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So wie also infolge der Ausdehnung und der Mischung mit der umgebenden Luft jene Gase sich abkühlen, tritt eine sehr bedeutende, häufig ebenfalls zerstörend wirkende Druck verminderung ein. Obige Dampfexplosion aber entstand durch massenhafte Bildung von Wasser dampf, dessen Temperatur zunächst niedriger, jedenfalls nicht höher als die der einschliefsenden Wände war. Der Ueberschufs des gebildeten Dampfes entwich nun durch alle Oeffnungen, bis die Spannung im Ofen und aufserhalb gleich grofs war. Der Rest des Dampfes aber, der im Ofen blieb, hatte gar keinen Grund »sehr bald zu verschwinden« ; wie? ist von Hrn. Haedicke nicht gesagt, wohin? auch nicht. Soll er sich an den glühenden Ofenwänden etwa zu Wasser condensirt haben? Damit fällt aber Hrn.Haedickes ganze Argumentation. 2. Den Herd fanden die hypothetisch angesaugten Gase mit Wasser dampf gefüllt. Die hohe speciflsche Wärme des selben (0,48) macht aber eine Gasexplosion in ihm stets sehr unwahrscheinlich, da er ja mit auf jene Explosionstemperatur erwärmt werden mufs, und daher ähnlich wie das Drahtnetz der Sicherheitslampen bei genügender Menge jene Temperatur unter die Entzündungstemperatur er- mäfsigt, also die Fortpflanzung der Explosion inhi- birt oder wenigstens ihre Wirkung in hohem Grade abschwächt. Nebenbei bemerkt, scheint dieser Umstand auch bei der bekannten Explosion zu Friedenshütte übersehen zu sein; der notorisch zuerst aus anderen Ursachen geplatzte Kessel hat dort in seiner Nähe eine so enorme Menge Wasser dampf entwickelt, dafs mir eine am selben Orte fast unmittelbar folgende Explosion eines (ebenfalls sehr hypothetischen) Gemisches von Gichtgas und Luft unmöglich erscheint, geschweige dafs sie so zerstörende Wirkungen hätte ausüben können. 3. Wo sollen in jenem Puddelofen denn Kohlenwasserstoffe und Kohlenoxydgas in solchen Mengen und solcher Reinheit, wie jene starke Ex plosion sie erforderte, überhaupt hergekommen sein? Der Feuerraum eines Puddelofens ist kein Generator, sondern die in ihm entstehenden Gase sind bereits mit überschüssiger Luft gemischt und grofsentheils verbrannt, eine neue Luft zuführung würde also nur ihre Temperatur herab setzen, aber keine weitere Verbrennung, ge schweige denn eine solche Explosion herbeiführen können. Bei der vorhergehenden ziemlich heftigen Dampfexplosion sind ferner die im Feuerraum vorhandenen Gase grofsentheils zum Roste und Feuerloch hinausgedrückt worden (Befund S. 206 b), vor der Dampfexplosion hat sich in dem glühenden Feuerraum jedenfalls kein ex plosibles Gasgemisch befunden, fast unmittelbar nachher erfolgte die zweite Explosion: man konnte sie nach dem Berichte »deutlich unterscheiden«, d. h. also zwischen beiden lagen höchstens 1 bis 2 Secunden. In dieser Zeit konnte doch dieselbe glühende Kohlenschicht nicht die zur Explosion erforderliche Menge Kohlenoxyd und Kohlen wasserstoffe liefern, die bis dahin nur unschäd liche verbrennende Heizgase geliefert, und selbst diesen kaum denkbaren Fall vorausgesetzt, so waren diese Gase glühend, verbrannten also, so wie sie mit der angeblich durch das Schummel loch angesaugten Luft in Berührung traten. Von einer vorhergehenden Mischung mit derselben und nachfolgender Entzündung — der Grundbedingung jeder Gasexplosion im Gegensatz zur ruhigen Verbrennung eines Gases — kann also gar keine Rede sein. Eben deshalb ist auch das Beispiel eines explodirenden Stubenofens irr- thümlich von Hrn. Haedicke angezogen. Ein solcher explodirt zuweilen, wenn noch bei stark glühenden oder gar frisch aufgegebenen Kohlen die Ofenthür, nicht die Klappe (letzteres wird viel eher die Gefahr einer Kohlenoxyd vergiftung hervorrufen) zu früh geschlossen wird. Der offene Kamin saugt dann durch Ritzen Luft in die kälteren Ofentheile, während im Feuerraum des Ofens infolge unvollständiger Ver brennung Kohlenoxyd, durch Destillation kürzlich aufgegebener Kohlen auch Kohlenwasserstoffe, entstehen und ebenfalls in jene kühleren Ofen theile theils diffundiren, theils, da die Ofenthür selten völlig dicht schliefst, gesaugt werden und sich so mit jener eingesaugten Luft unterhalb der Entzündungstemperatur mischen. Wird dann z. B. die Ofenthür geöffnet, solange noch glühende Kohlen vorhanden sind, oder schreitet die Mischung und Diffusion bis zu über 300 0 heifsen Ofentheilen zurück, so können die ein dringende Luft und das vorhandene Kohlenoxyd sich verbinden, also verbrennen und ihrerseits obiges explosive Gemisch in Brand setzen, also zur Explosion bringen. Die Vorbedingungen für eine solche Gasexplosion sind also fast sämmtlich das directe Gegentheil von denjenigen, die ein Puddelofen bietet. In Wirklichkeit scheint mir jene Doppel explosion auf ganz anderen Ursachen, nämlich auf den Erscheinungen und Folgen des von Hrn. Haedicke gleichfalls angeführten sphäroidalen Zustands (Leidenfrostsches Phänomen) zu be ruhen. Dieser Zustand besteht bekanntlich darin, dafs das Wasser die betreffende glühende Fläche gar nicht berührt, sondern von dem sich ent wickelnden Dampf frei getragen wird. Sinkt die Temperatur jener Fläche, so reicht die Spannkraft des Dampfes um so früher nicht mehr aus, das Wasser zu tragen, je mehr noch davon vorhanden ist. Das Wasser breitet sich in diesem Augenblicke auf der Fläche aus und es entsteht jedesmal eine deutliche Verpuffung, d. h. plötz liche Dampfbildung, die natürlich ebenfalls um so stärker auftritt, je mehr Wasser noch vor handen war. Diese erste Explosion, in deren Erklärung ich also mit Hrn. Haedicke im wesent-