galt dem ältesten Mitglieds und Mitbegründer des Vereins, Herrn Buchhändler Richter-Bautzen, dann auch dem Vertreter der Bautzener Wanderburschenschaft, dem Alt- gesellen Muschick, serner begrüßte er auch die Jugend und im Laufe seiner Festrede den vom „Globus"-Zittau entsandten Herrn Kaufmann Kittel, der gemeinsam mit Herrn Karl Weber- Zittau als Vertreter des Verbandes „Lusatia" inzwischen ein getroffen war. Der Vorsitzende führte in seiner Rede u. a. aus: Was uns eint, ist die Freude am Wandern und die Liebe zu unserer Heimat, unserer Lausitz. Es ist ein Segen für unser Volk, daß ihm die Freude am Wandern im Blute steckt, und daß dieser Wandergcist immer weitere Kreist ergreift. Durch dieses Wandern in die weite Natur ergeben sich neue Kräfte zu neuem Schaffen. Wir wollen uns aber nicht der sog. Herden- wege bedienen, sondern anderer und neuer Wege, die weniger begangen werden. Und überall entdecken wir neue Schönheiten und neue Reize unserer Heimat, man muß sie nur zu finden misten. Das waren auch die Beweggründe, die vor 43 Jahren die Männer beschäftigten, die den Verein gründeten. Heute bewegt uns noch ein Gedanke, der an das 40jährige Bestehen unseres Heims, des Turmes und der Wirtschaft. Als Leitspruch sei darübergestellt: „Gutes gewollt im Vertrauen und Beharr lichkeit führen zum Ziele." Zu damaliger Zeit bestand dadurch eine Lücke, daß kein Berg in unmittelbarer Nähe Bautzens mit einer Bergwirtschaft gekrönt war. Der eifrigste Förderer dieses Gedankens und Schöpfer dieses erwünschten Heimes war Ober lehrer M. A. Dinier, der umsichtige Gründer und erste Bor sitzende des Vereins. Mit seinem Namen ist die Wirtschaft auf dem Mönchswald eng verknüpft. Anfangs erwog man, ob nicht die Wirtschaft auf dem 428 Meter hohen Thromberg errichtet werden solle, aber schließlich entschied man sich für den 450 Meter hohen Mönchswald, damals noch Wilthener Berg genannt. In der Hauptversammlung am l. Mai 1884 würde der Bau beschlossen, der einen Kostenaufwand von 10—12 000 Mark erforderte. Als der Verein nach einiger Zeit noch immer eine größere Schuldenlast abzutragen hatte, erbot sich Kommerzienrat Otto Weigang, die Baukapitalien zu leihen, indes er einen Teil des Baues selbst übernahm. Er baute 1896 die Wasser- leitung, errichtete die Musikhalle und stiftete das mit prächtigen Glasmalereien versehene Fenster im Hausflur. Unter der Leitung von Prof. Konrektor Helbig erstand die Glasveranda. Fünf seiner Mitglieder hat der Weltkrieg dem Verein ent- rissen, ihnen gilt auch das von der „Lusatia" auf dem Kvttmar errichtete große Ehrenmal. Im Auftrage des „Globus" und der „Lusatia" überbrachte nun Herr Kittel-Zittau deren Glückwünsche. Herr Lehrer Lucke sprach ein in erzgebirgischer Mundart selbstverfaßtes Gedicht in herziger und sonniger Art, woran er die Glückwünsche der von ihm geleiteten Landsmannschast der Erzgebirgler anfügte. Hieran schloffen sich einige Ehrungen. Zunächst galt es dem Gründer des Vereins und Schöpfer der Wirtschaft und des Turmes, Oberlehrer M. A. Dinter, zu gedenken, dann aber Kommerzienrat Otto Weigang. Ihnen soll laut Vorstandsbeschluß auf dem Vorplatz ein gemeinsamer Gedenkstein errichtet werden, während ein dritter, Kaufmann Oskar Mi eßner, der von 1891 bis zu seinem Tode 1917 als Rechnungssührer tätig war und den Verein durch viele Zuwendungen unterstützte, dadurch geehrt werden soll, daß der von ihm jeden Donners tag begangene Weg von Postwitz herauf seinen Namen, also „Oskar-Mießner-Weg" erhalten soll. Durch Erheben von den Plätzen wurde der treuen Toten bei den Klängen des von der Musik gespielten Liedes: „Ich kenn' ein' Hellen Edelstein" ein weihevoller Augenblick dankbaren Gedenkens gewidmet. Gedichtvorlräge „Treue Liebe" und das von dem Mitglied Brauny in Rascha verfaßte „Mönchswaldzauber" durch die Schülerinnen Koitzsch und Brauer sowie der gemeinsame Gesang des Deutschlandliedes füllten diesen Teil aus. Der gesellige Teil diente zunächst den Belustigungen der Kinder. Unter der Aufsicht der Herren Lucke, Geyer, Hut und Guter mut vertrieben sich die Kinder und Jugendlichen die Zeit mit Ballwerfen und Schießen nach der Scheibe. Das Wetter hatte sich inzwischen so gebessert, daß alle die im Freien geplanten Veranstaltungen durchgeführt werden konnten. So auch das von einem Mitgliede verfaßte Waldspiel, das auf die Gründung der Bergwirtschaft Bezug nimmt, und in welchem Waldschratt, Waldfee, Elsen und Zwerge auf der kleinen Wald wiese vor einer romantischen Grotte gar entzückende Szenen boten. Vor allem löste der von Fr. Kube einstudierte Elfen reigen lebhaften Beifall aus. In geschlossenem und buntem Zuge hatten sich Darsteller und Zuschauer nach der Waldwiese begeben, um dort sich zu erfreuen. Auch ein Müllerreigen und der sehr lustige Tanz reigen „Wenn der Topf aber nun ein Loch hat, lieber Heinrich" und ein vorzüglicher rhythmischer Tanz zweier junger Mädchen in der Musikhalle trugen zur Unterhaltung und Belebung des Festes bei. Im Saale bildeten Einzelvorträge, wie z. D. das von einem graubärtigen Wanderer gesprochene Gedicht „Lusatia" von Herm. Nicke, Bautzen, und Gesänge junger Damen die Fortsetzung dieser Unterhaltungen. Für die Kinder erreichten sie ihren Höhepunkt in der Verteilung der Preise. So nahm das Fest, bei welchem Herr Schmidt ganz im Sinne Aller dem l. Vorsitzenden, Oberlehrer Frenzel, und seiner Gattin als treue Führer des Vereins und fleißige Gestalter dieses Festes den herzlichsten Dank aussprach und ein „Berg Heil" auf sie ausbrachte, einen guten Verlauf, der zum Ende mit einem lustigen Tänzchen den Baudenzauber vollendete. r.