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Das Ende der Görlitzer Gotik Während der letzten Blütezeit von Kamenz wurde zu Görlitz in Pflügers Geiste weiter gearbeitet. Sein Parlierer Blasius Börer, dessen Vertrag 1490 für Arbeit an der Peterskirche vorhanden ist, wird 1498 Werkmeister von Görlitz und Pflügers Nachfolger. Er stammt aus Leipzig, wohin seine Familienbeziehungen weisen. Mit Pflüger hat er die Peterskirche vollendet, vielleicht auch die Frauen kirche, die 1480 abgebrannt war, und sicher die Bauten des heil. Grabes 1498. Diese sonderbare Anlage war 1476 nach der zweiten Pilgerfahrt des Bürgermeisters Georg Emmerich gestiftet und schon vor Pflüger unter Werkmeister Thomas Neukirch und Parlierer Kaspar Aye begonnen worden (Lutsch, Berz. III S. 676 f.). Wie weit Pflüger die Anlage beeinflußte — sie besteht aus zwei schlichten Bildstöcken und drei kleinen Quadersandsteinbauten — oder vielleicht nach eigenem Studium in Palästina ergänzte, bleibt eine offene Frage. Die Urkunden sehen für ihn nur eine Vollendung der Kreuzkapelle vor. In der Überlieferung gilt Börer als Erbauer des heil. Grabes, und eine weitere Nachricht läßt ihn 1492—1495 das heil. Grab im Ulmer Münster errichten. Beziehungen zu Schwaben waren vorhanden: der 1490 ent lassene Landeshauptmann der Lausitz Georg von Stein war ein Schwabe (Wernicke in Schlesiens Urzeit IV 549) und vor allem Konrad Pflüger selbst. Börers Steinmetzzeichen (Nr. 223) scheint Lutsch (Verz. UI 677) richtig erkannt zu haben: am heil. Grab mehrfach, ebenso an Börers Bauteil der Peterskirche, am Kragstein einer Marienstatue daselbst, in Annaberg, und ich füge hinzu: in Meißen an der Wolfgangskapelle (um 1480), deren Bau Arnold von Westfalen leitete. Hieraus erklären sich Börers Beziehungen zu Pflüger. Beide find Arnoldschüler, beide übersiedeln nach Görlitz zu gemeinsamer Arbeit, Börer geht nach Ulm, Pflüger nach Leipzig, beide sind in Annaberg. 1505 ist Börer in Görlitz gestorben, nach seinem Testament als wohlhabender Mann. Ob ihm außer einem Anteil an der Peterskirche auch schon Bearbeitung der Krypta zuzuschreiben ist, steht nicht fest. Ihre Fenster sind reich profiliert, im Gewölbe der Seitenschiffe hat sie das ost erwähnte Scherenmuster und im Hauptschiff schöne Sechsecksterne. Lutsch verweist auf das Steinmetzzeichen des Werkmeisters I ki 1590 (vergl. Nr. 162), der sie jedenfalls vollendete. Börers Kunst be gegnen wir sicher in der Grabkapelle, wo sein Zeichen am häufigsten vorkommt. Es ist ein kleiner Quaderbau aus Sandstein, durchaus in spätgotischen Formen, und höchst eigenartig durch einen Kuppelbaldachin von orientalischem Gepräge, mit einzelnen Formen maurisierender Art. In Sagan und Reichenberg i. B. ist diese Kapelle genau nach geahmt worden (Lutsch, Berz. III 679). Die andern beiden Gebäude, die kleine Salbungskapelle und die größere Kreuz kapelle, haben Stern- und Netz(?)-Gewölbe; besonders die Kreuzkapelle bringt eine Neuerung: die gewundenen Rei hungen (vergl. Form 8 S. 70), die bei Pflüger noch nicht nachzuweisen sind und vielleicht Börer zukommen. Fenster und Rippen zeigen verschwenderisch Überschneidungen, und im Obergeschoß sind die Rippen tief gekehlt und vorn zu zwei Schneiden ausgelöst. Das Maßwerk ist das der Peters kirche. Von den vielen Anlagen des heil. Grabes ist die zu Gör litz die vollständigste im Abendland, die einzige getreue Kopie der heil. Grabkapelle in Jerusalem nach ihrem damaligen Zustand (Lutsch Berz. III676). Jedoch ist die Gruppierung, Häufung und Deutung der Räumlichkeiten rein spielerische Phantasie ohne geschichtliche Grundlagen — eine interessante Äußerung der Frömmigkeit vor Luther. (Fortsetzung folgt.) Heimatmuseum für Geologie und Vorgeschichte in Zittau März berichtete Dr. Hein Ke in der Naturwiffen- InWvH schaftlichen Gesellschaft über die Fortschritte und Neu- erwerbungen des Museums seit seiner Eröffnung im Oktober 1923. Der Stamm der Mitarbeiter ist nicht bloß erhalten geblieben, sondern hat sich in den l '/- Jahren noch erweitert. Dies war zum Teil sicher nur möglich dadurch, daß die Sammlungen der Öffentlichkeit schon zugänglich waren, obwohl das Äußere noch keineswegs einladend genug war und zunächst noch vielerlei Wünsche offen bleiben mußten. Allein die Zahl der Funde und Geschenke und die mannigfachen Anregun gen, die man hier empfing oder von hier ausgingen, beweisen, wie richtig es war, das Museum bereits damals zu eröffnen. Früher, als man zu hoffen gewagt hatte, wird es nun durch den Umbau des Iohanneums in diesem Sommer eine schönere Auf stellung erfahren. An der Hand des von O. Mießler gebauten und vervollstän digten Modells, das die Entstehung unserer Südlausitz vorsührt, gab Dr. Hein Ke einen Überblick über den Werdegang unserer Heimatnatur. Dann wurden in der Reihenfolge der geologischen Bildung die einzelnen Funde besprochen: Handstücke von kam- brischen Schiefern aus Spittelgrund am Pfaffenstein: Helle und schwarze Kalke vom Kalkberg, zum Teil mit schneeweißen Kalk spatadern: von Kriesdorf im IeschkengebietKalkspat in verschie- dener Kristallgestast (Rhombotzder, sechsseitige Säule und Rhom boeder, Skalenoeder und strahliger K.): Tropfstein und Sinter bildungen: vom Frauenberg, Machendorf und vom Schafberq eine Reihe seltener Mineralien wie Flußspat, Graphit und Erze (Kup fer—Blei—Eisen): Grauwacke im Granit von Herwigsdorf bei Löbau: verschiedene Granitarten eines Steinbruchs (bei Ditters bach—Friedland): Rauchquarz und Turmalin aus dem Neißetal oberhalb des Klosters: Ganggranit aus der mittleren und west- lichen Lausitz: Diabasadern im Herwigsdorfcr Granit; Epidot im Diabas von der Klunst bei Ebersbach: durch eingesickerte Eisenlösungen gestreifter und gefleckter „Tigersandstein"; eine meterhohe Basaltsäule (vom Schleekretscham bei Eckartsberg) und ihr Zerfall in kubische und kugelige Stücke; Ausscheidungen von Schwefelkies (Pyrit) auf Phönolith von Olbersdorf: Zitta- vit (dem Dopplerit verwandt, Salz der Humussäure) aus Rei- chenau; skandinavischer Augengneis vom Kummersberg. — Um mehr als hundert Stück nahm auch die Crgänzungs- und Stu diensammlung zu. Groß ist die Zahl der neu hinzugekommenen Versteinerungen: Seeigel (IVlicrustcr cor teotuctinarium) vom Trögelsberg und vom Lauschehang: Steckmuscheln (Pinna) vom Lauschehang, desgl. verschiedene Inoceramen (I.Frechi, Lusatiae, Walthersdorfensis ..,): Lima aus den Mühlsteinbrüchen: eine Menge noch nicht bestimmter V. vom Hochwald: Zapfen (von Lupresstnoxylon) aus der Braunkohle von Türchau. Uber die Funde aus den Ablagerungen der Eiszeit wird getrennt berichtet. Es handelt sich um einen Schädel vom Bison — Wisent (aus Pethau), Wirbel und Zähne: vom wollhaarigen Nashorn wurde