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werden müsse, war nach Allem, was man über den Einflufs des Siliciums wufste, zweifellos; vereinzelte Anwendungen dieser Einwirkung waren zur Erreichung bestimmter Zwecke auch bereits in einzelnen deutschen Eisengiefsereien gemacht worden, ohne dafs man ihnen jedoch einen be sonderen Werth beigelegt hätte. Man fand den Zusatz von Siliciumeisen kostspieliger als die Anwendung gewöhnlichen Graueisens. Einige Ueberraschung verursachte es daher, als F. Gautier aus Paris im Herbst 1886 auf dem »Iron and Steel Institute« einen Vortrag über die Anwendung des Siliciumeisens hielt und dabei erwähnte, dafs man auf Grund von Versuchen, welche er selbst veranlafst hatte, in Frankreich bereits anfinge, das schottische Giefsereiroheisen durch Mischungen zu ersetzen, welche durch Zusatz von Ferrosilicium zu weifsem Roheisen, Alteisen oder Brandeisen gebildet waren (»Stahl und Eisen« 1887, Seite 562). Es ist leicht begreiflich, dafs sich alsbald die Reklame des Gegenstandes bemächtigte. Zwischenhändler versandten Rundschreiben an die Eisengiefsereien mit der Versicherung, dafs bei Anwendung von Siliciumeisen alles kost spielige Giefsereiroheisen entbehrlich werde, er- theilten sogar Recepte — man verzeihe das Fremdwort — für die Benutzung des Silicium eisens und empfahlen sich selbst natürlich zur Besorgung dieses Materials. Unter diesen Umständen beschlofs der Verein deutscher Eisengiefsereien im Herbst 1887, durch Anstellung einiger Schmelzversuche, welche auf der Königlichen Eisengicfserei zu Gleiwitz unter Leitung des Hrn. Bergrath Jüngst angestellt werden sollten, die Verwendbarkeit des Silicium eisens für die Eisengiefserei näher zu erproben. Durch eine vom Herrn Minister für öffentliche Arbeiten aus Staatsmitteln gewährte Beihülfe zu der vom Verein für die Kosten der Versuche bewilligten Summe wurde die Möglichkeit gegeben, nicht allein die Versuche in sehr umfassender Weise auszuführen, sondern auch ihre praktischen Ergebnisse durch wissenschaftliche Untersuchungen zu ergänzen, so dafs hier eine in jeder Beziehung werthvolle Arbeit geliefert werden konnte. Ein sehr ausführlicher Bericht über die an gestellten Versuche und die aus ihnen sich er gebenden Schlufsfolgerungen, welchem zur besseren Verdeutlichung neun grofse Steindrucktafeln mit Abbildungen und Schaulinien beigegeben sind, ist von Jüngst an dem in der Ueberschrift ge nannten Orte erstattet worden. Dem Wunsche der Redaction dieses Blattes Folge gebend, ge statte ich mir, in Folgendem die wesentlichsten Ergebnisse jener Versuche auszugsweise mitzu- theilen und zu besprechen. Im Ganzen sind 53 Versuchsschmelzen aus geführt worden. Als Material dienten 3 Sorten Siliciumeisens mit 5,3 bis 14,3 % Silicium; 3 Sorten weifsen Roheisens mit 0,33 bis 0,85 % Silicium, 0,52 bis 3,93 % Mangan, 2,76 bis 3,93 % Kohlenstoff, 0,91 bis 1,07 % Phosphor; 3 verschiedene Sorten Brucheisens mit 2,05 bis 3,38 % Silicium; 2 Sorten Brandeisens (Topf scherben und Roststäbe); 7 Sorten Graueisens mit 1,06 bis 3,02 % Silicium, 2,77 bis 3,43 % Kohlenstoff, 0,68 bis 2,01% Mangan, 0,10 bis 1,49 % Phosphor; endlich Schmiedeisenabfälle mit 0,10 % Kohle und 0,07 % Phosphor. Aus der chemischen Zusammensetzung der einzelnen gemeinschaftlich eingeschmolzenen Eisen arten wurde die durchschnittlich chemische Zu sammensetzung jedes Einsatzes berechnet, und durch besondere Untersuchung wurde alsdann die Zusammensetzung des ungeschmolzenen Eisens ermittelt. Für die Schmelzversuche diente ein Ibrügger- Cupolofen von 700 mm Durchmesser, welcher 4 t geschmolzenes Eisen in der Stunde lieferte. Sämmtliche Versuche wurden unter genau den gleichen Verhältnissen durchgeführt. Man schmolz, um in allen Fällen möglichst dieselbe Temperatur zu erhalten, zunächst 1,5 t Roheisen für gewöhn liche Betriebszwecke, setzte dann eine leere Gicht und auf diese die zu untersuchende Beschickung in Gichten von je 45 kg Koks, 500 kg Roheisen und 5 kg Kalkstein. Sobald das Eisen ge schmolzen war, liefs man es in eine Pfanne von 1,5 t Inhalt ablaufen und gofs daraus in stets der nämlichen Reihenfolge nachstehend genannte Gufsstücke: Dachplatten, Bratofenplatten, Falz platten, Schüsselofen, Achsbüchsenlager, Probe stäbe für Ermittlung der Biegungsfestigkeit (heifs gegossen), quadratische Platten 1 m lang und breit in Kastengufs, ebensolche Platten in Herd- gufs (beide Sorten Platten für Ermittlung der Schlagfestigkeit), Probestäbe für Ermittlung der Zugfestigkeit, Keilstücke zur Beurtheilung des Gefüges, Riemenscheiben, ein Winkelgetriebe, ein Stirnrad (die Riemenscheiben und Getriebe zum Vergleiche der Schlagfestigkeit durch Eintreiben eines Dorns in die Nabe bis zur Zersprengung der Stücke und Verzeichnung der hierfür erfor derlichen Anzahl Schläge), einen Kolbenring, eine zweite Reihe von Probestäben für Ermittlung der Biegungsfestigkeit, aus matterem Eisen ge gossen, eine Stopfbüchse, Cylinderdeckel, ein Winkelstück (zum Vergleiche der Neigung zum Saugen). Die Probestäbe für Ermittlung der Biegungsfestigkeit wurden in getrockneter Form stehend bei steigendem Eisen, die übrigen Gufs stücke in grünem Sande gegossen. Sämmtliche Abgüsse blieben während der Nacht in der Form, um langsam zu erkalten. Aufser den genannten regelmäfsig gegossenen Gegenständen wurden Abgüsse mannigfacher Art im Gewichte von 0,4 bis 4850 kg gefertigt und theilweise auf Hobel-, Bohr- und Drehbänken bearbeitet. Aus ihrem Verhalten hierbei und der