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Die Aussendung des Migen «Mei Von Karl Simrock. Lin hohes, freudenreiches Glück Bringt uns des Jahres kreis zurück: )er Heil'gc Geist erglänzte klar « Heut aus des Heilands Jünglingsschar. Da senkt' in jähem Schwünge sich Die Glut, die einer Zunge glich, Lieh ihre Rede Feuer sprühn And Lieb' in ihren Herzen glühn. In allen Sprachen tönt' ihr Work; bin Schreck ergriff das Volk sofort; Sie, die des heil'gcn Geistes voll. Schalt man vom Geist des Weines Dies ist geschehen wundersam, Da Passahs Fest ein Ende nahm And jener heil'gcn Tage Zeit, Die aller Schuld Erlaß verleiht. Run, güt'ger Vater, flehen wir Dich mit gesenktem Haupte hier: Des Heil'gcn Geistes Gaben send Auch uns herab vom Firmament! Der die geweihten Herzens Brunst Erquickte Deiner Gaben Gunst! Erlast uns nun der Sünden Zahl And schenk uns Frieden allzumal' AMUM'WMklMMWNsW Psingstzeit, die lieblichste Zeit des Jahres! Kein Wun der, das; an ihr so viel fröhliche Bräuche zuscnmnengckonimen sind, dasz das Fest eigentlich schon einen recht weltlichen An strich bekommen hat. Es ist mancherorts zu einem Tummel platz guter Laune und liebenswürdigen Humors geworden. Wer den Lambrechter Vock kenm, kennt einen der drol ligsten Pfingstbräuchc. Er wird sich in der fröhlichen Pfalz wohl noch lange halten, ruht er doch am der festen Grundlage eines klaren Rechtsverhältnisses, das aus eine Jahrhunderte alte Geschichte zurückblicken kann! Die Lambrechter haben nämlich'das Recht der Weidemnitzung in den Deidesheimer Waldungen, dafür aber die Pflicht, alljährlich zu Pfingsten einen Geisbock nach Deidesheim zu liefern. Man kann sich denken, daß beide Orte sich die Gelegenheit zu einem fröh lichen Volksfest dabei nicht entgehen ließen. Punkt vier Uhr morgens mußte der Geisbock in Deidesheim aus dem Markt plast stehen. Der Lambrechter Hirt führte ihn dann in feier licher Aufmachung zum Stall. Er wurde dabei mit dem schönen Lied begrüßt, das ungefähr heißt: „Der Geisbock ist gekommen. Er trägt die Hörner hoch. Er wurde ange nommen. Obwohl er nicht gut roch. Das alte Herkommen schreibt vor, daß eine Annahmeurtunde ausgestellt wird und der Führer des Bockes ein Käsbtot und eine Flasche Deides heimer erhält. Das Lambrcchter Geisbockfest wird neuer dings wieder nach altem Herkommen gefeiert, nachdem es im Krieg ausgefallen war und nachher so ein bischen in Ver gessenheit geriet. Früher einmal hat es eine heftige Fehde zwischen den Lambrechtern und den Deidesheimern gegeben. L)a hatten die Lambrechter den Bock nicht abgeliefert und die Deidesheimer hatten darauf deren Geisen die Deidesheimer Weiden gesperrt. Schließlich mußten die Lambrechter nach geben und für sieben Jahre sieben Böcke nachliefern, zu jedem «inen eigenen Führer. Manchen heiteren Brauch gibt es auch um die Schmau sereien und Zechereien» die als „Pfingstbier" bezeichnet wer den. Am drolligsten verläuft wohl das Pfingstbier im Solling. Der niederdeutsche Dichter Sohnrcy hat uns darüber Berichtet. Dort wird das Bier und Tanzfest durch überlie ferte „Bierartikel" geregelt, deren 8 2 zum Beispiel lautet: „Wer bei den ersten Tänzen raucht, den Rock oder die Kopf- dedeckung nicht abnimmt, zahlt 20 Pfennig Strafe." Wer feine „Bierjungfer" nicht gehörig zum Tanze führt, hat Strafe bis zu einer Mark zu entrichten, ja, wer mit der Bierjungfer eines anderen tanzt und die eigene vernach lässigt, hat nach 8 7 »die Todesstrafe, im Wiederholungsfall noch schärfere Maßregeln" zu erwarten. Psingstgold — Hexengold! Wie gewonnen so zerron nen, so sagt der Volksmund heute vom Pfingstgolde. Das Psingstgold war ehemals eine Opfergabe am Pfingsttage. Wie es in Verruf kam und gleichzeitig damit der Opferbrauch erlosch, das ist eine der heitersten Pfingstgeschichten. Ihre größte Merkwürdigkeit besteht wohl darin, daß sie sich, wenn man den alten Chroniken glauben darf, sowohl in Wien wie in mehreren anderen Städten gleichzeitig begeben hat. In Wien lebte im Jahre 1539 ein Schuhmacher Tobelmayer, der sich auf die Goldmacherei geworfen hatte. Sein Sohn liebte Lie Tochter des Adlerwirtes, aber der Adlerwirt hielt nicht viel von der Goldmacherfamilie. Zu Pfingsten stieg in dem Adler ein Fremder ab, der auch ein Goldmacher war und den alten Tobelmayer bald aussuchte. Dabei erzählte ihm der junge Tobelmayer von seinen Herzensnöten und der Fremde versprach zu helfen. Der Adlerwirt, der im Nebenamt auch ^lirchenk-'l«-»—r n-"» körn - Scbuster »m das Dimas'"""' zu holen, gerade, als die beiden Tobelmayer und der Frenw«. beim Goldmochen waren. Der junge Tobelmayer holte für den Kirchenkassierer eine ganze Schaufel blanker Goldstücke aus dem Schmelzkessel, die dem Adlerwirt mächtig in die Nase stachen. Das war ein handgreiflicher Beweis, daß die Tobelmayers mehr konnten, als Schuhe riestern, und er zögerte nicht länger, dem jungen Tobelmayer seine Tochter zu versprechen. Der fremde Goldmacher war Traci,zeuge, er halte sich in das Fremdenbuch des Adlers als Dr. Paracelsus Philippus Aureleanus Teophrastus Bombastus von Hohen heim eingetragen. Aber die Hochzeit war gerade beschlossen und der vornehme Fremde abgereist, da waren auch schon aus den blanken Golddukaten stumpfe Messingstücke gewor den. So ist der Adlerwirt zu dem Schusterssohn als Schwie gersohn gekommen und zu einem sehr hochgelehrten und seinerzeit ebenso geachteten wie gefürchteten Trauzeugen, aber das Psingstgold kam in einen schleckten Ruf und da«. Opfer hatte ein Ende. K M MM MMM Friedrichs dos Großen weitschauende Sorge für sein Land hatte ans Sümpfen und Mooren des Oderbruchs das fruchtbarste Ackerland entstehen lassen, und jährlich mehrte sich die Zahl der Kolonisten. Eines Tages ließ « sich den Amtmann Graeve von Eichwerder kommen. „Höre Er, nun Er eine Entreprise zu kommandieren hat, mag Er s-inen Wirten auch eine Kirche bauen," sagte er kurz und bündig zu ihm. " „Ich allein, Majestät'?" wandte Graeve bescheiden ein. „Na, wenn Er allein für den lieben Gott nicht soviel tun kann, ruf'Er die Erbzinsmänner dcr andrrenEntrcprisen mit auf und ..." — ein jäher Gedanke ließ ihn lächeln — „ein Hauptstück, das seinen Bauern lieb jein wird, werde ich zugcben. Mahne Er mich nur dran." Amtmann Graeve fuhr heim, und der Kirchenbau begann. Aber vom König kam nichts. Da faßte Graeve ein Herz und mahnte. Kurze Zeit später langte ein Klingelbeutel aic aus schwarzem Saint mit silbernem Glöckchen dran, des Königs „Hauptstück". Zu Pfingsten weilte Friedrich als Gast in Eichwerder. Die neue Kirche war gedrängt voll. Nach dcr Predigt ging der Klingelbeutel um. Aber nicht der alte Samuel Seelen binder, sondern der Amtmann Graeve selbst hielt ihn dem König vor und raunte: „Schönen Dank, Majestät, für dies Hauptstück. Der Klingelbeutel koikmt bei meinen Bauern gleich hinter Feuersbrunst und Hagelscklag. Ich hab' ihnen von dem Königsgeschenk noch nichts gesagt." Einen Augenblick traf Friedrichs scharfer Blick des En trepreneurs Gesicht, dann griff er in die Tasche und warf eine schwer gefüllte Börse in das schwarze Samtsäckchen. „Höre Er, Graeve, dies ist mein Anteil am Kirchenbau. Aber der Klingelbeutel bleibt, das Hauvtstück. Denn daraus mag Er jeden Sonntag sehen, wer in seiner Entreprise ein gi-'-k Herz "«n eine offene Hand hat." „Gib mir die Stärke, daß ich kann Dir dienen wie ein Kriegesmann! Dein Rat regiere meine Sinnen, Daß sie recht unterscheiden können; Verl^h mir göttlichen Verstand, Daß mir dein Wille bleib bekannt!" (Aus einer Pfingsthymne de« Angeln« »'lest««.) „Richt« ist dunkel, wenn du deutest, Richt» zu bar», wenn du gebleutest, wenn du führst, kein weg zu stell Liegt auf uns de» Lösen Klaue, Strömt mit deinem milden Taue Sühnend siebenfache» heil!" »Ny, Gesangbuch um 15üüt Ser WngM sm Ein eigenartiges und aufschlußreiches Beispiel dafür, wie in der Phantasie und im festlichen Volksbrauch im Laufe der Jahrhunderte sich uralte germanische Vorstellungen und christliches Fest lose und doch sinnvoll vereinigt haben, ist der Pfingst - Ian. Hier sind, wie schon der Name sagt, die christlichen Pfinsten und der germanische Johannistag, die Feier des Heiligen Geistes und die Feier der Sonnen wende miteinander verbunden. Noch deutlicher wird diese naive Verschmelzung der beiden Feste — Geist und Natur — aus folgender Sitte, die noch in einigen wenigen Dörfern Deutschlands lebendig ist. Der Pfingst-Üan ist ein Reiter, der mit grünen Reisern und Blumen verkleidet am Pfingstsonntag dreimal um den Kirchplatz reitet. Beim dritten Male versucht das Volt, ihm die Blumen abzureißen. Geschützt wird er durch lein Ge folge, drei Ritter, von denen der erste einen Korb für Eier, der zweite eine Gabel trägt, um den Speck aufzuspießen, dcr dritte hat einen Teller für Geldgaben. Dann reiten die „Pfingstreiter" von Haus zu Haus und singen dabei fol gende Verse, in denen bunt und eigenartig germanisch-heid nische und spätere christlich-religiöse Vorstellungen zum Aus druck kommen: Wir kommen bei Ihnen ohn allen Spott Erne gute Pfingsten geb' Ihnen Gott. ' Ein gute Pfingsten, ein fröhliche Zeit Wie Ihnen Gottvater hat bereit. - > Wir stehen auf einem breiten Stein, Ach Gott, wir frieren uns das Bein, Wir stehen auf einem Lilienblatt, Ach Gott, wir sind so reisematt. Ach, gebt doch was, ach, gebt doch was Dem alten grünen Kaudernest, Hat sieben Jahre im Bruch gelegei Ist grün und gelb verwachsen. Wir wolln die Peitschen teeren. Wir wolln den Flachs abschcrcn. Ach, laßt uns nicht so lange stehn, Wir müssen noch dreißig Meilen gehn! Wie bei allen ähnlichen Pfingstbräuchen endet auch die ser Umzug mit einem Volksfest vor allem für die Jugend. Die Pfinstreiter laden die Mädchen in die Spinnstube oder Schenke ein, wo sie ihnen aus dem Erlös ihrer Sammlung dann eine Mahlzeit spendieren. Anschließend beginnt dann der Pfingsttanz, wobei die Burschen für die Tanzmusik und hie Getränke aufzukommcn haben. M die MMower za UMWer lamm Um die Mitte des vorigen Jahrhunderts war der „Ellerubrook" um das Dorf Leistikow noch ein weites wüstes Moorbruch, nur von schmalem Fahrdamm durchzogen. Bei Dunkelheit und Nebel konnten Roß und Reiter darin ver sinken, ohne eine Spur zu hinterlassen. Nur selten benutzte ein unkundiger Fremder den Moorweg. Am Psingstvorabend des Jahres 1842 zogen schwere Gewitterwolken auf und ein heftiger Wind blies von Westen her übers Bruch. Nur Karlkc Drews stapfte über den Damm, um eine im Feld vergessene Peitsche zu holen. Er war als Kleinkind von einem tollen Hund gebissen und seitdem schwach im Kopf geworden. Aber auf seine Art schien er oft fchlauer als Schulze und Schöffen zusammen. Auf einmal sah Karlke vor sich eine Kutsche im Moor, die Pferde, auf die der Kutscher wie toll einschrie, schon bis zu den Bäuchen eingesunken. Der Reisende im Wagen stand hoch aufgerichtet und rief um Hilfe in den blasenden Wind, der die Ruse verwehte. Er sah Karlke Drews und befahl: „Du, Junge, renn um Leute, die uns helfen, sonst gehen wir unter!" „Io, ja," lachte Karlke blöde. „Ji goahn unner." „Was lachst du, blöder Narr? Renn hin, eh es zu spät ist! Ich bin der Konsul G . . . . aus Stettin!" ' „Du, du, uck Konsul biist," lachte Karlke wieder. „Du, du doch ne rUterkoame, du un din, din Peer doch versupel" Der Kutscher, der schon alles verloren sah, beschwor sei» nen Herrn, dem Jungen einen Lohn zu versprechen. „Du kriegst drei Taler, Bengel, lauf, um Gotteswillen lauf!" Karlke sah auf die sich vergeblich mühenden Pferde. „Din. din Doaler druck ick nich, oawer, oawer, du schäft' all Maaslüd im Dörp Pingstbeer spendeire, da, da, loap ick tröj, süsse nich!" Dem Konsul riß der Sturm die Worte vom Mund. Die ersten schweren Tropfen trafen sein Gesicht. > „Meintwegen soll'n sie sich drin baden, renn, du Narr» eh es zu spät wird." Schnell wie der Blitz verschwand Karlke Drews. In kurzer Frist war er wieder da. Mit ihm Bauern und Knechte samt Stricken, Breitem, Leitem und Stangen. Es war höchste Zeit, doch die Rettung gelang in strömendem Gewitterregen, bei Blitz und Hagelschlag. Am nächsten Tage hielt der Konsul Wort. Oanz Leistikow trank auf seine Ko sten Pingstbeer' , und Karlke Drews war der Held d»»