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G6 Nr. 2. „STAHL UND EISEN.“ Februar 1882. wie von der Uebergangszone von Stahl zum Eisen — dem Halbstahle — entfernt bleiben. Gedachte Stahlspäne werden auf der Berliner Königlich chemisch-technischen Versuchsanstalt auf ihren Kohlenstoffgehalt, bez. auf ihren Gehalt an Phos phor und Silicium untersucht, und die betreffende Analyse bildet die Norm für die chemische Zu sammensetzung des Stahles aller anderen Panzer platten. Um die Uebereinstimmung derselben mit der der Normalplatte zu constatiren, nimmt der beaufsichtigende Beamte von der Stahllage jeder derselben in gleicher Weise Späneproben, die ebenfalls von der genannten Versuchsanstalt analysirt werden. Als in Uebereinstimmung mit der Normalplatte befindlich werden solche Platten betrachtet, bei denen die Analyse des Kohlen stoffs nicht mehr wie 0,10 °/o auf und ab von der Normalanalyse sich entfernt und eine untere Grenze von 0,45 %, eine obere von 0,65 % nicht überschreitet. Der Phosphorgehalt darf sich um nicht mehr als 0,25 % unterhalb des der Normalprobe halten und mufs absolut ge ringer als dieser sein, wenn der Gehalt an Kohlen stoff den der Normalanalyse übersteigt. Silicium ist überhaupt nur im Betrage von höchstens 0,4 °/o zulässig. Diese Bestimmungen mögen anfechtbar sein, sie enthalten aber mindestens Wahrheiten, die jeder Stahltechniker zugestehen wird, und die bei der Neuheit der ganzen Sache durch präcisere nicht wohl ersetzt werden konnten. Handelte es sich um Stahl allein, der aufser Verbindung mit einer Walzeisenplatte hergestellt werden soll, so würden die zugestandenen Lizenzen der Abweichung seines Kohlenstoffgehaltes von einem Standart geradezu abnorm genannt werden müssen. Bei weichem Stahl ist es unschwer, dessen Kohlenstoffgehalt innerhalb der Grenzen von 0,015% auf und ab von einem bestimmten Normalgehalt zu halten, während Lizenzen von 0,025 °/o auf und ab für harten Stahl und gröfsere Lieferungen, bez. Stahl in gröfseren Massen keinesweg überrnäfsig eng gezogen sind. Es handelt sich aber hier um eine Verbindung von Stahl mit Eisen und unter Umständen, die eine gewisse Entkohlung des Stahles herbeiführen müssen, während das Walzeisen, mindestens in der Verbindungszone, entsprechend gekohlt wird. In welchem Grade das eintritt und um wie viel daher der Stahl von ursprünglich gleicher chemischen Zusammensetzung wie ein bestimmter, früher zur Anwendung gekommener am Schlüsse des ganzen Fabricationsprozesses an Kohlenstoff ärmer geworden ist, dem Eisen abgegeben hat, darüber haben selbst tüchtige Stahltechniker bis her wohl Muthmafsungen, aber keineswegs Ge- wifsheit gehabt. Für die erlassenen, allerdings zunächst provisorischen Bestimmungen spricht indessen wenigstens das, dafs sie aus dem Sprich- worte »Probiren geht über Studiren« dasjenige, was die Praxis auf dem Schiefsplatze gelehrt hat, nicht aufser Acht gelassen haben. Eine von Charl. Cammell gelieferte Compound- Platte, die glatt durchschossen wurde, enthielt nur 0,039 % Kohlenstoff in der Stahllage und war einer gleichstarken Walzeisenplatte an Widerstandsfähig keit gar nicht überlegen. Eben daher bezogene Platten, deren Widerstandsfähigkeit um etwa 12 bis 15 % gröfser als die einer gleich starken Walzeisen platte sich zeigte, besafsen Stahl von 0,45 bis 0,48 °/o Kohlenstoffgehalt, und eine vierte, endlich gute und zwar sehr gute Resultate gebende, hatte eine Stahllage, deren Gehaltan Kohlenstoff 0,559 bis 0,56 °/o betrug. Wo die obere Grenze der Härte des Stahles liegt, ist noch nicht durch praktische Versuche ermittelt, die König!. Grofsbritannische Admiralität hat indessen Compound-Panzerplatten für ihre eigenen Schiffsbauten zur Abnahme zu gelassen, deren unterster Kohlenstoffgehalt nur 0,44, der oberste 0,74 % beträgt, wobei indessen nicht unerwähnt bleiben darf, dafs das englische Analysirungsverfahren — im allgemeinen als Ullgreensches bekannt — durchschnittlich höheren Kohlenstoffgehalt als das deutsche ergiebt, ja dafs die beiden Analysen manchmal um 0,10 °/ 0 voneinander differirten. Alle Platten, welche sich innerhalb der vor stehenden Grenzen der Analyse bewegen, sind abnahmefähig, wenn sonst keine, bei der Fabri- cation selbst bemerkte Fehler ihnen anhaften und wenn die Stahllagerung überall in gleicher Mächtigkeit vorhanden ist, was durch Einreichung von Zeichnungen der vier behobelten Kanten be wiesen werden mufs. Schweifsfehler in der Verbindung zwischen Deckplatte und Stahllage, sowie zwischen dieser und der Walzeisengrundplatte sind unbedenklich, wenn sie nicht gröfser als etwa 200 mm im Durch messer sind und durch eingezogene, in die Grund platte eindringende Stahlschrauben befestigt werden können. Gallen im Stahlgufs dürfen, wenn nicht über 100 mm grofs, unterschnitten und mit Stahl vollgegossen werden. Gröfsere können die Verwerfung der Platte herbeiführen, kleinere dagegen, welche im eben angegebenen Sinne praktisch nicht vollzugiefsen sind, dürfen mit Rostkitt ausgefüllt werden. Die am 5. December d. J. in Kummersdorf beschossene Dillinger Compound-Panzerplatte von 204 mm Dicke gab folgende Resultate. Das Ge schütz war die lange 17 cm Ringkanone mit blindgeladener Grusonscher Hartgufsgranate von 53,5 kg Gewicht und 12,8 kg Pulverladung. Die Entfernung des Geschützes von der Platte betrug 60 m, die Auftreffgeschwindigkeit des Ge schosses etwa 467 m, die mittlere lebendige Kraft des Geschosses etwa 11,0 mt pro cm Ge- schofsumfang. Die beiden ersten Schüsse drangen nicht durch, bauchten das Walzeisen an der Hinterseite in aufser-