Volltext Seite (XML)
Zur Frage der Ortschroniken »schließend an die Ausführungen über die Abfassung von Ortsgeschichten in der OHZ. Nr. 5, Iahrg. 1925 erlaubt sich der Unterzeichnete folgendes zu bemerken: Eine allen Ansprüchen gerecht werdende Bearbei- tung einer Ortsgeschichte ist schwer. Maßgebend und entscheidend für einen Geschichtsschreiber dürfte doch wohl bei Anlage und Bearbeitung seines Buches die Frage sein: Für wen eine solche Geschichte des Heimatortes zunächst geschrie ben wird: Unstreitig in erster Linie doch für die Ortsbewoh ner. Das Interesse derselben ist natürlich sehr verschieden, aber allen soll etwas geboten werden. Mancher sucht in seiner Orts geschichte nach Bränden, Unglücksfällen, Teuerungen und dergl. vergangener Zeiten. Findet er darüber nichts vor, legt er ent täuscht und verdrießlich das Buch beiseite. In zweiter Linie kommt erst dann der Wert einer Ortschronik für die Allgemein heit und für die Wissenschaft. Siedelungsgeschichte ist selbstverständlich eines der wichtigsten Kapitel. Aber wie soll man darüber ausführlich berichten, wenn dafür urkundliche Unterlagen fehlen? Mit allerlei Vermutungen und Möglich keiten ist doch auch nichts gewonnen. Darum ist hier weniger mehr. Die Lebensgeschichten besonderer Personen, wie Pfarrer, Lehrer, Industrielle, Gelehrte, Künstler usw., die doch in irgend einer Beziehung für ihren Ort Bedeutung gehabt haben, möchte ich in einer Ortsgeschichte nicht vermissen, weil hier der Familienforscher und der Bearbeiter von Familien ¬ geschichten Stoff und Anhalt finden kann. Uber den Wert dieser Arbeit ausführlicher zu schreiben, ist hier nicht der Platz. Erfreulicherweise hat seit einer Reihe von Jahren der Sinn und das Verständnis für Genealogien breite Schichten berührt. Von dem Leben der Handwerker, Fabrikarbeiter, Heimarbeiter usw. Schilderungen zu bieten, wäre doch nur dann geboten, wenn hier ganz besondere eigenartige und auffällige Erscheinungen andern Orten gegenüber zutage träten, woran dann die Allgemeinheit allerdings Interesse hätte. Es dürfte wohl bekannt sein, daß der frühere Pfarrer von Leuba, Pastor Döhler in Dresden, vorbildliche Orts geschichten verfaßt hat. Es dürfte manchem vielleicht ein Dienst erwiesen sein, Döhlers „Schema einer Ortsgeschichte nach den Forderungen moderner Geschichtsschreibung" kennen zu lernen: Vorbemerkung. Einleitung. Allgemeines: Lage, Besiedelung, Name und Einteilung des Ortes. I. Teil. Geschichte der politischen Gemeinde. Kap. I. Die Ortsherrschaften. Kap. II. Die Flur- und Untertanenverhältnisse. 7V Flurverteilung und Bewohner. Flur namen. Bewohnerreihen. 8. Viehweg und Gemeindehirt. 6. Fronden und Zinse. Ablösungsrezesse. Kap. III. Das Gerichtswesen: H.. Die Obergerichtsbarkeit. 8. Niedere Gerichtsbarkeit (Dorfgericht). 6. Der Kretscham: 1. als Erbgericht, 2. als Bierschaukstätte. Kap. IV. Gemeindeverwaltung. Kap. V. Wohlfahrtseinrichtungen. Kap. VI. Verkehrswesen. II. Teil. Geschichte der Kirchgemeinde. Kap. I. Die Lehnsherrschaften. Kap. II. Die Kirche: -V. Die älteren Gotteshäuser. 8. Die neue Kirche. 6. Der Kirchhof. Kap. III. Das Kirchenvermögen. Kap. IV. Die Pfarrer. Kap. V. Das Pfarrhaus und Pfarrlehn. Kap. VI. Kirchliches Leben. Kap. VII. Geschichte der Schule. Schule und Lehrer. III. Teil. Kriegsgeschichte vom Dorfe X u. Umg. Kap. I. Die Hussitenkriege. „ II. Die Türkenkriege. „ III. Der 30 jährige Krieg. „ IV. Die Schwedenkriege. „ V. Der erste und zweite schlesische Krieg. „ VI. Der 7 jährige Krieg. „ VII. Die Franzosenkriege 1806—15. „VIII. Der deutsche Krieg 1866. „ IX. Der deutsch-französische Krieg 1870-71. „ X. Der Weltkrieg. Urkunden von x bis x. Anhang. Besitzer-Reihen der Bauerngüter. Nachwort. Berichtigungen. L. Engelmann- Reichenau. Die biehmscha Hosa Pohl-Iettel wor ei ihrer Jugend sporsom, später B I knickrig und eim Aler geizig. Die Leute soita: „Se / krescht fer Geize wie ane Speckschwarte!" Ihre Putter- stückla wug se uffs Milligramm. Bei ihr warn de Eer, und wenn de Hühner no a su gut lädta, immer an Pfennig teurer als wu andersch. Weg ginga se: denn sie wor nie faul imm an Entschuldigungsgrund. Bale wor dar Hohn schuld, bale die Henna, bale ihs Water, bale die Jahreszeit. Kefte sie aber was, do knapste sie om Preise und handelte ob, wos se kunnte. Darf- und stadtbekannt wor sie dieserholba. Mancher schätzte sie, weil sie a su genau wor. Andere machta se schlecht und nannta sie en Geizkroga. Recht hotta se bede. Kefte se sich ei dar Stodt an Kittel oder ane neue Talje, do ging se ei drei Geschäfte und froite nom niedrigst« Preise. Eim vierta Geschäfte but se die reichliche Hälfte. Schlitzig wor se, wie a Mörder, bluß, sie kunnte sich dumm stelln, wie a Mohkolb. Se wor aber Kees. Om besta wußte dohs ihr Monn, wohs dar Pohl-Wilhelm wor. Dohs dar under dar Sporsomkeet vu sein Weibe lcida mußte, dohs kinnt ihr mir olle uffs Wort gleba. Seine Toscha warn fast immer leer. Bei ihm haperts immer imma Bier- und imma Tobakbiehma. Ihs wor ene Nut bei ihm, de zu moncha Zeita gor ne zu schildern wor. De Iettel soß uffin Geldsacke, wie ane Henne uff ihra Eern. Wil helm Hols sich ja ei dar grießta Nut allene. Manchmal liehs a dar Iettel ane halbe Mandel Eer mittegiehn. Die verkloppt a ei dar Stodt unter der Hand. Dann suchte de Iettel eim Hühndergeniste und schimpfte uff de Hühner, dohs se de Eer verschleppta, Verschleppa tot sie dar Wilhelm. Muchte de Iettel uff die Hühner eiprielln, wie sie wulld, dohs scherrte a Wilhelm nie. Die verstünden de Iettel mit ihrer Schwuder- gusche doch ne. Gor schlimm morsch fer a Wilhelm, wenn a wohs uff a Puckel brauchte. Erschtens keefte do de Iettel fer ihn ei. Zweetens nahm sie nie ihs beste, und drittens kom Wilhelm immer derbeina zum leida. Ganz und renlich ging Wilhelm. Dohs muß ma dar Iettel lohn. Mit Zwern und Wulle zum Stuppa und Flicka sparte se ne. Aber dar Stoff, dar Stoff! Kommgorn gobs fer a Wilhelm ne. Englisches Tuch o ne. Urdinäre Hosa, a Schakettel und ane gleichfarbige Weste. Punktum! Und doderzu kom no wohs. De Iettel hotte eim Blatt! gelasa, dohs eim Biehmscha drüba, de Hosa, die Röcke und die Westa billiger wörn, wie hüba eim Preuscha. Dohs hecht, wen ma sie unverznllt über die Grenze brachte. Dodruff baute se an Plon, dan se sich ganz allene ei dar Nacht ausgesunn hotte. Die Frage, die se sich immer wieder vorlädte, hieß: „Wie breng ich a Wilhelm mit senner neua Kledasche unverzullt übersch Steueromt o dar Grenze weg?" Leichte wor