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Juni 1890. .STAHL UND EISEN.S Nr. 6. 515 wäre, überhaupt nicht darstellen. Man erzeugte Stahl mit mehr als 0,3 % Kohle und gewöhnlich noch höherm Mangan- als Kohlenstoffgehalt. Dafs dieser gegen den Einflufs des Phosphors empfindlicher sei, ist nach dem früher Gesagten selbstverständlich. Vornehmlich erst durch die Einführung der basischen Verfahren erhielten wir die Möglichkeit, mit Leichtigkeit ein weiches, geschmeidiges Flufs- eisen zu erzeugen mit so niedrigem Phosphor gehalt, wie er im Schweifseisen nur dann gefunden wird, wenn man die vorzüglichsten Roheisen sorten für die Herstellung verwendete. Die Folge davon ist nun nicht etwa, dafs dieses weiche Flufseisen jenem phosphorarmen Schweifseisen gleichwerthig zur Seite steht, sondern dafs es dieses in seinem mechanischen Verhalten — richtige Behandlung vorausgesetzt — ganz er heblich übertrifft. Ein Blick in die Ziffern der vom Verein deutscher Eisenhüttenleute aufge stellten Lieferungsvorschriften giebt den deutlichsten Beweis für die verschiedenen Ansprüche, die man an die beiden Eisengattungen stellt. Gewöhn liches, sehniges Schweifseisen, dessen wirklicher Phosphorgehalt (nach Abrechnung des Schlacken phosphors) doch selten über 0,25 % hinausgehen dürfte, wird bei der Prüfung auf Festigkeit und Zähigkeit einem weichen Flufseisen mit 0,1 % oder weniger Phosphor stets nachstehen; aber auch Schweifseisen, dessen Phosphorgehalt nicht höher ist als der des weichen Thomas- oder Martineisens, übertrifft dieses weder an Festigkeit, noch an Zähigkeit, sondern steht durchschnittlich hinter ihm zurück, sofern das Flufseisen nicht etwa andere Fremdkörper (Mangan, Schwefel) in allzu reichlichen Mengen enthält. Wenn man beobachtet haben will, dafs auch im Clapp - Griffiths - Eisen ein höherer Phosphor gehalt zulässig sei als im gewöhnlichen Bessemer metall , so dürfte — die Richtigkeit dieser Be obachtung vorausgesetzt — die Erklärung dafür ebenfalls in dem Umstande zu suchen sein, dafs auch jene Eisengattung, in niedrigerer Temperatur und bei eisenreicherer Schlacke erzeugt, neben seinem Phosphorgehalt durchschnittlich kleinere Mengen die Sprödigkeit steigernder Körper — insbesondere Silicium und Kohle — enthält, als das durch das gewöhnliche Verfahren gewonnene Bessemereisen. Oder will man annehmen, dafs auch im Clapp-Griffiths-Eisen ein Theil des durch die Analyse gefundenen Phosphorgehalts nicht als Phosphor, der mit dem Eisen verbunden ist, sondern als gelöstes Phosphat zugegen und als solches der Beeinflussung des Verhaltens des Eisens entzogen sei? Die Ansicht hat im ersten Augenblick manches Bestechende, aber es sprechen doch gewichtige Gründe dagegen. Finkener hat nachgewiesen, dafs zwar Eisen- oxydulphosphate, deren Phosphorgehalt höher und deren Eisengehalt niedriger ist als der des drei basischen Phosphats (3FeO, P2Os), durch metallisches Eisen reducirt werden können (Wed ding : Der basische Bessemer- oder Thomasprocefs, Seite 153), dafs aber jenes dreibasische Phosphat nicht mehr reducirt wird, wenigstens nicht in der Temperatur, welche Finkener anwendete (Sinter temperatur). Es ist hiernach wie nach den all gemeinen Gesetzen der Metallurgie nicht zu bezweifeln, dafs noch eisenreichere Phosphate auch in der Temperatur der Clapp-Griffiths-Birne nicht durch metallisches Eisen zerlegt werden. Wir wissen ferner, dafs kohlenstoff- und mangan armes Flufseisen Eisenoxydul in gewissen Mengen zu lösen vermag; es ist demnach mindestens sehr wahrscheinlich, dafs solches Eisen auch als Lösungsmittel für jene eisenreichen Phosphate dienen kann, sofern die Bedingungen für deren Entstehung gegeben sind, wie es beim Clapp- Griffiths-Verfahren der Fall ist. Solches oxydul- haltige Metall aber ist seines Rothbruchs halber unbrauchbar, und nach dem Blasen folgt deshalb der Manganzusatz. Das Eisenoxydul wird zer stört; ob aber, wenn ein Eisenphosphat gelöst gewesen war, an dessen Stelle ein gelöst bleibendes Manganphosphat entstehe, oder ob auch der Phosphor reducirt werde, ist bis jetzt nicht mit Sicherheit nachgewiesen worden. Man weifs zwar, dafs selbst aus den stark basischen Schlacken des Thomasprocesses beim Manganzusatz Phosphor in das Eisen zurückgeführt werden kann, pflegt aber diesen Vorgang weniger der Einwirkung des Mangans als des in der zugesetzten Legirung enthaltenen Kohlenstoffs zuzuschreiben. Ist diese Anschauung richtig, so würde es bei Anwendung manganreicher Eisenmangane (welche den Kohlen stoffgehalt des Bades weniger anreichern) und in anbetracht der starken Verdünnung der in Be tracht kommenden Körper nicht ganz undenk bar sein, dafs ein Theil der im Bade vorhandenen Phosphorsäure unreducirt bleibe, zumal, wenn nach dem Zusatze rasch das Ausgiefsen erfolgt. Professor Cheevers schon erwähnte Versuche sprechen indessen nicht gerade für die Wahr scheinlichkeit dieser Theorie. Ermittelt man bei den auf Seite 182 des Jahrgangs 1888 dieser Zeitschrift mitgetheilten Versuchsergebnissen das Verhältnifs des beim Erhitzen im Chlorstrom im Rückstand bleibenden Phosphors zu dem Ge- sammtphosphorgehalt, so zeigt sich, dafs bei sämmtlichen Versuchen mit Bessemermetall durch schnittlich 1/6, mit Clapp-Griffiths-Metall dagegen nur 1/7 des gesammten Phosphors im Rückstand hinterblieb. Auch wenn man nicht jenes Ver hältnifs dem Vergleich zu Grunde legt, sondern die wirklichen, im Rückstand verbleibenden Phosphorgehalte einander gegenüberstellt, zeigt sich kein sehr grofser Unterschied: beim Bes semermetall betrug dieser Phophorgehalt durch schnittlich 0,02%, beim Clapp - Griffiths-Metall 0,04 %. Der Unterschied von 0,02 % ist nicht