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Indessen war die Gottesgelahrtheit sein Hauptwerk und nach dem Er sich dazu in Sprachen und anderen Wissenschaften vor- bereitete, so besuchte Er mit allem Fleiß und Aufmerksamkeit die Hörsäle der Theologen eines Abicht, Zeibig, Haferung. Am meisten hörte Er den berühmten Herrn Dc. Hofmann, sowohl in der Aus legungskunst als auch in der geistigen Beredsamkeit. Im Jahre 1740 nahm ihn das Wittenbergische Prediger-Kollegium zum Mitglied auf, welches unter der Aufsicht des Herrn Probst Zeibig in der akademischen Stifts-und Schloßkirche stand, in welchem Er sich bis zur Vollendung seiner Universitätsjahre oftmals im Pre digen übte. Im Jahre 1741 aber wurde ihm die Würde eines Magisters der Wellweisheit nach vorhergegangenem öffentlichen Examen von derphilosophischen Fakultät erteilt. Er verließ hierauf bas folgende Jahr Wittenberg am 10. Mai 1742 und kehrte in sein Vaterland Hainewalde zurück, woselbst er teils für sich fleißig studierte, teils sich in diesem Orte und in der Nachbarschaft im -Predigen mit Beifall hören ließ. Es hatte aber die Gottes-Vorsehung beschlossen, unseren wohl seligen Herrn Magister wiederum aus dieser Gegend zu entfernen, bevor Er seinem geliebeten Baterlande mit seinen erlangten Fähig keiten nützlich werden sollte. Das hochadlige Haus Hermsdorf bei Ruhland trug ihm die Stelle eines Hofmeisters an, die er im Jahre 1743 den 17. Mai antrat, und einen jungen Herrn von Gersdorf, der die besten Eigenschaften besaß, in schönen Wissen schaften zu unterrichten das Vergnügen hatte. (Herr Karl Ehren reich von Gersdorf, kurfürstlich sächsischer Kammerherr, Oberforst- und Wildmeistcr zu Dresden, Hoyerswerda und Senftenberg.) Nach zwei Jahren, nämlich 1745, rüste ihn die wohlselige Frau Kammerherrin von Kanitz, geb.Kyaw, die unvergeßliche und sorg fältige Dame, wiederum zurück, weil sie es dahin vermittelt hatte, unfern Herrn Magister dem hochadligen Haus Friedersdors als Hofmeister der damaligen jungen Herrschaft vorzustellen, welches auch am 9. Junius gedachten Jahres geschah. Die Achtung, derer die Kyawiscken Herrschaften ihn würdigten und die viele Wohltat, die sie ihm zufließen ließen, hat unser Herr Magister in seinem ganzen Leben nicht vergessen, sondern auch seinen Kindern mehr mals empfohlen, an dieses Haus und Geschlechtmit ehrerbietigster Dankespflicht zu gedenken. Zwei Jahre waren abermals verflossen, welche der Wohlselige immer für die besten seines Lebens gehalten, als ihm der weyland hochwohlgeboreneHerrIohannErnst vonKyaw für Gießmanns- dors und Friedersdors, Obcrullersdorf und Sommerau dos Amt eines Pastors Substitut! zu Oberullersdors ohne sein Ansuchen ganz unerwartet antrug, welchen Beruf derselbe für rechtmäßig erkannte, solchen baldigst annahm und nach gehaltener Probe predigt, am Pfingstmontag, den 22. Mai 1747, am I. Juni die Vokation erhielt. Nach einer gnädigen Gottes Heimsuchung und überstandenen gefährlichen Krankheit verfügte sich derWohlselige nach Dresden, woselbst Er den 25. Junius glücklich anlangte, den 3. Julius darauf vor einem hochlöblichen Konsistorio nebst einigen anderen Kan didaten des heiligen Predigtamtes öffentlich examiniert und zum Dienste des Reiches Gottes für tüchtig erkannt wurde. Es erfolgte darauf den 5. dss. Mts. die Ordination vor dem venerablen Herrn Doktor und Superintendenten Valentin Ernst Löscher (Dr. Valen tin Ernst Löscher, König!, polnischer und kurfürstlich sächsischer Oberkonsistorialrat und Superintendent, einer der größten Gottes gelahrten, gest. 12. Februar 1749, hatte 942 Priester ordiniert) in der Kreuzkirche zu Dresden und noch an diesem Tage die Kon firmation bei einem hochlöblichen Oberkonsistorium, worauf ihm der unvergleichlich große Gottesgelahrte Herr Dr. Löscher mit rührenden Segenswünschen von sich entließ. Sein heiliges Amt trat Er am 9. Sonntag nach dem hochheiligen Trinitatisfeste an. Die christliche Gemeine zu Oberullersdors nahm ihn mit überein stimmender Zufriedenheit auf. Allhier führte Er das Amt eines evangelischen Predigers unter mancherlei Umständen bis in das zehnte Jahr. Er war sehr lange Pastor Substitut! des Herrn Magisters Johann Gottlieb Fischer der 1763 sanft entschlafen ist. Hier war es auch, wo sich derWohlselige entschloß, in den hei- ligen Ehestand zu treten. Zu dem Ende verlobte Er sich den 7. Januar 1748 mit der ehr- und tugendsamen Iunafer Regina Elisa- beth geb. Schöne, Notarikus wie auch herrschaftlicher Gerichts halters in Hainewalde nachgelassenen jüngsten Tochter, welches christliche Eheverlöbnis den 30. September dss.Is. auf dem hoch adeligen Haus Hainewalde durch vriesterliche Kapulation vergnügt vollzogen wurde. Diesen Ehestand bat Gott nicht ohne Kreuz und Leiden, aber auch nicht ohne Segen sein lassen, indem erelfKinder in demselben erzeuget hatte, wovon acht dem Wohlseligen in die frohe Ewigkeit vorangingen, drei Töchter aber ihren besten Vater bei seinem Grabe mit gerechten Tränen beweinten. Anno 1756 erhielt Er den Rus nach Spitzcunnersdorf, unter die Hainewaldische Kanitzsche Herrschaft gehörig. Die Zeit seiner Amtsoeränderung fiel gleich in den Anfang des damaligen schreck- lichen Krieges und Er hatte das Schicksal, an dem Tage, da Er seine Abschiedspredigt halten wollte, den 31. Oktober 1756, von österreichischen Husaren geplündert, sein Weib und Kinder miß handelt zu werden, und weil diese Gewalttaten auf seine Person meistens abzielten, mußte Er sich mit der Flucht retten. In Ermange lung einer Abschiedspredigt ließ Er eine Ode abdrucken und an seine gewesenen Kirchenkinder austeilen, von denen Er so schmerz lich war getrennet worden. Nachdem Er nun sein Amt in Spitzcunnersdorf angetreten hatte, vermehrten sich die Kriegsunruhen von Zeit zu Zeit und weil dieser Ort an einer Hauptstraße war, so war Er bald Plünde rung und Lebensgefahr ausgesetzt, wie ihn ein österreichischer Husar in sein Studierzimmer schleppte, gewaltsam niederwarf, das Gewehr ihm auf die Brust setzte und ihm sein Leben nehmen wollte. Bald mußte Er Fouragierung und andere Obel ausstehen, welche an die fünf Jahre dauerten. Die wahrhaft rührende Schilde rung seiner Erlebnisse, die Er mit eigenen Händen in das Kirchen buch zu Spitzcunnersdorf geschrieben hat, lautet folgendermaßen: „Den XX. p. Trin. sollte ich nunmehr meine Abschiedspredigt kalten, Sonnabends zuvor, also den 30. Oktober, wurde ich von Zittau aus erinnert, soviel als möglich zu eilen und die besten Sachen nebst meinem Weibe und Kindern in Sicherheit zu bringen. Diese wohlgemeinte Warnung zu befolgen, ließ ichdieNachtnoch meine Kleider, Betten, Wäsche, Zinn und besten Hausrat in Koffer und Kasten einpacken, um Sonntags früh auf einem Wagen mit vier Pferden, nebst Frau und Kindern, fortzubringen. Als nun der Tag anbrach, so wurde alles aufgeladen, und als dieses ge schehen war, kam ein österreichischer Husar und fragte nach dem Prediger, da ich denn unerschrocken ans meiner Amtswohnung zu ihm herausging und nach dessen Anbringen fragte. Er begehrte aber zu wissen, warum dieser Wagen beladen, und wohin die Reise gehen sollte, worauf ich ihm sagte: daß ich allhier bis in das zehnte IahrPrediger gewesen und nunmehr einen anderenBeruf, nament lich nach Spitzcunnersdorf erhalten hätte, welchem ich mitmeinen Sachen dahin folgen müsse. Auf dieser Erklärung ließ der öster reichische Husar, welcher ein Unteroffizier war, vernehmen: Der Prediger könne ohne Sorgen reisen, wohin es sein Beruf erfor- dcre, seine Kaiserin Königin habe mit Sachsen keinen Krieg, worauf ich ihm einen Taler an Gelde zu einem Geschenke machte. Er ritt nun wieder nach Gräfenstein zu, und ich ließ mein Weib und Kinder auf den Wagen steigen, nachdem ich sie der Barm- Herzigkeit Gottes auf meinen Knien, unter freiem Himmel auf das flehentlichste emvfohlen. Kaum aber hatte der Wagen die Straße bei dem Iungcschem Gute in Luptin erreicht, so kam gedachter ehr- und pflichtvergessene Husar nebst noch einem, der schnell zu ihm gestoßen, schnell zurückgeritten, fiel den Wagen mir vieler Grausamkeit an, schlug die Bauern mit dem bloßen Säbel braun und blau, nötigte sie, sogleich umzukehren, und alles nach Grottau abzufahren, und als solches in dem engen Wege nicht angehen wollte, so erpreßte er mit entsetzlichen Fluchen und schrecklichen Drohungen und mit aufgezogenem Gewehre alles Geld von meiner Frau, und als solches auch abgedrunqen war, hieb er mit dem Säbel die Stränge entzwei, schmiß die Kinder vom Wagen, schlug mit einer Axt die Kasten entzwei und plünderte solche, nahm Klei- der, Wäsche und einen ganzen Koffer mit Zinngerät und Mobilien auf dem Pferde mit sich nach Grottau, woselbst das meiste um ein schlechtes Geld verkauft worden, da indessen mein Verlust bis 70