Volltext Seite (XML)
April 1890. STAHL ÜND EISEN. zusammengespannt, die 6 bis 8 el in achtstündiger Schicht Nettoverdienst haben, und das giebt sehr falsche Durchschnittslöhne! In den veröffent lichten Listen mufs demnach die Möglichkeit gegeben werden, zum Verständnifs der Durch schnittszahlen diese Lohnkategorieen nach der Kopfzahl und nach ihren Bezügen zu unter scheiden. Desgleichen sind correcte und zu- verlässsige Angaben über die Schichtdauer absolut unerläfslich, wenn nicht dem gröbsten Mifsbrauch Thür und Thor geöffnet werden soll. Was heifst das, wenn die Schichtdauer in Ober schlesien auf 10 bis 12 Stunden, in Nieder schlesien auf 8 bis 10 Stunden, im Harz auf 10,3 bis 12 Stunden, in Dortmund auf 6 bis 9 Stunden (in 1888 sogar 6 bis 12 Stunden!!), in Saarbrücken auf 9 bis 12 Stunden angegeben wird? Und was heifst es, wenn dann in einem »Auszug«, der diese verwunderlichen Angaben über die Schichtdauer ganz ignorirt, in einer andern officiösen Zeitung gesagt wird, es ver dienten demnach im Steinkohlenbergbau die Leute pro Kopf und Schicht an reinem Lohn im Jahre 1885: im Oberbergamtsbezirk Dortmund . •K 3.05 in Saarbrücken „ 3,24 Sieht das nicht aus, als ob es heifsen sollte, Saarbrücken sei bezüglich seiner Löhne bereits Musteranlage und dem westfälischen Bergbau bezirk um so und so viel vor? Wenn dies die Absicht gewesen sein sollte, müfsten wir kurz erwidern, dafs die Unrichtig keit dieser Behauptung schon verschiedentlich in der Presse und aufserdem hat nachgewiesen werden müssen, dafs die zähe Ausdauer, mit welcher diese incorrecte Gruppirung trotzdem immer wieder an denselben officiösen Stellen auf tritt, zu immer wiederholten und immer schär feren Protesten gegen ein Verfahren nöthigt, welches zu einer sehr herben Kritik Veranlassung geben müfste, wenn wir nicht jetzt begründete Hoff nung haben dürften, dafs wir am Ende dieser Art von »Lohnstatistik« angekommen sind. Saarbrücken hat früher als Regel und noch den gröfseren Theil des Jahres 1889 lOstünd. Schicht gehabt, erst am 17. wurde amtlich festgesetzt, dafs die Schicht „ausschliefslich Ein- und Ausfahrt nicht länger als 8 Stunden dauern soll.“ Das erst ist die alte »von den Vätern ererbte« westfälische Schicht, es ist also völlig irreleitend, wenn dem unwissenden Publikum — und in dieser Sache dürften die anständigsten Leute unwissend sein und sind es auch reichlich — amtlich vorerzählt wird, dafs die Saarbrücker Bergleute in der gleichen (denn da die Ungleichheit nicht markirt wird, nimmt jeder ehrliche Mann an, dafs die Vergleichs objecte ohne weiteres vergleichbar sein müssen) Arbeitszeit nicht unerheblich mehr verdienten als die Westfalen. Diesem Irrthum des Publikums würde nicht nur durch die p fli c h tm äfsige Angabe der thatsäch liehen Schichtdauer (die amt liche Veröffentlichung giebt völlig unbrauch bare Daten für Westfalen, wo die feste Schicht 8 Stunden, Ein- und Ausfahrt ausgeschlossen, mit derselben also 81/2 Stunden beträgt, 6 bis 9 Stunden!), sondern auch durch den auf dem amtlichen Fragebogen ausdrück lich ermittelten Quartalsverdienst des einzelnen Arbeiters entschieden vorgebeugt worden sein und werden, und es ist des halb doppelt auffällig, dafs in den Veröffent lichungen anstatt dieser wichtigen Angaben eine in dieser Weitläufigkeit unnöthige Statistik über Beiträge für Knappschafts-Krankenkassen, u. s. w. eingesetzt ist! Würde man sowohl den Gesammtver- dienst pro Jahr oder Quartal als auch den Arbeitsertrag pro Stunde, wie das eine ge wissenhafte Statistik mufs, ebenfalls in Rech nung ziehen, so würde sich für Saarbrücken und Dortmund folgendes kleines Tableau er geben : 1889 Durchschnittszahl der Reiner Durchschnittslohn eines Arbeiters Arbeiter pro Kopf und Jahr verfahrenen Schichten Dauer der Schicht ind. Ein- und Ausfahrt Stunden Gesammt- Lohn summe « pro Schicht « pro Stunde 2 pro Jahr e« Saarbrücken .... Dortmund 25 666 112 171 289 308 93/4 81/2 23 947 936 105 475 584 3,24 3,05 33,2 35,9 936 939 Wir versichern hiermit auf das bestimmteste, dafs wir jeder weiteren Verdrehung dieser Lohnverhältnisse den allerschärfsten Krieg er klären werden. Dazu bestimmt uns nicht eine nervöse Gereiztheit, nicht ein particularistisches Westfalenthum, sondern die Ueberzeugung, dafs unsere Arbeiterverhältnisse, wie die amtliche Untersuchung gezeigt hat, zwar die Wahrheit durchaus nicht zu scheuen haben, aber wie die Wahlen mit erschreckender Deutlichkeit ge zeigt haben, das Gegentheil derselben ab solut nicht vertragen können.