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April 1890. Hoteliers und Restaurateuren und nicht in letzter Linie die gar Manchem unerträgliche Leere des Knopflochs bei jener privaten Initiative eine grofse Rolle. Terrain-Speculanten zu bereichern, Hoteliers und Restaurateuren die Gäste- zuzuführen und das Decorationsbedürfnifs Ordens- und titel süchtiger Männer befriedigen zu helfen, hat die deutsche Industrie aber ganz und gar keine Ver anlassung. Sie wird auch an einer Förderung des in Berlin geplanten Unternehmens um so weniger Freude haben, als die »Ausstellungs- müdigkeit« in den letzten Jahren nicht nur nicht abgenommen, sondern wesentlich zugenommen hat. Dazu haben die Ausstellungen in Amster dam und Antwerpen, vor Allem auch die »grofse Kirmes« in Brüssel redlich das Ihrige beigetragen. Aber es kommt noch ein wesentlich anderer, viel gewichtigerer Grund hinzu, gegen ein derartiges Unternehmen Stellung zu nehmen. Es gehört unseres Erachtens schon eine normale Dosis optimistischer Weltanschauung dazu, wenn man die Zeit, in der wir leben, nicht für eine furcht bar ernste zu halten geneigt ist. Im Innern unseres Landes harren, so schrieb neulich selbst | ein Berliner Blatt, so viele der höchsten wirth- schaftlichen und sittlichen Aufgaben der Er ledigung, für welche es sich mehr lohnt, die Kräfte eines Volkes einzusetzen, als für äufseren Glanz und für prunkhafte Schaustellungen. Wir meinen, gerade der Kopf der deutschen Indu striellen sei heute mit ganz anderen Gedanken an gefüllt als mit solchen, die sich auf Veranstaltung von Ausstellungen beziehen. Die Vorgänge der letzten Tage und Wochen lassen uns doch wahr haftig nicht gerade mit jubelndem, sorgenfreiem Herzen in die Zukunft blicken, die der deutschen Industrie noch sehr schwere Stunden bringen kann. Möge letzteres ein freundliches Geschick verhüten; aber in solcher Stimmung, wie sie die heutige ist, an die Veranstaltung von Schau stellungen zu denken, will uns wenig passend und noch viel weniger nützlich erscheinen. Und wir sind überzeugt, dafs diese unsere Ansicht von dem bei weitem gröfsten Theile der deutschen Industrie gut geheifsen werden und allerorten die Erklärung hervorrufen wird: „Wir wollen für die nächsten Jahre keine deutsche nationale Aus stellung!“ Dr. W. Deitmer. Die amtliche Statistik Am 11. März gingen amtliche Veröffent lichungen über die Bergarbeiterlöhne im Jahre 1889 durch den »Staatsanzeiger« und die Presse, die wir angesichts der grofsen Wichtigkeit, welche dieses Kapitel gerade zur Zeit besitzt, nicht un besprochen und nicht uncorrigirt lassen dürfen. Wir nehmen vielmehr Veranlassung, dem neuen Herrn Handelsminister, zu dessen Ressort von jetzt ab der Bergbau gehören wird, die recht dringende Bitte vorzutragen, dafs er der so sehr wichtigen Statistik der Montanindustrie ein recht wohlwollendes Interesse zuwende; sie bedarf dessen ganz aufserordentlich. Zunächst fehlt es offenbar an zureichenden Arbeitskräften; im An fang December 1889 ist das erste, und Mitte März 1890 endlich das zweite, dritte und letzte statistische Heft des 37. Bandes der »Zeitschrift für Berg-, Hütten- und Salinenwesen« erschienen, welcher das Jahr 1888 unserer Zeitrechnung behandelt! Das ist mehr als ein volles Jahr zu spät! Als im Mai vorigen Jahres die Streiks aus brachen, reichte die Lohnstatistik der Bergbehörden erst bis Ende December. Dadurch allein war der grobe Unfug möglich, der seitens der Social demokratie mit falschen Lohnangaben getrieben wurde. Wenn wir recht berichtet sind, mufste über die während und nach der Streikzeit so aufser ordentlich wichtigen Angaben bezüglich der Löhne Iber Bergarbeiterlöhne. sogar hohen Regierungsbehörden die erbetene Auskunft versagt werden! Da fragt man doch nicht mit Unrecht, zu welchem Zwecke solche statistische Angaben den Werken überhaupt ab verlangt werden. Aber auch aufser der viel zu langen Zeit, die auf die Herstellung verwandt wird, läfst auch die Einrichtung der Listen und die Form der Veröffentlichung namentlich der neuer dings in etwas kürzeren Zwischenräumen publi- cirten vierteljährlichen Lohnstatistik recht viel zu wünschen übrig. Nicht nur sind die jetzigen Erhebungen infolge veränderter und verkürzter Fragebogen rückwärts in sehr wünschenswerthen Relationen nicht mehr vergleichbar, auch die Lohngruppen, die man innerhalb der Belegschaften gebildet hat, lassen ein richtiges Bild der Lohn verhältnisse nicht hervortreten ; die erste Klasse z. B. heifst: „Unterirdisch beschäftigte eigentliche“ „Bergarbeiter (Aus- und Vorrichtung, Abbau und „Förderung).“ Früher war diese Klasse bezeichnet: „Kohlen- und Gesteinhauer und die mit diesen im „Gedinge arbeitenden Bohrhauer und Schlepper“ (ob diese verschiedenen Ueberschriften sich decken oder nicht, ist nicht ersichtlich). Sie umfafst unge fähr zwei Drittel der Belegschaft, aber darunter sind Pferdejungen, die 1,50 bis 2,00 6 ver dienen, mit Schleppern zu 2 bis 3 •6 und Hauern