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Hbertaufltzer Helmatzeitung N°. lä bestreiche den Zahn, der schmerzt, mit dem Öl, das sich unten an der Tüte sammelt. Dieses Öl ist Kreosot, dem man eine schmerzstillende Wirkung zuschreibt. Bom Volke wird auch oft das Schmiedelöschwasser angewandt, das sicher eine Heil wirkung ausüben kann. Es wird z. B., ebenso wie Kalbsfuß brühe und Eichenlohe, bei der Skrophelkrankheit benutzt. In Ebersbach erzählte mir eine Frau folgendes Mittel, um einen Fremdkörper aus dem Auge zu entfernen: Man soll drei mal durch ein Sieb spucken. Bei diesem Vorgang wird un willkürlich das Augenlied bewegt und der Fremdkörper da durch entfernt. Nasenbluten stillt man oft, indem man den Kranken erschreckt und durch den Gemütsaffekt die Nerven tätigkeit steigert. Die Gefäße ziehen sich dabei zusammen und die Blutung hört auf. Wenn bei Wadenkrampf oder ein geschlafenen Gliedern ein Schlüssel an den betreffenden Teil gehalten werden soll, so ist das offenbar dasselbe, als wenn man durch Aufstampfen den Muskel wieder in seinen natür lichen Zustand bringt. So läßt sich bei vielen abergläubischen Heilmitteln ein brauchbarer Kern finden. V!I. Da man bei der Anwendung der meisten Mittel garnicht mehr an ihren Ursprung und Sinn denkt, sind sie zur Ge wohnheit geworden. Die Gewohnheiten aber lassen sich schwer ändern oder ausrottcn. Soll denn der Aberglaube ausgerottet werden? Die Anschauungen früherer Zeiten gehören nicht in ein Zeitalter, das Anspruch auf geistige Bildung erhebt. Durch diesen Satz aber läßt sich der Aberglaube nicht vertreiben. Er wurzelt fest, ist allerdings dadurch entkräftet, daß er meist nur gewohnheitsmäßig angewandt wird. Ausschlaggebend ist, ob er mehr Schaden als Nutzen stiftet. Manche Anschauungen, so z. B. die schon erwähnte, daß Krankheiten einander aus schließen können, ferner die, daß die Freimaurer beschreien können, müssen ihrer verderblichen Wirkung wegen bekämpft werden. Die Anwendung von Bolksheilmitteln kann auch in sofern nachteilig wirken, als dadurch der Heilungsprozeß hinausgeschoben wird und die Krankheit sich verschlechtert. Auch der feste Glaube an die Verhexung kann die Wider standskraft untergraben und schließlich krank machen. Auf der anderen Seite aber kann durch denselben Glauben an die Wirkung eine Heilung oder Besserung erfolgen. Es ist mir nicht erklärlich, wie es kommt, daß versprochene Warzen und Flechten tatsächlich verschwinden. Die Beobachtung ist mir von vielen glaubwürdigen Leuten gesagt worden. Verschwinden die Warzen vielleicht nach einiger Zeit von selbst? Ich glaube, beobachtet zu haben, daß einige Altersgenossen in der Kindheit viele Warzen besessen haben, jetzt aber keine mehr besitzen. Der Psychoexperimentator Fred Schiffels-Rodera, mit dem ich mich hier in Ebersbach über diese Frage unterhielt, dessen Ur teil mir aber nicht als unumstößlich gilt, sagte, daß man sich Warzen wegsuggerieren könne, ebenso gut, wie man sich Brand blasen beim Anfassen von kaltem Eisen ansuggerieren könne. Jedenfalls sind alle diese Fragen recht interessant. Den Aber glauben selbst habe ich fast lieb gewonnen, da er mir so zahl reiche Einblicke in das Leben und Denken unserer Altvorderen eröffnet hat. Im Interesse der Volksgesundheitspflege aber muß eine Bekämpfung des Aberglaubens gefordert werden. Ausrotten läßt er sich sogleich nicht. Lesefrüchte und Bausteine Glogau, 6. Mai. Urnenfund. In Zerbau wurde unter Leitung des Oberrealschullehrers Krause ein bronzezeitliches Urnengrab aufgedeckt, welches sieben Urnen, darunter zwei Buckelurnen von bedeutender Größe, enthielt. Eine barg den Leichenbrand. Da die Urnen sehr flach standen (etwa 30 cm unter der Erdoberfläche), waren sie leider durch die jahre langen Gartenarbeiten gedrückt worden: sie wurden nur durch das umgebende Erdreich zusammengehalten. Eine Urne stand verkehrt im Grabe, mit dem Boden nach oben. Bon beson derer Zierlichkeit war ein kleines, noch nicht faustgroßes, kugel förmiges Henkelgefäß, das sich wieder zusammensetzen lasten wird. Das Grab dürfte etwa 2700 Jahre alt sein. (Cottbuser Anzeiger). Ostritz, 16. Mai. Bei weiteren Nachgrabungen in der Sandgrube wurde am Montag wieder ein Grab aufgedeckt. Ziemlich gut erhalten konnte eine flache Schale mit Henkel geborgen werden. Zwei weitere Gesäße waren zertrümmert. Eine Knochenurne enlhielt das Grab nicht. Auch stieß man wieder aus einen Eisenkern der Eisenschmelzstelle. Sämtliche Funde finden Aufnahme im Ostritzer Museumsgrundstock. (Oberlausitzer Rundschau). — Funde auf der Burg Wetttn. Bauliche Unter suchungen auf der Burg Wettin, der Stammburg des früheren sächsischen Königshauses, die im Auftrage des neuen Besitzers des Sächs.-Thür. Geschichtsverein in Halle unter Leitung von Bodo Ebhardt vorgenommen wurden, brachten interessante Ergebnisse. Es wurden mittelalterliche Kunstreste, u. a. eine mittelalterliche Malerei aus dem Jahre 1300, gefunden, ferner ein altes Grabgewölbe, das zahlreiche Totenschädel barg. Es besteht die Absicht, im Laufe der Zeit die Burg in ihrem alten Umfange wieder herzustellen. (Niederschlesische Zeitung.) — Eiszeitfunde. Bitumöses Holz in fast Halbmeter dicken Stücken wurde in der Ziegelei von Wiesenhütter am Kapellen berge in Lauban gefunden. Außerdem fand man zwischen Tonlagern verschiedener Farbe eingebettet große Quarzitblöcke, welche die glatten Gletscherschliffe der Eiszeit an sich tragen. (Marklissaer Anzeiger.) Annaberg, 23. Mai. Der „Frohnauer Hammer" soll wieder in Betrieb gesetzt werden. Die Vorarbeiten sind bereits derart fortgeschritten, daß zu Pfingsten bestimmt damit gerechnet werden kann, das alte historische Hammerwerk wieder in Gang zu sehen. Es« werden nach Fertigstellung sämtlicher Arbeiten wieder Schmiedeartikel hergcstellt werden. Zwei bis drei Schmiede werden ständig in dem Werk beschäftigt sein. Auch das über der Eingangstür zum Hammerwerk befindliche Wappen soll restauriert werden. (Sächsischer Erzähler.) Bernstadt. Eine recht interessante Entdeckung machte dieser Tage Herr Satllermeister Karl Zimmermann, der zurzeit eine Reparatur an unseren Kirchenpauken vornimmt. Er sand bei Abnahme des Felles an der inneren Kestelwand den Namen des Meisters verzeichnet, der vor nun mehr als hundert Jahren ähnliche Reparaiuren vorgenommen hat. Freilich geht aus dieser Paukenchronik auch hervor, daß unsere Vorväter die Kesseltrommeln fleißiger benützt und tüchtiger bearbeitet haben als wir Heutigen, denn der Meister Carl Engelmann hat im Laufe von 26 Jahren nicht weniger als drei neue Felle auf gezogen, und zwar am 21. März 1794 das erste, am gleichen Datum des Jahres 1818 das zweite und am 8. November 1820 das dritte. (Ostlausitzer Zeitung.) Suschow, 19. Mai. Scharen von Kohlweißlingen. Das warme Wetter in den letzten Tagen hat die Schmetterlinge aus ihrer Wintcrhülle gelockt. Zu Hunderten sieht man be sonders Kohlweißlinge hierorts über die grünen Fluren dahin flattern. Nach ihrem zeitigen und zahlreichen Auftreten ist sicher mit einem starken Raupenjahr zu rechnen. Pflicht jedes Einzelnen ist es, besonders auf den warmen Böden Umschau nach diesem Schädling zu halten und ihn zu vernichten, damit seine Nachkommen nicht die Obstbäume und Rüben kahlfressen. (Lausitzer Landeszeitung.) Reichenbach i. Schl., 21. Mai. Der Libellenschwarm aufgeklärt. Der mit großem Intereste verfolgte Infiktenflug, der am Freitag und Sonnabend durch wette Teile von Schlesien ging, hat zu mannigfachen Erörterungen über die Art der Tiere und das Wesen ihres Massenfluges geführt. Es steht fest, daß es sich bei dieser Mastenwanderung um Millionen und aber Millionen dieser Insekten handelte, und zwar zogen sie in einer Breite, welche sich ununterbrochen von den Grenzen des Mittelschlesischen Gebirges bis nahe an die Oder erstreckte, und allesamt hielten die wunderlichen Segler strikt die Rich-