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Turmes anzusehen, die nach ibrer Gestalt die Enienplatsche aenannt wird. Daß wirklich Walen hier ihre geheimnisvolle Arbeit verrichtet haben, geht aus Aufzeichnungen hervor. In einem solchen Walenbüchlein heißt es: 1) „Ich, Matz Nicolaus Slaßkau, thue kund frommen Leuten, daß ich allda mein Gut vom Hohenwalde aeholet auf dem Falkenberqe, der Hohewald genannt drei Meilen von Bautzen, bey Neukirch gelegen. Darauf findet man viel Ge steine nach einander liegen wie eine Mauer, das ist zu aller- oberst, und wobl mitten auf dem Berge gegen Mittag bey Ottendorf, da ist eine Pfiitze, hat roth Wasser, darinnen ist groß Guth, und niederwärts wohl gelegen ein Gewand breit, da ist — Gruben vermacht, darinnen ist viel Gold — denn um die Oberhand bey dieser Grube ist viel Gehölze nieder gefallen, es steht eine Tanne dabei, und ist gehauen ein Kreuz, und gegen diesem Baume über liegen drey Steine auf einander gelegt, ist auch ein solch Kreuz, darunter ist die Grube wohl vermacht eines Knies tief mit Erde und viel Steine darauf geworfen. Das ist geschrieben (14) 27." 2) „Bon da gehe weiter, so wird eine Grenz-Tanne stehen auf dem Putzkauer, da gehe gerade hinauf, so wirst du 12 Steine mit ch finden, der zwölfte steht auf dem Valtenberge; bei dem gehe 6 Schritt nach dem Mittag zu, da liegt alt Geräusche und Steine, die räume weg, so wirst du Goldkörner finden. Ferner lenke dich 50 Schritt hinauf, da ist ein Marder in einen Stein gehauen. Wenn du den hast, so gehe 5 Schritt zuriicke und räume bei einem Steine weg, so wirst du groß Gut finden. Item gehe von da weiter nach dem Hohwalde 70 Schritt, so wird ein Entenfuß in einem Steine stehen, da gehe 9 Schritt nach dem Mittag zu, da steht eine große Fichte, unter der räume weg, da liegt gediegen Erz. Bon da gehe noch 100 Schritte gegen Abend, so wirst du einen Stein finden, daran ein Bischofsstab gehauen ist. Er ist viereckig. Den hebe auf, so wirst du dein ganzes Leben voll Genüge haben." Das den letzteren Bericht enthaltende Walenbüchlein gibt zugleich d>e Anweisung nebst Formel, „wie man das Gold aufthun soll": „Gehe hinzu, falle nieder auf die Knie und bete 5 Bater- unser, drei Ave Maria und einen Glauben. Dies bete zu Gott in seiner Dreifaltigkeit und unser lieben Frauen Elend. Und nimm ein kleines altes Röckchen und hänge es über die Grube, das Bergmännchen holt es schon. Darnach mache drei Kreuze vor dich und sprich: Ich beschwöre dich bei der Kraft Gottes und bei der Menschwerdung Jesu Christi, daß du auf gehest, als Christus ist aufgegangen an dem heiligen f und hat erlöst das menschliche Geschlecht. Also müssen aufgehen alle Bande, Kies, Stahl, Eisen, Gold, Silber und alle ver dammte Dinge, als Christus ist aufgefahren und uns von der Hand Adams erlöst. Das gebiete ich dir bei Gott dem Bater und Gott dem Sohne und Gott dem heiligen Geiste! Amen. So wirst du wahrhaftig sehen, daß sich die Grube und das Versetzte wird aufthun und ledig werden." In den Jahren 1810 bis 1812 wohnte ein Wale aus Venedig bei dem Bauer Protze in Berthelsdorf. Er sammelte Im Hohwalde am Baltenberge Sand und bewahrte denselben im Speisegewölbe seines Hauswirtes auf. Letzterer hatte nicht die geringste Ahnung von dem großen Werte dieses Sandes. Als der Fremde endlich abreiste, lud er den Gutsbesitzer ein, falls er einmal in Not geriete, zu ihm nach Venedig zu kommen; er wollte ihm dann helfend beistehen. Protze verlor im Kriege 1813 all sein Vieh. Da machte er sich auf nach der Lagunen- stadt, fand auch nach langem Suchen seinen ehemaligen Gast in glänzenden Verhältnissen lebend wieder. Dort erfuhr er, daß der Benetianer seinen Reichtum dem schwarzen und gelben Goldsande aus der Gegend des Valtenberges verdankte. Protze wurde freundlich ausgenommen und kehrte reich beschenkt zurück. Ein Wale soll nicht m^'r in seine Heimat zurückgekehrt sein, sondern habe sich in Bischofswerda niedergelassen, wo seine Nachkommen heule noch mit dem gleichen Namen wohnen. Der tzammerschlag erzschürfender Bergleute war wieder verklungen. Farnkraut und Moose überwucherten die Halden, und Brombeerranken spannen die verfallenden Eingänge der Stollen zu. Der Wald rauschte sein ewiges Lied, bis Hörner klang und Gebell der Iagdmeute die Stille zerriß. Der Berg war im Gegensatz zu heute ein sehr wildreiches Revier, und dem Förster, dem auch der Vogelfang oblag, wurde in einer Anstellunqsurkunde von 1760 besonders die Erlegung „derer wilden Schweine, welche öfters großen Schaden tun," nahe gelegt, und die vor zwei Jahren gefundene Spitze einer Sau feder ist sicher bei einer Eberhatz einem Jäger abgebrochen, als er einem Keiler den Todesstoß geben wollte, das verwundete Wild hat sich dann in unwegbares Dickicht geflüchtet, wo es verendete. Auf bequeme Weise suchte man früher das Wild durch Errichtung von Wildgruben zu erlegen. Da in diesen 3 bis 4 Meter tiefen, mit Brettern verschalten Gruben die armen Tiere oft drei Tage lang mit gebrochenen Läufen lagen oder durch Trägheit des Forstbeamten wohl gar einem elenden Hungertods entgegengingen, wurden sie durch landesherrlichen Erlaß Anfang des 18. Jahrhunderts verboten. Die Wald besitzer waren aber in der Ausführung des Befehls sehr säumig, weshalb Freiherr v. Stein zu Altenstein auf Neukirch 100 Dukaten als Buße zu zahlen hatte, die ihm aber wieder er lassen wurden, obwohl er die Wildgruben nicht beseitigte. Ans Grund erneuter Ermittelungen wurden 1724 noch 14 Gruben offen und 6 Gruben auf dem Reviere zu Gut Rattwitz und des v. Ponikauschen Gutes Lugau gestellt gefunden. Es er folgten nun lange Verhandlungen und Anzeigen, die bis zum Kurfürsten drangen. Wiederholt wurde den Gutsherren bei strengster Strafandrohung befohlen, die Zäune niederzureißen und die Gruben zuzuschütten. Wie sehr diesem Befehle statt gegeben worden ist, geht daraus hervor, daß heute noch einige offene Wildgruben nachzuweisen sind. Durch fehlende Pflege und sinnloses Abschießen nahm der Wildbestand rapid ab. So schrieb ein Gutsverwalter der Gräfin Zaruba v. Hustirzan geb. Baronesse v. Huldenberg, der er fortgesetzt große Wildliefe- rungen zu ihren Festlichkeiten nach Wien senden mußte, einen groben Brief, in dem er ihr nahelegte, daß durch ihr lieder liches Leben der Wildbestand dem Untergange geweiht werde. Eine ebenso aufrichtige Antwort deutete ihm an, daß er seine Pflicht zu tun habe und sich um die Feste seiner Herrschaft nicht zu kümmern habe, wenn ihm seine Stellung lieb sei. Stiller wurde es im Walde, und nur wenn ein Bäuerlein vom Gewitter überrascht wurde und es in später Dunkelheit vom Bergwalde kam, wo es Holz gefällt hatte, dann berichtete es Schauergeschichten vom wilden Jäger Pan-Dietrich. So vermischte sich alte heidnische Götterlehre mit den Erinnerungen an die wilden Jagden der ritterlichen Feudalherren, und zu Hause beim schwelenden Kienspan entstanden so aus Wahrheit und Aberglauben die Sagen. Verhallt ist nun der Hammerschlag schürfender Schatz gräber und der Jagdhörner Doppelton, vergeßen werden leider auch die alten Sägen, die Großmutter am Spinnrocken er zählte: denn die modernen Menschen haben für Romantik nicht Zeit und Gefühl. Doch frohe Wandersänge klingen durch den frühlingsfrischen Wald, und Tausende wallfahrten auf den Gipfel unseres geliebten Valtenberges. Zwar wenige wissen ihn zu schätzen als den Bewahrer uralter Geheimnisse; denn als Unwissende kommen sie meist nur Sonntags, wo für Träu- merei keine Zeit ist; doch der stille Wanderer, der einsam seine Pfade zieht, die Nebel an der nun auch schon seit 30 Jahren verschwundenen Torfhütte geistern sieht, dem die Waldkäuzchcn nachts aus schwarzem Waldesschweigen ihr verlockendes „Kult komm mit" zurufen oder der im liefen Winter die rauhreif überglasten Bäume langsam sich wie im Traume wiegen sieht, der sühlt, der ahnt die Geheimnisse, und dem erschließen sich die tausend Sagen und Märchen vom verborgenen Schatz, den mit goldenen Kugeln spielenden Querxen und der unsichtbar machenden Wunderblume von selbst und immer wieder kehrt er zurück zu seinem Freunde, dem Baltenberge.