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März 1882. STAHL UND EISEN. Nr. 3. 118 Art von Patenten erlassen sind. Die Frage der Neu heit ist bezüglich solcher Patente nach der Zeit, wo die Erfindung zuerst im Inlande einen Schutz erlangte, im übrigen lediglich nach den allgemeinen Bestim mungen des Reichs-Patentgesetzes zu beurtheilen. — Der in einer Patentschrift gemachte Vorbehalt »anderer Anwendungen dieses Mechanismus« ist, soweit es sich blofs um eine Anwendung der patentirten Vorrichtung handelt, bedeutungslos, soweit es sich um eine Ver besserung der Erfindung handelt, zur Erlangung eines Patentschutzes ungenügend. — Hinsichtlich der zur Begründung eines Nichtigkeitsantrages erforderlichen Thatsachen liegt die Beweislast dem Nichtigkeits kläger ob. Um ein rechtswidriges Verhalten des Erfin ders im Sinne des § 10 Nr. 2 des Patentgesetzes dar-- zuthun, genügen nicht allgemeine Behauptungen; es mufs der Thatbestand der rechtswidrigen Entnahme genau nachgewiesen werden. Ein sogenanntes Zusammensetzungspatent be steht zu Recht, wenn dasselbe auch einzelne bereits bekannt gewesene Theile enthält. Das Zusammen setzungspatent schützt nicht einzelne Theile, wenn dies nicht ausdrücklich in der Patentschrift zum Aus drucke gebracht ist, und in dem Nichtigkeitsverfahren kann ein solcher Schutz nicht nachträglich ausge sprochen werden. Inwieweit Abweichungen im einzelnen die unter Patentschutz gestellte Combination beeinträchtigen, ist nach Lage des concreten Falles zu beurtheilen. Eigenschaften eines Gegenstandes, welche weder aus der zur Patentirung eingereichten Beschreibung, noch aus der Zeichnung erkennbar sind, stehen nicht unter Patentschutz. Der Nichtigkeitsantrag auf Grund des § 10 Nr. 1 des Patentgesetzes kann von jedermann ge stellt werden. Derselbe Kläger kann den einmal rechts kräftig zurückgewiesenen Nichtigkeitsantrag wieder holen, wenn letzterer auf neue Thatsachen gestützt wird. Die Erweiterung des Nichtigkeitsantrages ist nach Analogie des § 240 der Givil-Procefs-Ordnung im Laufe des Nichtigkeitsverfahrens zulässig. Im Nichtigkeitsverfahren ist eine Aenderung des Klagefundamentes (§ 10 Nr. 1, bez. Nr. 2) zulässig, wenn der Beklagte einwilligt, bezüglich sich in einer mündlichen Verhandlung auf die abgeänderte Klage einläfst. Wird der in der Klage angegebene Nichtigkeits grund nicht verändert, so ist der Nichtigkeitsrichter an die Beweisanträge der Klage nicht gebunden. Es steht in seinem Ermessen, welche Thatsachen eine Beweisaufnahme überhaupt erheischen, er kann seine eigene Kenntnifs von einschlagenden Thatsachen in Betracht ziehen, er kann auch das vom Beklagten an die Hand gegebene Material selbst zu Ungunsten des letzteren verwerthen. Stellt der Gegenstand des Patentes eine der Haupt sache nach bekannte Construction dar und sind die Unterschiede von dem Bekannten nicht deutlich hervorgehoben, so unterliegt das Patent der Nichtig keitserklärung. Es fehlt an einer gesetzlichen Bestimmung, wonach ein Patent deshalb nichtig sein mufs, weil auf eine vorher angemeldete gleiche Erfindung ebenfalls ein Patent ertheilt worden ist, da in der Anmeldung noch keine Offenkundigkeit der Erfindung liegt. Aus der Undeutlichkeit ist ein Nichtigkeitsgrund nicht herzuleiten. In einem Patentprocesse ist der Verklagte von der Anklage wegen Zuwiderhandlung gegen §34 des Patentgesetzes freigesprochen. Nach Annahme des Gerichtes lag objectiv eine Patentverletzung vor, die Umstände berechtigten aber zu der Annahme, dafs der Angeklagte sich über die Tragweite des Patentes in einem entschuldbaren Irrthum befunden habe, dafs deshalb ein vom Gesetz erfordertes wissentliches Zu widerhandeln nicht vorliege. Darüber, ob ein Patent mit Recht oder Unrecht ertheilt ist, steht dem Gerichte keine Entscheidung zu. Ein wegen Patentverletzung schwebendes gericht liches Verfahren ist nicht deswegen auszusetzen, weil der Angeklagte einen auf Nichtigkeitserklärung ge richteten Antrag bei dem Patentamte eingebracht hat. Eine Berufung, welche blofs gegen die Entschei dungsgründe des Patentamtes gerichtet wird, ist un statthaft. Begriff der öffentlichen Benutzung. — Soweit ein Patent in zu weitem Umfange ertheilt ist, ist dasselbe auch förmlich für nichtig zu erklären; es genügt weder eine entsprechende Auslegung in den Entscheidungsgründen, noch ein Anerkenntnifs des Patentinhabers. Ein Patentanspruch darf nur aus sich selbst und dem übrigen Inhalt der Patentschrift ausgelegt werden, sonstige Aeufserungen des Patentinhabers über den Inhalt des Patentes sind nicht mafsgebend. Wenn entgegen dem § 3 nicht dem ersten, son dern einem späteren Anmelder oder nacheinander zwei Personen'dasselbe Patent ertheilt ist, so ist hieraus ein Nichtigkeitsgrund nicht abzuleiten. Die Rechtsbeständigkeit eines Patentes kann im allgemeinen weder durch die frühere Veröffentlichung eines theoretischen Lehrsatzes, noch durch die der praktischen Construction eines nach diesem Lehrsatz ausgeführten Beispiels in Frage gestellt werden. Wird bei einem im ganzen neuen Verfahren theil weise ein bekanntes Verfahren angewandt und letz teres in dem das erstere behandelnden Patentansprüche mit erwähnt, so liegt hierin nur eine umfassende und übersichtliche Formulirung des Patentanspruchs, aber kein Nichtigkeitsgrund. Proben zur Feststellung der Leistungsfähigkeit und Verwendbarkeit eines erfundenen Gegenstandes sind nicht als eine öffentliche Benutzung anzusehen, na mentlich nicht, wenn die Proben vor einem geschlos senen Kreise von Personen und ohne Erläuterung und Prüfung der Details des Gegenstandes stattgefunden haben. — Soweit es sich um die Frage handelt, ob der vom Kläger behauptete Nichtigkeitsgrund in that- sächlicher Beziehung zutrifft, ist das Patentamt an die Beweisanträge der Parteien nicht gebunden. Die Thatsache, dafs die eine Maschine durch Hand, die andere durch Dampf betrieben wird, bedingt der Regel nach erhebliche Constructionsunterschiede, welche eine Patentirung ermöglichen. — Ist ein Fabrications- mittel patentirt, so steht der Aufrechterhaltung des Patentes nichts entgegen, wenn das Fabricat schon früher bekannt gewesen ist. — Ist eine Maschine pa tentirt und sind die Vorarbeiten in einem geschlos senen Raume vorgenommen, so kann daraus, dafs einige Personen von der Maschine Kenntnifs genom men , nicht abgeleitet werden, dafs dieselbe schon zu der Zeit bekannt gewesen sei. Bleibt die Kenntnifs auf einen bestimmten Per sonenkreis beschränkt, so liegt darin noch keine Offen kundigkeit.