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Ueber Anwendung von Siliciumeisen in der Giefserei. Nach einem von C. Jüngst in der Zeitschrift für Berg-, Hütten- und Salinenwesen Band XXXVIII, Heft 1 veröffentlichten Berichte: »Schmelzversuche mit Ferrosilicium«. Von A. Die Thatsache, dafs ein gewisser Silicium gehalt einen wesentlichen, unentbehrlichen Be- standlheil des grauen Roheisens bildet, welches weifs wird, wenn man ihm diesen Siliciumgehalt entzieht, ist längst bekannt. Schon 1848 sagt Bischof in seinem zu einer gewissen Berühmt heit gelangten Büchlein: „Die indirecte, aber höchste Nutzung der rohen Brennmaterialien“ in einer Fufsanmerkung auf Seite 13: „Man vergesse nicht, dafs der Kohlenstoff bei dem durch Si- liciummangel strengflüssig gewordenen Eisen nicht so leicht zum mechanischen Ausscheiden kommen kann“, setzt also offenbar die Bekanntschaft mit jenem Einflüsse des Siliciumgehalts auf die Graphitbildung voraus ; und im Jahre zuvor (1847) berichtet ebenderselbe im »Bergwerksfreund«, Band 12, Seite 2 über Versuche, welche von ihm „mit glücklichstem Erfolge“ angestellt worden seien, „durch Zusatz eines Kieselgehalts (zu weifsem Roheisen) die Bildung eines vollkommen grauen Eisens zu erzielen, den Manganeinflufs aber zu hemmen“. Er fügt hinzu: „Die Versuche, Stäbe von diesem Eisen zu zerbrechen, haben die bei Weitem gröfsere Haltbarkeit als des schottischen Eisens dargethan.“ 1855 veröffent lichte Professor Turner in Birmingham einige Abhandlungen über den Einflufs des Silicium gehalts auf das Verhalten - des grauen Roheisens (Annalen der chemischen Gesellschaft zu London), welche indefs in der deutschen Literatur nur wenig Beachtung fanden. Seitdem ist jedoch in zahlreichen, insbesondere deutschen, Abhandlungen und gröfseren Werken das Gesetz in bestimmtester Form ausgesprochen worden: „Ein gewisser Siliciumgehalt ist zur Bildung von Graueisen durchaus nothwendig; entzieht man dem Graueisen seinen Siliciumgehalt, so verwandelt es sich in Weifseisen; führt man ge wöhnlichem Weifseisen Silicium zu, so verwan delt es sich in Graueisen.“ In der Praxis scheint man trotzdem, fufsend auf veralteten Ueberlieferungen, jener hochwich tigen Rolle des Siliciums im grauen Roheisen- nicht immer die gebührende Aufmerksamkeit zu gewendet zu haben. Noch im Anfänge der achtziger Jahre verkauften auch manche deutsche Hochofenwerke ein bei heifsgaarem Gange des Hochofens unbeabsichtigt entstandenes Roheisen mit 3 bis 4 % Silicium seiner feinkörnigeren Bruchfläche halber als Roheisen Nr. III, während es, wenn es seiner chemischen Zusammensetzung nach beurtheilt und verwendet worden wäre, I Ledebur. /Nachdruck verboten.) Ges. v. 11. Juni 1870J mit mindestens dem gleichen Preise als Nr. I hätte bezahlt werden müssen, ein Umstand, wel cher mich im Jahre 1884 zu dem Vorschläge veranlafste, das Giefsereiroheisen nicht mehr nach seinem Bruchaussehen, welches zu völlig irrigen Schlufsfolgerungen führen kann, sondern nach seinem Siliciumgehalte zu sondern und zu ver kaufen (»Glasers Annalen«, Band XV, Seite 41). Noch weniger als in Deutschland scheint man in Grofsbritannien die Wichtigkeit eines Siliciumgehalts des grauen Roheisens beachtet zu haben, denn nur hierdurch erklärt sich das Aufsehen, welche einige von Professor Turner im Jahre 1886 dem »Iron and Steel Institute« vorgelegte Ergebnisse neuerer Versuche über die Rolle des Siliciums erregten (»Stahl und Eisen« 1886, Seite 503). Diese Versuche bestätigten lediglich aufs neue die schon bekannte That sache, dafs siliciumfreies Roheisen weifs, hart und spröde ist, dafs erst durch das Hinzutreten des Siliciums der Kohlenstoffgehalt zur Aus scheidung in graphitischer Form veranlafsl wird, und dafs mithin jedes für die Giefserei bestimmte Roheisen einen gewissen Siliciumgehalt besitzen mufs. Auch Wood in Middlesborough führte ähnliche Versuche aus und erhielt natürlich im wesentlichen auch die gleichen Ergebnisse. Inzwischen aber war bereits Siliciumeisen * mit einem Siliciumgehalte bis zu 17%, zunächst für die Verwendung bei der Flufseisenerzeugung bestimmt, zu einem von den Eisenhochöfen im Grofsen erzeugten Handelsgegenstande geworden. Dafs durch Zusatz solchen Siliciumeisens zu weifsem Roheisen dieses in graues umgewandelt * Die vielfach — auch in dem hier besprochenen Berichte — für die Siliciumeisenlegirung angewendete Bezeichnung Ferrosilicium halte ich für sprachlich falsch. In der Legirung ist das Eisen der Haupt- bestandtheil, nicht allein seiner Menge, sondern auch seinem Einflüsse auf die Eigenschaften zufolge. Es ertheilt der Legirung die metallische Eigenart, ihre Farbe, ihre Härte, ihren Metallglanz und andere Eigen schaften mehr. Deshalb mufs den Regeln unserer Sprache gemäfs das Wort Silicium dem Worte Eisen vorangehen. (Beispiel: Dorfkirche — Kirchdorf.) Weshalb man aber das deutsche Wort Eisen durch die lateinische Bezeichnung ersetzt hat (auch in der von Manchen gebrauchten Benennung Ferro mangan statt Eisenmangan oder Manganeisen), ist mir um so weniger verständlich, da doch selbst die Chemie nicht das Wort ferrum, sondern das Wort Eisen ver wendet. Wollten wir auf dem betretenen Wege fort schreiten, so könnte unser Vereinsblatt sich dem nächst auch »Zeitschrift für das deutsche Ferrohütten- wesen« benennen. D. V.