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Zeit. Ist es ein erstgeborener Knabe, so erhält er den Rufnamen des Vaters, ist es ein erstgeborenes Mädchen, so erhält es den der Mutter. Nnchgeborene Kinder bekommen die Vornamen eines besonders würdigen Paten. Zuriichgekehrt ins Haus, wird ein Taufschmaus veranstaltet, der aber im 17. Jahrhundert so aus artete, daß 1712 ein behördlicher Befehl das Gevatteressen in den Kretscham verlegte und dort einen vorgeschriebenen Verlauf zu nehmen hatte. Der Pfarrer betet vor und nach dem Essen und ein Tanz schließt sich an. Jeder Pate gibt dem „Kindelvater" ein Biergeld zu Hilfe. Das Eingebinde für den Täufling beträgt in der Regel einen Speziestaler, oft in kleinen neuen Münzen. Eine solche trägt das Kindlein als Talisman am Hals oder auf der Brust zum Zeichen seines Christentums. Vom Kindtaufs- kuchen bekommen die Gevatter ein bis anderthalb Viertel am andern Tage ins Haus geschickt. Das ist das „Gevatterstück". Eine Anzahl Nachbarinnen nimmt gewöhnlich an dem Schmause mit teil, die „Lachweiber", wie sie in einer Zittauer Verordnung vom Jahre 1567 genannt werden. Ihre Zahl mußte behördlich auf 6—8, in Bautzen durch eine Polizeiverordnung von l582 auf 12 beschränkt werden. Sie durften nur Bier und Ingwer und Muskatgebäck erhalten. Bei dem ersten Kirchgänge der Sechs wöchnerin spricht der Pfarrer ein Dankgebet und derKindesvater richtet zu Hause den Gevattern einenSchmaus aus, den „Rocken gang". Die Taufzeugen überwachen die geistige Entwickelung und christliche Erziehung des Täuflings weiterhin. Am Grün donnerstag, sowie zur Konfirmation und bei seiner Vermählung empfängt er Patengeschenke. Es ist die altgermanische Treue innerhalb der Sippschaft, die sich hier auch auf geistiges Gebiet übertragen und in christlicher Form erhalten hat. Luptin, Poritsch und Zittel. Könnte bei den Orten Luptin, Poritsch»und Zittel nicht auch an eine, zunächst von Böhmen aus erfolgte Besiedelung eines Teiles des Zagostgebietes gedacht werden. Es kommen ja sowohl Luptin i) wie Poritsch auch in Böhmen als Ortsnamen vor. Sehr leicht möglich wäre es doch aber auch, daß, als im Jahre 1158 die Oberlausitz und damit wohl auch der Zagost, zum zweiten Male unter böhmische Herrschaft kam, ein Teil dieses Letzteren den Besitzern der Herrschaft Ulsitz, der späteren Herrschaft Grafenstein, den Berkas, zugewiesen worden wäre. Diese könnten dann von Ulsitz aus, an der Höh? hin und in genügender Entfernung vom Überschwemmungsgebiet der Neiße die Vorwerke Luptin, Poritsch (das Vorwerk „am Flusse" r) und Zittel (das Vorwerk „Hinterm Bergs" 3) — von Ulsitz aus gesehen —) gegründet haben, aus denen dann eben später die Güter und Orte Luptin, Poritsch und Zittel entstanden wären. Ebenso könnte Hörnitz (das Vorwerk „am Berge" ^)eine Schöpfung der Berkas und vielleicht nur später mit Klein schönau vertauscht worden sein. 1387 s) verkaufen die nunmehrigen Besitzer von Grafen stein, die von Dohna, das Vorwerk Luvtin, Herrschaft und oberstes Gericht zu Poritsch, wie auch Kleinschönau an den Rat zu Zittau, betreffs Zittels aber bemerkt Morawek in seiner Geschichte van Friedersdorf etc. 6): „Jedenfalls ge hörte auch Zittel den von Donyn auf Grafenstein". Hierbei sei nach die Vermutung ausgesprochen, daß der im Fahre 1406 2) zu Zittel ein Vermächtnis zur Instand haltung der Straßen stiftende Nickel Keyczhe«) wohl ein Glied zwar nicht der Biberstein'schen, wohl aber der Danyn- schen Vasallenfamilie der von Kyaw und eben als Vasall der von Dohna, Inhaber des Gutes zu Zittel gewesen sein dürste. Oswald Bollprrcht. 1. Neues Lausitzer Magazin, Nr. 73, G. 173. 2. Ebenda Nr. 73. S. 173 „Poric" „Ort am Fluß' 3. Zittel 1406 — Cwttil. Morawek, Friedersdork etc. S. 2IS. Zadel-Görlitz 1382 Cwbil — „Ort jenseits des Berges". Neues Lausitzer Magazin Nr. 66, S. 236. 4. „Hornice-Bergheim". Neues Lausitzer Magazin Nr. 73, S. 171. 5. Neue Kirchengalerie, Diözese Zittau, S. 128. 6. Morawek, Friedersdorf etc. S. 2l8 und Knothe, Geschichte des oberlausitzer Adels S. 634. 7. Ebenda, E- 139 8. Die „Kyecz" auf Kauscha, wohl Kyaws, da genau das gleiche Wappen führend. Kauscha bei Dohna. Eine SrtsglWe Mau her WellWsl M AnAmlogie Md ArgeMWke Ser MMuM ie höchst erfreuliche und anregende Wirkung der großen Zittauer Heimatausstellung vom August v. I. scheint noch lange nicht abgeschlossen zu sein — vielmehr fand im Anschluß an sie und ihre fesselnde vorgeschichtliche Abteilung kürzlich ein Bor- trag über „Die vorgeschichtlichen Altertümer und älteren Kunst denkmäler der Oberlausitz" statt. Er wurde am 2. Dezember von Herrn Dr. W. Frenze! aus Leipzig im Iohanneum zu Zittau gehalten und war die erste gemeinschaftliche Veranstaltung des Zittauer Kunstvereins, des Zittauer Museumsvereins und des Vereins für Zittauer Geschichte. Der Vortragende wies zunächst darauf hin, daß die Vorgeschichte gerade in der Gegenwart bedeutsam geworden sek da die Feinde Deutschlands, besonders Polen, ihr „Anrecht" auf deutschen Boden sogar mit vorgeschichtlichen Beweisen zu verkünden suchen. Die objektive deutsche Borgeschichtsforschung sei aber in der Lage, dieses Verlangen mit rein wissenschaftlichen Gründen zurückzu- weisen. Nach kurzer Erläuterung der hierbei hauptsächlich an zuwendenden typologisch-chronologischen Methode folgte ein Über blick über die vorgeschichtlichen Zeitabschnitte in der Oberlausitz, wobei die Kennzeichen der einzelnen Kulturen an vorgeschichtlichen Tongefäßen des Zittauer Stadtmuseums dargelegt wurden. (Altere und jüngere Steinzeit, Bronze- und Eisenzeit, Germanen-, Slaven- und Kolonisationszeit.) Neben den Bodenfunden läßt die vorgeschichtliche Forschung auch die Schriftaltertümer sprechen, denn griechische, römische und arabische Quellen geben uns hier und da über die Zeit vor dem Jahre 1000 Auskunft. Die paläo- geographische Methode sucht das alte Landschaftsbild, das von Urwald und Gefilden beherrscht war, wiederherzustellen, während die philologische Methode aus den Mundarten die Herkunft der Bevölkerung abzuleiten sucht und uns über die Bedeutung von Flur- und Ortsnamen aufklärt. So ist der slavische Ortsname Zittau, der soviel wie Getreidegegend bedeutet, für das einst von großen Urwäldern umgebene Zittauer Becken recht bezeich nend. Die folkloristische Methode sammelt die im Volke bis heute weiterlebenden Erinnerungsstücke der Vorzeit, wie die älteste Bauweise, Hofanlags und Formen der Dörfer samt deren Fluren. Aber auch in Sitten und Gebräuchen erhielt sich viel Ursprüng liches, das den Menschen von der Wiege zum Altar und bis ins Grab hinein begleitet. Volksglaube und Volksmedizin sind noch heute Sammelplätze heidnischer Überlieferungen. Ferner bedarf die Vorgeschichte noch der Ergänzung durch naturwissenschaftliche Fächer, denn Geologie, Botanik und Zoologie führen ebenso zur Klarheit über das Altertum wie Chemie, Meteorologie und Astro nomie. Selbst die heutige Technik kann dem Vorgeschichtler helfen, die Arbeitsweise des vorzeitlichen Menschen zu erkennen, denn Bergbau, Erz- und Salzgewinnung, Töpferei, Holz-, Leder- und Steinbearbeitung werden am besten von Handwerkern und Technikern erforscht. Staunend steht man dabei oft vor der Fülle von Hilfsmitteln, welche der Mensch von einst im Daseinskämpfe erfand. Die Anthropologie beurteilt am fossilen und lebenden Menschen, ob sich Rassenunterschiede zwischen Vergangenheit und Gegenwart zeigen. Und aus den Ergebnissen aller dieser For schungszweige bildet die Siedelungskunde mit Hilfe von Stati stiken und Karten ein Gesamtbild der vorzeitlichen Kultur. Ob- wohl an der Erforschung der oberlausttzischen Vorgeschichte noch viel zu tun ist, so hat der Redner in dem Archiv, das er im Aus-