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Pulsnitz. Der alte Feuergraben. Gegenwärtig wird die Umpflasterung der Ohorner Straße vorgenommen. Man traf beim Graben auf den sogenannten Feuergraben, welcher bei Brandunglücken, die die Stadt betrafen, die Spritzen mit Wasser versorgte, indem man den Kommunleich zog, dessen Wasser durch die ganze Stadt geleitet werden konnte. In der Stadt waren Schöppen angebracht, wo das Wasser gesammelt, und mittels Ledereimern, die in jedem Hause vorhanden sein mutzten, den Spritzen zugeführt wurde. Dieser Feuergraben wurde 1792 gebaut und hat lange seinem Zweck gedient, bis 1894 die Stadt ein Hoch reservoir baute, der auch bei Feuersgefahr seinen Zweck erfüllte. Beim Graben sand man auch in der Tiefe einen alten Holz bohlen weg, dessen Holz noch gut erhallen ist, sowie ein Kosaken- Hufeiscn. Es ist demnach die Ohorner Straße ehedem ein tiefer Hohlweg gewesen. So hat die alte frühere Ohornsche Gasse auch als Heeresstratze in den Kämpfen 1813 gedient. — Ein Altertum nach dem andern mutz fallen, um praktischen Neuerungen zu weichen. (Pulsnitzer Wochenblatt.) Stolpen, 3. April. Altert umssund. An der äutzeren Gartenmauer des Bartlitzschen Gutes zu Stolpen (Stadtkataster Nr. 1) wurde dieser Tage ein bisher übersehenes Steinkreuz aufgefunden, das etwa 1 Meter hoch ist, teilweise aber in der Erde steckt und in die Mauer mit Mörtel eingelassen ist. Da Stolpen bis 1559 den Bischöfen von Meißen gehörte, und hier die Grenze des Bistums ging, wird angenommen, daß es kein Mordkreuz, sondern ein Wege- und Grenzkreuz gen Bischofs werda (Lauterbach) und Langenwolmsdorf hin war. Es enthält unten je 2 große Ringe übereinander paarweise, und darüber ein teilweise mit Moos überwachsenes Hakenkreuz eingemeißelt. In den seit 1914 erschienenen Buchveröffentlichungen Dr. Kuh- sahls über die Steinkreuze kommt dieses mittelalterliche Sand steinkreuz nicht vor. Pastor Senfs aus Stolpen hatte, als er 1719 seine „Reformationsgeschichte Stolpens" schrieb, 5 Steinkreuze in Stolpens Umgebung vor sich gehabt. Er bezeichnet sie als „Martern" und eines davon soll die Jahreszahl 1519 gehabt haben. (Dr. G. Sommerfeldt in Sächsischen Erzähler.) Schluckenau. Ertrunken im Kellerbrunnen aufgefunden wurde die Landwirtsehefrau Anna Lißner in Königswalde. Die erschienene Gcrichtskommission fand die junge Frau mit dem Kopf nach unten in dem Brunnen liegen. Der Brunnen ist 74 am lang, 50 cm breit und 63 cm tief. (Bautzn. Nachr.) Der Kellerbrunnen, der hier auf so traurige Weise bekannt wird, ist auch in der Oberlausitz noch in vielen alten Häusern vor handen. Ost genug kennen ihn die Einwohner nicht einmal. Eine Umfrage nach solchen „Hausbrunnen" in den Bautzner Zeitungen ergab, daß er viel verbreiteter gewesen ist als man ahnt. Er scheint zur Trockenlegung der Keller gedient zu haben. Ich bitte alle, die derartige Bauallertümer in ihren Häusern kennen, mir davon Mitteilung machen zu wollen. Hirschfelde, 14. April. Naturschänder. Am 2. Oster- feiertage (13. April), auf einem erfrischenden Waldbummel be griffen, mutzte ich zusehen, wie zwei junge Männer die „Teufels kanzel", einen einzelnen hohen Granitselsen an der Mordbach (Netßetal bei Rohnau) bestiegen und an die Schauseite des höch sten Steinblockes ein metergroßes Hakenkreuz einmeißelten. Gewiß glaubten die zwei jungen Herrn damit zu ihrer größten inneren Befriedigung eine bedeutungsvolle Leistung, wenn nicht gar eine historische Tat vollbracht zu haben. — Nun denke sich der Leser den Hochgenuß, wenn er am nächsten Felsen den Sowjet- Stern und daneben auf einer Riesenbuche die Fahne seiner poli- tischen Gegenpartei erblickt! Solchem Treiben menschlicher Un reife muß unbedingt Einhalt geboten werden. Denn der Spazier gänger will den Widerwärtigkeiten des Tages entfliehen und sucht in der Natur Erholung und Vergessen, will aber nicht durch Unfug verärgert werden, ähnlich wie es dem Wanderer erging, der am Wege vor Göschenen inmitten der herrlichen Alpenwelt plötzlich einen ungeheuren, schokoladenbraun angemalten Fels block erblickte mit der Aufschrift: X-Schokolade die beste der Welt. Derartig aufdringliche Reklame an Orten, wo sie nicht hingehört, bewirkt das gerade Gegenteil des Gewollten, nämlich Abscheu und Ekel. R. M. Radeburg. WiederauflebendeVolkssitte. Am Sonn tag Lätare waren auf den Gehöften, meistens aber in den südlich nach Dresden zu gelegenen Ortschaften, wieder die sogenannten Sommerbäume zu beobachten. Auch ausgeblasene Eier hingen zwischen buntfarbigen Bändern aus Seidenpapier. Man verspricht sich davon, daß die Hühner im Jahre recht fleißig legen werden. — Eine ähnliche Sitte erhält sich noch in der Christnacht, in der die Obstbäume mit Strohseilen umwunden werden, um auf eine reichliche Obsternte hoffen zu können. (Elstraer Ztg.) Strießen. Die uralte deutsche Sitte des Brezelsingens, die mit Ausbruch des Krieges aufgehört hatte, wird jetzt wieder eingeführt. Am Sonntag Lätare, dem sog. Brezel- und Frühlings sonntag, zogen hier zum ersten Male wieder die Kinder von Haus zu Haus, um mit munterem Lied das Scheiden des Winters und Nahen des Lenzes zu verkünden. (Kamenzer Tagebl.) IO voSkStünrSreHe Lieder Sn overioufitzer SNundnrS mit Melodien (auf HSostkarten) von Rudolf Gärtner zu Mk. 1.—. Druck UN) Verlag der Gberlausitzsr Hsimatzsitung, Asichenau i. Ga. Su beziehen durch jede Buchhandlung und den lOsrlag. Die Lausitzer Mundartdichtung hat bisher wenig gute sangbare Gedichts auszuwsisen gehabt. Gärtner hat diese Lücks ausgefullt. Ec hat reizende Lieder gedichtet und dazu Melodien erfunden. Erwähnt seien: 's Nudsl<ied,Lsinewabrlisd, Dresch lied, Wiegnlisd, Hörtnlied Mnglringlrsihe. Woarörn dr GÄHSvarvauer «erufuns eSNün SvSSS „Guar ibsr dein Mies' zieht a Wajg," soit Bauer Scholz zon Nobbsr Schwär, „doas ös von jschsnsschzgsr Kriegs har". „Wissu dn doas? An ahln Drajg!" Scholz aber mesnt, a wiär en Äajcht ond loatjcht 'n Nobbsr egoal dorch de Wies'. N fuhr goac dribsr mit der braun Lies. Gnd groad ju machts d' Mojd ond oh d'r Knajcht. Nn Zeitlang sog d'r Nobber Schwär ern zu. Danno stieg a s d' Schtoadt zon Gadvokoatn. War lässtch o garn en Futter drön römwoatn. Na, wie 's su ös, 's goab an Prozess nanu. 6ö strittn hie ond har a ganzes Juhr ond hoattn's schonn oall beed grindlich soat, do mesnt zo Schwarn dassn Gadvokoat, a hätt nu gwonn, a ksnnts glsebn, s wär wuhr. Schwär nickt, ond hoat danno ganz tcsuharzg gsoit: „Nu liän mer aber oh Berufung ein". Dr Gadvokoat mesnt ganz derstaunt: „Ei, ei, Was wollen Sis denn? Sind Sie nicht gescheut? Schwär aber mesnt: „Getz hoa iech oh mein Döss'. Gutt, iech hoa gwonn. Do wirdch wühl su ghiern, doss je den Landgericht oh no könn hiern, doss Schwar-Emil e vuhlchn Dajcht gwast ös."