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werden. In den blütenschweren Obstgärten von Mittel- Horka sang ein Gartenlauboogel sein Morgenlied und ließ sich durch das Gezeter der Haussperlinge nicht stören. Zaungrasmücken miillerten bereits hier wie auch auf der ganzen Wanderung. Doch die eigentliche musikalische Be gleitung des Wandertrupps stellten die Feldlerchen. Tril lernd und jubelnd steigen sie aus den Feldern auf und in für das Auge unerreichbare Höhen; keine Pause unterbricht ihre andauernden Weisen und ihren ausdauernden Aufstieg. Vom Waldrande her ruft den im taufeuchten Wiesengrunde Wandernden der Pfingstvogel seinen melodischen, flötenden Rus zu, der ihm die bekannten volkstümlichen Namen (Vogel Bülo, Pirol, Vogel aus Biehain) verschafft hat. Doch plötzlich hemmt ein Wink von vorne der Wanderer Schritte. Don ferne her ist das Rollen eines Birkhahns leise vernehmbar. Die Lage des Balzplatzes wird sestgestellt; er kann aber zunächst nicht als Ziel angenommen werden, weil erst die Brücke über den Neugraben erreicht werden muß. Auf ihr stehend sichten die Vordermänner plötzlich auf etwa 400 Meter zwei Langbeine, die mit Hilfe der Gläser als ein Kranichpaar erkannt werden. Sie lassen sich zunächst in ihrem Morgenspaziergange nicht stören. Der Balzruf des Birkhahns kommt aus derselben Richtung, und bei der Aus schau vom deckenden Waldrande her ist einige Minuten später wohl das Kranichpärchen verschwunden, aber ein Birkhahn läuft mit ausgebreitetem Spiele und hängenden Flügeln hin und her, angefeuert von dem wiederholten zischenden „tsch" eines Weidmanns. Nach längerer Beobachtung geht er ab, fußt aber bereits wieder in 100 bis 200 Meter Ent fernung, um bald seinen Balzplatz vor den Augen der Be obachter noch einmal zu verlegen. In leuchtendem Rot prangen die zackigen Augenkämme, werden die „Nelken" von den Strahlen der kurz vorher aufgegangenen Morgen sonne beleuchtet. Wohl lassen noch andere Hähne ihren Balzruf ertönen. Doch zeigt sich keiner mehr den suchenden Blicken. Schüsse im Walde haben sie verscheucht. Eichel häher fliegen auf und weiter oder schreien aus dem Holze. Goldammern verraten durch ihr „zick—zick" vom Baume herab ihre zahlreiche Anwesenheit im ganzen Gebiete, lassen am Wegrande ihr prächtiges grüngelbes Hochzeitskleid be wundern. Aus allen Waldecken ruft es „Kuckuck" in den stillen Heidemorgen hinein. Einzelne Nebelkrähen kreuzen unfern Weg, eine Hohltaube ruckst am jenseitigen Wald rande und Hohltaubenpärchen werden später noch mehrmals am und im Moor besehen. Der Rand des Torfbruches ist erreicht; das „Kiwitt" der zahlreichen Kiebitze verrät seine Nähe. Sumpfporst bildet immer größere Büsche unter Kiefern und aus den sumpfigen Wiesenflächen. An einigen Stellen überzieht das zierliche Gerank der Moosbeere den Boden, durchsetzt von der Ros marinheide, die im zarten Schmuck ihrer rosa Blüten glöckchen prangt. Aus den Wegen, stellenweise bedeckt von der zarten Simse, einem Einwanderer aus Nordamerika, der auch von unserer Oberlausitz aus deutsches Gebiet sich dauernd erobert hat, überzieht das Weiß der Blütenähren unserer Frühlingssegge große Flecke. Von den Bruchwiesen leuchten die roten Blütenpyramiden des Sumpfläusekrautes. Die Stille wird plötzlich durch das „Meckern" der Himmels ziege (Bekassine) unterbrochen. Mehrere Paare fliegen über dem Röhricht; ein Pärchen erhebt sich unmittelbar neben den Beobachtern aus den Bülten eines Sumpfloches. Der Botaniker lenkt im Weiterschreiten die Aufmerksamkeit aus ein reizvolles Bild: In einer vom Röhricht nicht eroberten Moorpfützenecke strecken aus etwa 10 Quadratmeter Flächen raum Hunderte von Fieberkleepflanzen ihre blütentragenden Sprosse kerzengerade aus dem freien Wasser heraus. Leb hafter wird das Konzert der Singvögel von nah und fern. Baumpieper sind recht zahlreich vertreten, und hin und wieder kehrt einer dieser Sänger auf schräger Flugbahn singend aus der Höhe herab, auf seinen Lieblingszacken zurück. Mit Andacht und Freude lauscht man dem seelenooUen Ge sänge einer aufsteigenden Heidelerche; Pausen trennen (das unterscheidet ihren Gesang leicht von dem der Feldlerche) Vie einzelnen Strophen ihrer Lieder, mir denen sie aus dem Bereich unserer Sehweite entflieht. Aus dem Röhricht heraus sucht eine Rohrammer mit ihren weniger angenehmen Lauten zu entschädigen, aus dem Walde heraus und von einzelnen Bäumen herab schallt der zahlreichen Finken Schlag. Eine Singdrossel meldet sich, und ein Grünspecht ruft aus der Ferne über die ebene Fläche des Torfbruchs hinweg. Drosselrohrsünger sind unermüdlich und beleben die großen Rohrwälder, die nur kleine und schmale offene Wasser flächen freilassen und das Wassergeflügel (auch sonst an Arten und Zahl gering) den suchenden Augen verbergen. Stockentenerpel fliegen öfters auf und streichen ab; auch Krickenten zeigen sich, in ihrer Gesellschaft einmal auch ein Männchen der hier seltenen Knäkente. Eine Ringeltaube wird gesichtet, die Turteltaube verhört, und auf der höchsten Spitze einer Birke läßt ein Neuntöter seinen roten Rücken im Sonnenschein leuchten. Dem aufmerksamen Vogel stimmenkenner entgeht nicht der nur von ferne vernehmbare Gesang der Misteldrossel. Im Gelände der Torfgewinnung hält eine Kuhstelze von einem I Vs Meter hohen Birken stämmchen Ausschau nach den Wanderern; in ihrer Nach barschaft erklingt das „Zitschebä" einer Kohlmeise. Die erste Durchquerung des Bruches ist beendet,-und eine am Waldrande eingelegte Frühstückspause sollte neben leib licher Stärkung noch eine Überraschung durch den Gesang der bei uns so selten zu hörenden Heckcnbraunelle bringen. Leider blieb diese von unserm Nieskyer Führer und guten Kenner des Torfbruches hier verhörte Sängerin aus. Ein Gimpel, der Weidenlaubvogel und der Fitislaubsänger suchten mit größerem oder geringerem Erfolge die entstan denen Lücken im Programm auszusüllen. In der Nähe des Rastplatzes streckte der Huflattich aus dem aufgeworfenen Rande des Gertig-Grabens seine gelben Blütenköpschen hoch, versteckte das Sumpsveilchen seine blaßlila Blüten im maisrischen Grase. Ein etwa 3 Meter hoher und über und über mit gelben Staubkätzchen bedeckter Strauch der Ohr weide bot dem Beschauer ein reizendes Bild, für das zahl reiche Völkchen von Bienen, Schwebfliegen und Netzflüglern aber war er eine leuchtende und lockende Frühstücksstube. Den sonnigen Waldrand umgaukelten Bläulinge (L^aniris urZiolus und Lallopllr^s rubi), im Bruch flogen einzelne überwinterte Tagpfauenaugen und Trauermäntel. Auf der Bruchwiese wippten weiße Bachstelzen. Die Weiterwanderung führte nun zunächst zu den am Westfuße des Wespenberges gelegenen Tongruben, in denen das Braunkohlenflöz von einem fetten grauen Tone über lagert wird, der in gebranntem und ungebranntem Zustande nach dem Ruhrgebiete zur Herstellung feuerfester Ofen wan- dert.Ein Hausrotschwanz wählt eineDrahtleitung zum Ruhe sitz und Uferschwalben, die über uns fliegen, verraten dieNähe einer Kolonie. Sie wird an der Wand der auf dem Wespen berg gelegenen Sandgrube mit 8—10 Röhren festgestellt. Die diluviale kleine Anhöhe bietet einen Blick über den Torfbruch,