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12 Nr. 1. „STAHL UND EISEN.“ Januar 1882. Die Schwierigkeiten, welche der Verarbeitung des luxemburg-lothringischen Roheisens nach dem Thomasschen Verfahren entgegenstehen, dürften, soweit die Analyse für diese Frage einen An halt gibt, lediglich in dem etwas hohen Schwefelgehalt und dem Mangel an Mangan in den Erzen ihre Begründung finden. Der Schwefelgehalt erreicht nach den mir vorliegenden Analysen die bedenkliche Höhe von 0,3 bis 0,4 °/ 0 . Indessen unterliegt es gar keinem Zweifel, dafs dieser Gehalt ganz bedeutend herab gedrückt werden kann, sobald man sich entschliefst, bei den lothringisch-luxemburgischen Hoch öfen mit basischerer Schlacke zu arbeiten, als man bis jetzt gewohnt gewesen ist. Immerhin wird für die Verarbeitung des luxemburgischen Eisens im Converter in Rücksicht auf den vorhandenen Schwefel ein hoher Mangangehalt erforderlich bleiben; indessen besitzt Deutsch land, wenn auch an anderer Stelle, so doch für Lothringen erreichbar, auch an diesem Körper fast unerschöpfliche Quellen. Etwa 300 bis 350 Kilometer entfernt von den lothringischen Minette- districten finden sieh die bedeutenden Ablagerungen von manganhaltigem Brauneisenstein im Nassauischen: bei Giefsen, Wetzlar u. s. w. So sehr schwankend diese Erze in ihrem Eisengehalt sind, so wird dieser Nachtheil doch reichlich aufgehoben durch den meist hohen Mangangehalt derselben, und bilden sie dadurch ein Glied von nicht zu unterschätzender Wichtigkeit in der Kette der für die Entphosphorung geeigneten Erze Deutschlands. Die Förderung von Brauneisenstein im Oberbergamts-Bezirk Bonn, welche zum gröfseren Theil aus diesen Revieren stammt, betrug schon im Jahre 1878 rund 700 000 Tonnen. Seitdem ist der Betrieb auf vielen bis dahin still liegenden Gruben wieder aufgenommen, und dürfte in diesem Augenblick dieselbe wohl auf 1 000 000 Tonnen zu schätzen sein. Nach dem Urtheil Sachver- ständiger ist das Erzvorkommen so bedeutend, dafs eine Förderung auf gleicher Höhe 100 Jahre und länger aufrecht erhalten werden kann. Der Mangangehalt dieser Erze schwankt etwa zwischen 5 bis 20%; der Phosphorgehalt geht nur bei einzelnen Sorten unter 1/4 %, steigt aber bei vielen bis 1 % und darüber hinaus. Die Ge winnung der Erze ist billig und läfst sich meist durch Schächte von sehr geringer Teufe bewirken. Es ist also einleuchtend, dafs für das, was den luxemburgisch-lothringischen Erzen für die Ent phosphorung fehlt, in den nassauischen Brauneisensteinen ein Ersatz gefunden wird, und dürfte es meiner Ansicht nach kaum fraglich sein, dafs trotz der immerhin weiten Entfernnng von 300 Kilo metern die Verhüttung dieser Erze zusammen mit den lothringischen für den Thomasprocefs rationell erscheinen wird, zumal auch in vielen lothringischen Erzen ein Ueberschufs von Kalk enthalten ist, welcher zur Neutralisirung der in dem nassauischen Brauneisenstein im Ueberschufs vorhandenen Kieselsäure dient. Sehr werthvoll ist der nassauische District einestheils durch diese manganhaltigen Brauneisen steine, anderntheils aber auch durch die dort vorkommenden Rotheisensteine für den rheinisch westfälischen Hüttendistrict, von dem er etwa 250 bis 300 Kilometer entfernt liegt und dem die Erze theilweise auf dem billigen Wasserwege zugeführt werden können. Die Rotheisensteine, zum Theil so rein, dafs sie für die Fabrication von Bessemereisen zu ' verwerthen sind, enthalten doch gröfstentheils für diese Art der Verwendung zu viel Phosphor; und wird der Werth dieses grofsen Theils des dortigen Vorkommens durch die Entphosphorung ent schieden ganz bedeutend gehoben. Bei durchschnittlich 45 % Eisen enthalten diese Erze bis zu 0,4 % Phosphor, und wenn sie somit allein verschmolzen für die Entphosphorung nicht zu verwenden sind, so sind sie doch als werthvoller Zusatz zu Rasenerzen, Blackband und phosphorhaltigen oolithischen Erzen, welche an anderen Orten, speciell in dem rheinisch-westfälischen District, vielfach verhüttet werden, anzusehen. Im Jahre 1873 wurden im Oberbergamts-Bezirk Bonn an Roth- und Brauneisenstein zusammen schon 1 341 536 Tonnen gefördert. Diese Erze stammen zum überwiegend gröfseren Theil aus den nassauischen und siegenschen Districten. Wenn seitdem infolge der rückgehenden Conjunctur die Förderung an diesen Erzen vorüber gehend bedeutend zurückgegangen ist — dieselbe betrug z. B. im Jahre 1876 nur 860 000 Tonnen —, so dürfte sich doch heute, einestheils infolge der Aufbesserung unserer Verhältnisse durch die neue Zoll gesetzgebung, andererseits aber auch durch den sich schon jetzt zeigenden Mehrbedarf an solchen Erzen für die Entphosphorung, diese Förderung mindestens schon wieder ebenso hoch stellen wie im Jahre 1873. Ein Vorkommen von allerdings weit geringerer Bedeutung als die bisher betrachteten, welches indessen durch seine Lage mitten im westfälischen Kohlenbezirke doch immerhin seinen Werth hat, sind die Blackband-Ablagerungen in der Nähe von Sprockhövel, Dahlhausen, Werden etc. Die 7 bis 8 Blackband-Flötze, welche bis jetzt bekannt sind, treten in einer Mächtigkeit von