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Januar 1882. „STAHL UND ESN." . Mr. 1. 17 Herr Lür mann: M. H.! Ich werde Ihnen zunächst ein allgemeines Bild von den Einrichtungen geben, welche ich Entgasungsräume nenne, dann Ihnen ganz kurz auseinander setzen, wie dieselben construirt sind und daran einige Anwendungen knüpfen. Aus Materialien, wie Torf, Holz, Braunkohlen, Steinkohlen etc., kann durch Ein wirkung von Wärme ein gewisser Procentsatz an Bestandtheilen aus dem festen in den gasförmigen Zustand übergeführt werden, während der Rest der betreffenden Materialien im festen Zustande zurückbleibt. Den hierbei stattfindenden Vorgang nenne ich Entgasung. Die Entgasung er fordert also Wärme und mufs behufs der flüchtigen, brennbaren Bestandtheile (Ammoniak, Kohlenwasserstoffe etc.) unter Abschlufs der atmosphärischen Luft stattfinden. Die Räume, in welchen die Entgasung vorgenommen wird, nenne ich Entgasungs räume. Der Betrieb derselben war bisher nur intermittirend (z. B. bei Koksöfen, Retorten für Leuchtgasfabrication etc.). Es ist mir gelungen, Entgasungsräume zu construiren, welche continuirlichen Betrieb ermöglichen. Zu dem Ende werden die zu entgasenden Materialien durch mechanische Beschick vorrichtungen an einer Seite der Entgasungsräume A, der Beschickseite, continuirlich eingeprefst und bewegen sich in denselben, bei Einführung fernerer Materialien, allmählich voran. Es werden durch die Beschickvorrichtung alle die Widerstände überwunden, welche sich der Voranbewegung des zu entgasenden Materials entgegenstellen, und wird zugleich ein diesen Widerständen entsprechender Druck auf das Material ausgeübt. In der Umgebung, den Räumen C und D, den Zügen d, e und f (s. Bl. I) der Entgasungsräume, circuliren continuirlich heifse Verbrennungsproducte, deren Wärme durch die Wände der Entgasungsräume auf das Material continuirlich einwirkt. Infolge dieser Einwirkung von Wärme wird das Material, wie schon oben bemerkt, zerlegt in feste und gasförmige Producte, d. h. wird entgast. Die verschiedenen Producte werden getrennt gewonnen. Die Entgasungsräume mit continuirlichem Betriebe lassen sich anwenden: 1. als Apparate für Abdestillation von festen, sowie Mischungen von festen und flüssigen Materialien (z. B. Leuchtgasfabrication), Bl. 1 Fig. 1 bis 4, 2. als Apparate für Sublimation (Zinkfabrication), 3. als Koksöfen mit oder ohne Gewinnung der Nebenproducte, als Oele, Theer, Ammoniak u. s. w., Bl. 1 Fig. 5 bis 8, 4. als Generatoren, Bl. 1 Fig. 9 bis 12. Um dies zu erläutern, nehmen wir an, es handle sich um Entgasung von Steinkohlen. Wenn man aus den Entgasungsräumen A die Gase abzieht und einen Theil der erzielten Koks oder ein anderes Brennmaterial in der Umgebung der Entgasungsräume verbrennt, so hat man einen Destillationsapparat z. B. für Leuchtgasfabrication. Bl. 1. Wenn man die aus den Entgasungsräumen A kommenden Koks abzieht und die Gase direct in die Umgebung der Entgasungsräume führt und hier verbrennt, hat man Koksöfen ohne Gewinnung von Nebenproducten. Blatt I, Fig. 5, 6 und 7. Wenn man aus den Entgasungsräumen A die Koks abzieht, die Gase erst zur , Condensation und dann wieder zurück zu der Umgebung der Entgasungsräume zur Verbrennung führt, hat man Koksöfen mit Gewinnung der Nebenproducte. Bl. I Fig. 8. Wenn man die aus den Entgasungsräumen A kommenden Koks in die Ver gasungsräume B, BI. I, unter Zutritt von Luft in Kohlenoxyd überführt und dies Gas mit den aus dem Entgasungsraum austretenden Kohlenwasserstoffen mischt, also das gesammte Brennmaterial in Gas überführt, so hat man einen Generator mit getrennter Ent- oder Vergasung. Die Vergasung, die Ueberführung der festen Producte der Entgasung in brenn bare Gase erfordert, im Gegensatz zu der Entgasung, keine Wärme, sondern erzeugt solche; die Vergasung kann nicht bei Abschlufs von Luft stattfinden, sondern diese ist, neben dem zu vergasenden Material, ein Erfordernifs der Vergasung. Allgemeine Die Entgasungsräume mit continuirlichem Betriebe werden je nach dem Zweck, Anordnung, welchem sie dienen sollen, in einer Ebene nebeneinander, übereinander oder einander gegenüber, oder in verschiedenen Ebenen neben- und übereinander angeordnet, und kann dabei die Achse derselben in einer geraden oder gekrümmten Ebene liegen. Dabei können die Achsen der einzelnen Entgasungsräume parallel zu einander sein oder divergiren, so dafs sie einen Ring oder einen Theil eines Ringes bilden. 1.2 3