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Wie diese Gesänge überall im Volke zum Schaden und Spott gegen die Sechsstädte und gegen Görlitz besonders gesungen wurden und auch die beabsichtigte Wirkung halten, nämlich großen Arger bei den Verspotteten hervorriefen, das läßt der Bericht des Görlitzer Rats an seine Deputierten zu Prag 1497 erkennen: „Wir haben einen Senger bey vns sitzen, des gang ir auß jngelegten Zudeln vorstehen werdet, den er auf offen Dörffern und bey vns in Bierhewsern öffentlich gesungen hat, das wir euch nicht haben verhalten wollen, dann wo die fachen, sonderlich des Schantliedes halben zu qwemen, möchtet ihr dissen gesanq den von Steten auch oerhalden usw." Die Spottlieder spielen also eine nicht unbedeutende Rolle bei den Verhandlungen der Städte wegen der Bierstreitigkeiten vor dem König Ladislaus in Prag. Der alte Chronist Samuel Großer sagt in seinem „Lausitzischen Merkwürdigkeiten (1714)" 1,156 über diesen ganzen Streit: „Weil aber solche Stachel-Schrifften und Hühnereier, allzu gemein und allzu bitter werden wollen: so gar, daß bereits jede Sechs-Stadt ihren Kleck erhallen hatte; that der König an die Zittauer bei dem obgedachten auf die Ouutuor temporu ausgeschriebenen Vorbescheide, dieses ernstliche Verbot: Auch kommt glaubwürdig an uns, wie ihr denen von Görlitz wie auch uns zu Schimpfs, ober neue Lieder lichten und singen, auch durch die euren und in eurer Stadt viel Schmach zufügen laßt: wo ihr nicht davon absteht, werdet ihr uns bewegen, andere Befehle abzufertigen. Darum verhütet solches u. s. f." Besondere Bautzen, der alte wendische und später auch deutsche Kulturmittelpunkt, spielt eine Rolle im Volksmund, wie ja schon einige oben erwähnte Ausdrücke beweisen. Lange Zeit hieß die Oberlausitz geradezu das „Bautzener Land" (terrs 8uctis8in), für den Oberlausitzer Wenden ist fie schlechthin noch „die Stadt" (mösto). Wenn die Sonne hinter den Bergen heroorbricht, sagt man in der Nieder lausitz: „Die Bautzner lachen" oder „Budissin lächelt". Eine historische Erinnerung birgt die Redensart „Hunde führen bis Bautzen." Damit will man etwas Mühseliges und Entehrendes zugleich bezeichnen, denn im Mittelalter mußten Verbrecher aus höheren Ständen zur Strafe häufig Hunde bis zur Grenze des betreffenden Gaues tragen. Ein solcher äußerster Grenzort war Bautzen, vielleicht haben auch meißnische Edle in so entehrender Weise dorthin gehen müssen. Doch viel wahrscheinlicher ist die Erklärung Knothes im Neuen Laus. Magazin 67. Bd. S. 234 ff. Nach ihm haben manche wendische Dörfer in der Nähe der Bergwälder des Czorneboh und auch nicht allzuweit vom Jagdgebiet des Kottmar einst die Verpflichtung gehabt, für den Landes herrn die Iagdmeute zu halten, um sie dann zur Zeit der landesherrlichen Jagden, die gern auch in den großen nörd lich gelegenen Heiden stattfanden, nach Bautzen, der zeit- welligen Residenz des Fürsten, zu bringen. Das war natür- lich keine angenehme Aufgabe. Hatte der Bauer wahrschein lich schon nur widerwillig sich der Fütterung und sonstigen Pflege der herrschaftlichen Hunde unterzogen, so war ihm natürlich das Führen der zusammengekoppelten unbändigen Iagdmeute erst recht widerwärtig. Diese Fronbauern mögen froh gewesen sein, wenn sie ihre Hunde glückl ch im Schloß. Hofe der Ortenbnrg abgeliefert hatten. Und als längst schon die unangenehme Fronpflicht abgelöst worden war durch einen Naturalzins, da haben wohl die Bauern die Erinne- rung an sie noch festgehalten in der sprichwörtlichen Redens art: Ehe ich das tue, will ich lieber Hunde führen bisBautzen" oder „Ts bekommt ihm wie das Hundesührenfbis Bautzen". Das Wort: „In Bautzen hängt man die Diebe zweimal" bezieht sich aus einen derben Studentenstreich des 16. Jahr hunderts. Der tolle Bartholomäus, ein etwas wahnwitziger Student aus Polen, rächte sich für Verspottung an einem Schuster und einem Drahtzieher dadurch, daß er ihnen Leichname vom Galgen vor die Türe setzte, sodaß der Scharf richter diese dann in aller Form Rechtens noch einmal henken mußte. Literarischen Ursprungs ist der bezeichnende Ausdruck von Renatus „allentchen e Bautzner". Bautzen galt für den höherkultioierten Westen als ein sehr wettentlegener Ort, der an der Grenze des geographi schen Gesichtskreises lag. Dieses Gefühl der Entlegenheit klingt noch nach, wenn man sagt: „dein Messer sei so stumpf, daß man damit nach Bautzen reiten könne." Unter den Wenden werden noch folgende Redensarten auf Bautzen bezogen: „Wenn Bautzen ausspielt, tanzt Eeidau mit. (Seidau ist das eng mit Bautzen verbundene altwendifchc Dorf.) — Wenn du aus Bautzen bis zum Lhonberge hinauf bist, da bist du noch nicht in Prag. — Bautzen hat die Kirmes drei Tage vorm ersten Schnee (also gar keine, wie die Bauern spottend meinen). — In der Stadt (nämlich in Bautzen, das für den Wenden schlechthin „die Stadt" ist), so viele Kirchen, und doch der Galgen vor dem Tore (im Spottwort gegen die Verderbnis in der Stadt). Auch bei Bautzen hat sich das Volk bemüht, den einstigen wendischen Namen „Budissin" sich durch eine kleine Sage deutlich zu machen. Ein mit der Gründung der Stadt beschäftigter Fürst habe di? Nachricht von der Niederkunft seiner Frau erhalten und nun gefragt: Bude syn? (--- Ist's ein Sohn?) (Schluß folgt) A di v I di 7 U k X X X X Wie mit aufbsbsnden Nebelschleiern Du weich umhüllst die schweigenden Bäum« ? Tiefträumendes Weib, Du liebst das Geheimnis . . . Sehen nur immer Dein wallendes Kleid, Hören von Ferns Dein heiliges Atmen, Nimmer erschau» wir die Tiefen der Brust. Ach, auch wir nur sindSierden DeinesGewandss, Auch wir nur sind Kinder Deiner erhabenen Lust, Nnd wie mit den Bäumen, den freundlich stillen, Treibst Du mit uns auch Dein göttliches Spiel. Glühende, klingende Sauberschleisc Schlingest Du heimlich um »ns, Arewigs Sprüche murmelnd, Dem Rauschen des Meeres vergleichbar: Wir stehen verzaubert Wie martern, wie quälen wir uns, Des Bannes Mächte zu lösen, In Demut bitten wir Dich . . . Doch — Du lächelst in göttlichen Träumen, Du liebst das Geheimnis . . . F. R s b e i s