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6 Nr. 1. „STAHL UND EISEN.“ Januar 1882. geboten eine vorbereitende und reconstruirende Arbeit; es soll das Wissen der Volksschule wieder aufgefrischt werden. Der Organisationplan sieht deshalb eine Unterklasse vor, welche auch den Nutzen hat, dafs sie die Lehrer mit dem Schulmaterial vertrauter macht, so dafs sie mit gröfserer Sicherheit nach den besonderen Anlagen und den besonderen Leistungen der Einzelnen dieselben den beiden Abtheilungen, in welche die Oberklasse zerfällt, nämlich der metallurgischen und der Constructionsabtheilung, überweisen können. M. H., ich mufs mir aus dem schon angeführten Grunde versagen, auf eine Beleuchtung der einzelnen Lehrfächer, den in diesen zu verarbeitenden Stoff und die dieser Arbeit gewidmete Zeit des nähern einzugehen. Bei der Aufstellung des Lehrplans sind entscheidend gewesen die An sichten, welche von Praktikern über das Wünschenswerthe geäufsert wurden, und die Erfahrungen, welche auf verwandten Unterrichtsanstalten, wie den Bergschulen, über das Erreichbare gemacht worden sind. Der Unterklasse ist ein Semester, der Oberklasse sind die beiden folgenden Semester zugewiesen. Es mufste die Zeitdauer des Cursus so eingeschränkt worden, weil die Organisation der Ar beit auf den Hüttenwerken bekanntlich den gleichzeitigen Besuch der Schule ausschliefst, also auch unmöglich macht, dafs die Schüler während der Dauer des Cursus ihren Unterhalt verdienen. Es konnte aber auch die Cursusdauer so sehr eingeschränkt werden, wenn ihr die intensivste Zeit ausnutzung zur Seite geht. Zu diesem Behufe wird der Unterricht in 36 Stunden wöchentlich ein- getheilt, und ist die schulfreie Zeit möglichst beschränkt worden. Die einzelnen Lehrfächer und das ihnen zu widmende Zeitmafs bedingen die Lehrkräfte. Unter den Lehrkräften ist die bei weitem wichtigste diejenige des Vertreters des Hauptfachs, nämlich der Eisenhüttenkunde, und es mufste deshalb in der Organisation der Schule auch für diesen Hauptlehrer die Direction Vorbehalten bleiben. Die Wahl eines geeigneten Mannes zum Director an dieser eminent auf praktische Zwecke gerichteten Schule, und insbesondere die Wahl des ersten Directors derselben, ist von weittragender Bedeutung für die Entwicklung und das Aufblühen der .Schule selbst. Es wird die Aufgabe Ihres Vereins sein, durch seine Informationen und Vorschläge diese Wahl auf den rechten Mann zu lenken. Das Curatorium der Schule soll nach den Vereinbarungen zwischen der Königlichen Staats regierung und der Stadt Bochum aus sieben Mitgliedern bestehen, von welchen zwei zu ernennen die Königliche Staatsregierung sich vorbehält, zwei in der Person des Oberbürgermeisters der Stadt Bochum und des Directors der Anstalt als ständige gegeben sind und drei von der Stadt gewählt werden. Der Organisationsplan beantragt, diese drei Mitglieder zu entnehmen aus den Vertretern der Eisenindustrie Rheinland-Westfalens und wenigstens zwei derselben mit ihrem Wohnsitze aufserhalb der Stadt Bochum. Der Gedanke, ein über die Mauern der Stadt Bochum hinausgehendes Interesse in der Anstalt zu pflegen und den Beirath der neuen Schule möglichst sachverständig gestalten zu sollen, dieser Gedanke hat geführt zu dem Zusatzantrage des Organisationsplans, wonach zwei weitere Mitglieder des Guratoriums mittelst activen Wahlrechts Ihres Vereins nominirt worden. Es ist aber dieser Zusatzantrag geknüpft worden an die Bedingung, dafs die Eisenindustrie durch die Stiftung von Stipendien für hülfsbedürftige Schulen auch mit finanziellen Opfern sich an der Schule betheiligt. Es ist schon gesagt worden, dafs die Organisation der Arbeit in Eisenhütten und Ma schinenfabriken, insbesondere die zwölfstündige Schicht, den nebenhergehenden Schulunterricht aus schliefst und dafs sonach der Schüler aufser Stande sein würde, während der Dauer des Cursus seinen Unterhalt auf dem Werke zu erwerben. Durch eine glückliche Combination ist in unerwarteter Weise der Eisenindustrie eine Schule angeboten, nach welcher sie sich längere Zeit gesehnt hat; sie ist ihr angeboten ohne die Zu- muthung von directen finanziellen Opfern; ihre Sachverständigen beantragen und fordern eine Organisation derselben, welche, wenn nicht durch Stipendien für die hülfsbedürftigen Schüler ge sorgt wird, nothwendig eine verminderte Frequenz der Schule zur Folge hat, während eine grofsc Frequenz im Interesse unserer ausgedehnten Industrie geboten erscheint, sowie auch das Fehlen von Stipendien vielleicht gerade die allerbrauchbarsten Elemente von der Schule ausschliefsen würde. Ziehen Sie warmen Herzens den Schlufs, welchen der logische Zusammenhang der Dinge Ihrem Verstände abzwingt. Das nothwendige und nützliche Schulunternehmen wird geadelt zu einem guten Werke, wenn dadurch, dafs dem armen, fähigen und strebsamen Arbeiter die Sorge um das leibliche Brod abgenommen wird, er in den Stand gesetzt ist, seine ganze Kraft auf seine geistige Ausbildung zu verwenden. [Bravo !] M. H.! Seit den mehr als 25 Jahren, dafs ich die Ehre habe, der Industrie zu dienen, habe ich noch niemals gefunden, dafs ein Appell an die Industriellen, wenn es sich handelte um, die geistige oder materielle Förderung ihrer Arbeiter, wirkungslos verhallte. Möge es auch heute nicht anders sein! [Lebhafter, anhaltender Beifall.] Vorsitzender: Ich ertheile nunmehr Herrn Oberbürgermeister Bollmann-Bochum das Wort,