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ihr eine große Wüste voll Einsamkeit, eine Wüste, die voll quä lender Ungeheuer ist, die überall verborgen sind, die allaugen blicklich hervorbrecken können, sie zu martern, zu peinigen, lang sam, stetig, mit teuflischer Lust an der Seele Not. Da wird ihr das Leben zu einsm^wertlssen Verlangen!... -- * Aus dumpfem Dahindämmern,?aus instinktivem, unbewußtem Sein ist dann auf einmal der Wille hochgeschnellt und hat mich hinausgetrieben aus der warmen Stube. Langsam schlendere ich durch die Straßen, in die noch immer der Regen h'rniedermeint. Jein und kalt siebt er mir ins Gesicht, kühlt die heiße Stirn. Aber die grauen Spinnen der Melancholie vermag er nicht zu vertreiben. Uber die große Brücke, aus deren Tieis das Rauschen des Flusses drang, schritt ich aus der Stadt. Immer noch war ich in dumpfer Gleichgültigkeit, schritt interesselos an Häusern, Feldern und kahlen Bäumen vorbei. Der Faden, der mich durch Erinne rungen und Anschauungen sonst mit den Dingen verband, schien zerrissen. Ein Einsamer, Lebender in einem Reich lebloser Scheinen, Kam ich mir vor. So war ich im Borwärtsschreiten auf jene Höbe gekommen, die der Stadt gegenüber liegt, getrennt durch den Fluß. Das Tor des Totenackers, den diese Höhe trögt und der sich an eine schmuck lose Kapelle lehnt, stand weit offen. Ich schritt hindurch und ging langsam die Gräberreihen entlang, die alten wetterzerfressenen Gräbmäler nicht beachtend. Dann bog ich vom Wege ab, zwängte mich durch Gräberreihcn und hielt vor einem steingeschmückten Grabe still, um einen Sinn in meine Wanderung zu dringen, um den rastlos umherirrendrn Gedanken einen Ruhepnnkt zu geben. Denn die unter jenem Hügel nun schon seil zwei Jahrzehnten ruht heißt und ist wohl meine Mutter, aber ich trage nicht ihr Bild im Herzen Denn da sie starb, war ich noch ein zu kleines Knäblein, als daß ich ihr Bild in mein Herz hätte graben können! Und wenn ich heute vor dem Hügel stehe, der ihren Leib birgt, dann kann ich kein Gefühl der Liebe, der Ehrfurcht ausbringen, denn ich habe nichts Vorstellbares, dem ich diese Gefühle opfernd zu Füßen legen könnte! Das habe ich in einsamsten Stunden oft recht schmerzvoll empfunden und mich heiß nach einer Mutter gesehnt!. .. Vergilbter Efeu hält den Hügel umsponnen. Ein Hagebutten strauch neigt sich mit blutroten, lebensheißen Früchten darüber. Und ringsum lastet dis Einsamkeit und Stille auf allen Gräbern. Nur der Regen fällt rauschend hernieder, klopft auf die Blätter, tropft in ernstdunkle Ledensbäume und rinnt über dis Gräbmäler. Da bin ich auf einmal keiner Mutter Sohn mehr, nur ein junger, lebenshungriger Mensch, der vor der Pforte zum dunklen Land der Nimmerwiederkehr steht! Bin ein Mensch, der Grauen und Abscheu vor der grausamen Hilflosigkeit gewölbter Hügel, die Hoffen und Glauben und Liebe und Glück und alle hehren Ideale gleichmütig bedecken, die alles Schaffen und Wirken ersticken mit ihrem gefühllosen Leib! In Nichts schrumpft alles Fiebern heißen Lebens vor diesem letzten engen Ruhebett zusammen!... Nach kurzen Augenblicken ist der Sturm der Gefühle in mir vorüber. Langsam schreite ich durch die Reihen dem Ausgang zu und schaue von der Höhe ins Tal, wo der Fluß seine grauen Wassermassen rauschend durch sein Bett wälzt. Und dieser Anblick gibt meiner Seele restlos den Frieden wieder. Alles fließt! Aus der Höhe fällt das Naß, fammelt sich, strömt zum Meer und steigt wieder zur Höhe. Dem Kreislauf des Lebens ist auch der Mensch eingeordnet! Den Becher des Lebens trägt jeder nur eine gemessene Strecke, dann muß er ihn wsitergeben!... Durch rieselnden Regen und sinkende Dämmerung schreite ich heimwärts!... Mitteilungsn dsr GchriMiLung Prof. Dr. C. M., L. Ihr Aufsatz: ..Bolksleumund der Lau sitzer Städte" wird in einer der nächsten Nummern erscheinen. An unsere Leser. Der Druck der ersten Nummer des neuen Jahrgangs verzögerte sich unliebsamerweise um einige Tage, wcs- I>. b wir ^ie geeh'ten Leser der Heimotzettung nm Entschuldigung bitten. Die weiteren Nummeui sollen wieder regelmäßig erscheinen. Zittau Der Globus hat nunmehr die erste Hälfte seiner diesjährigen Winterveranstaltungen hinter sich und darf mit Genug tuung auf das bisher Geleistete zurückblicken. Für die erste Ber- anstaltung, die am 16. Oktober statifand, war man aus Zweck- mäßiokeitsgründen mit der städtischen Volkshochschule Hand in Hand gegangen, um sich geschlossen an deren hochinteressantem Eröffnungs abend beteiligen zu können. 2m Feiksaale des Iohanneums sprach Heir Doktor Kreisch in ar unter Vorführung großartiger, dem Verein für Zittauer Geschichte gehörender Lichtbilder in höchst fesselnder Form über das Thema „Schönheiten, an denen wir Zittauer achtlos v o rii berg e h en". Er vergaß hierbei keine der zahlreichen Sehenswürdigkeiten der alten Sechsstadt, die tatsächlich von jedem Fremden besser gkwiirdigt werden, als von den >n isten Einheimischen. Der Andrang war so außerordentlich stark, daß der geräumige Saal lange vor dem festgesetzten Beginn gesverrt und der ausgezeichnete Vortrag zwei Tage später vor einer kaum minder zahlreichen Hörerschaft wiederholt werden mußte. — Am 17. Oktober hielt derselbe Redner im Schützenhaus einen sehr ge diegenen Lichtbilderoortrag über „Brennen einst und jetzt". Auch dieser Abend war stark besucht; die Darbietungen wurden ebenfalls höchst beifällig ausgenommen. — Am 24 Oktober wurde im Echützenhause die ordentliche Hauptversammlung obgehalten. Auch hierzu hatten sich mehr Mitglieder einqefunden. als es sonst bei dieser Gelegenheit üblich ist. In althergebrachter Weife wurden zunächst die verschiedenen Jahresberichte bekanntgegeben. Von der Drucklegung dieser Berichte und des Miigliedervcrzeichnisses mußte erstmalig abgesehen werden, da die Herstellungskosten zu ungeheuer lich gewachsen sind und in einem zu grellen Mißverhältnis zu den Annehmlichkeiten der Vervielfältigung stehen. Der allgemeine Ge schäftsbericht des Vorsitzenden gab ein umfassendes Bild von der vielseitigen Tätigkeit des Globus, der trotz der Ungunst der Zeiten seinen Betrieb in vollem Umfanae aufrechterhalten hat. Die im Vorjahre beschlossene mäßige Erhöhung der Miigiiedcrbriträge reichte zur Befriedigung der an den Verein herantretenden Anforde rungen nicht aus; eine zugunsten der Wegebauarbeiten im Gebirge eingeleitete Sammlung ergab die stattliche Summe von 28416 Mk. Zwei erfolgreiche öffentliche Vortragsabende ergaben einen ansehn lichen Uberschuß und halfen dem Jahresabschluß ebenfalls ins Gleich gewicht. Außerdem wurden wahrend des Winters 1921/22 iS ge wöhnliche Vortragsabende, sowie mehrere sonstige Unternehmungen (Stiftungsfest, Fämilienabend, Führungen usw.) abgchalten. Auch die Eommerwanderungen sanden wieder parke Beteiligung und leb haften Anklang. 2m weiteren machten sich 8 Vorstandssitzungen notwendig, von denen eine auf dem Hochwald, eine im Dorfe Oybin obqehalten werden mußte. Ein besonderes Merkmal für das frische Leben im Globus ist die Tatsache, daß die Mitgliederzahl im Berichtsjahre von 762 auf 874 gestiegen ist. Auch der Kassenbericht des Schatzmeisters läßt die günstige" Weiterentwickelung erkennen. Zu Ehrenmitgliedern wurden vorgeschlagen und ernannt die Herren Kaufmann Gustav Hermann Geißler, Malermeister Wilhelm Fröhlich und Privatmann Karl Behr. Die Borstandsneuwahi ergab die sofortige Wiederwahl der satzungsmäßig am scheidenden Herren und die Zuwah! des Herrn Privatmann Heid an Stelle eine» verstorbenen Vorstandsmitglieds. Zu einer längeren Aus sprache führte die Notwendigkeit einer weiteren Erhöhung der Mit gliederbeiträge, da die ins Riesenhafte anwachsenden Geschäfts unkosten eine Weiterführung des Vereinsbetricbs auf der bisherigen Grundlage als schlechterdings unmöglich erscheinen ließen. Die Ver sammlung ging mit ihren Vorschlägen weit über den Antrag des Vorstands, der 50 Mk. vorgeschlagen hatte, hinaus. Vom Bor standstisch aus wurde vor einer Überspannung des Bogens im Hin blick auf die Tatsache gewarnt, daß sich der Verein in der Haupt- fache aus schlichten Angehörigen des Mittelstandes zusammensetzt. Man einigte sich jedoch schließlich auf einen Mittelweg und setzte den Jahresbeitrag auf 120 Mk. fest. Weitere Beschlüsse bezogen sich auf die Umgestaltung des Lesezirkels und auf Bewilligung von Beiträgen an andere gemeinnützige Vereine und Körpersa-aften. — Am 30. Oktober fand, wieder im Schiitzenhause, der erste öffentliche Vortragsabend des laufenden Winterhalbjahrs statt, und der Verein hatte die Freude, erstmalig eine Dame am Rednerpult zu sehen, und zwar die bedeutende Lichtbildkünstlerin Frl. Berta Zill essen aus Bautzen Sie zeigte schlechthin herrliche eigene Aufnahinen ans der Umgebung von Bautzen und sprach in ebenso fesselnder als gemütvoller Form über „Wanderungen durch die Oberlausi tz". Aus den großartigen Darlegungen der Dame, einer geborenen Reih»-