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Handelsmarine beschränken. In ihrer Entwicklung sind wir natürlich meistens dem Vorgehen der englischen Rheder gefolgt; hier und dort haben wir bisweilen einen Vorsprung gehabt, dessen Genufs uns freilich oft nicht lange vergönnt gewesen ist. Als die Schnelldampfer im Ver kehr mit Nordamerika Mode wurden, begann der Norddeutsche Lloyd als erster eine Anzahl erstklassiger Schiffe dieser Art einzustellen, er hat lange Zeit hindurch mehr Dampfer dieser Klasse besessen als alle anderen Linien zusammen. Das erste halbe Dutzend wurde in Fairfield gebaut und die späteren auf der Vulkan-Werft in Stettin, wo auch heute wiederum für diese Rhederei ein Dampfer im Bau begriffen ist, der mit den be rühmten neuen Schnellschiffen der Cunard-Linie wetteifern soll. Die Abmessungen dieses Schiffes sind 190,6 m zwischen den Senkrechten, 20,13 m Breite und 13,12 m Tiefe, während die Doppel schrauben 28 000 HP entwickeln sollen. Für dieselbe Gesellschaft liegt ein weiteres Boot von ähnlichen Eigenschaften auf der Werft in Danzig bei Schichau, dem weltbekannten Torpedoboot- Erbauer, welcher auch ein Paar Postdampfer für den Verkehr nach dem Osten geliefert hat, im Bau begriffen. Die Hamburg-Amerika-Linie hat als eine der ersten Doppelschrauben bei den Ocean-Dampfern eingeführt, und einer derselben, „Fürst Bismarck“, dem soeben die Ehre zu theil geworden ist, die Mitglieder der Institution von England nach Deutsch land herüber zu bringen, hat sicherlich den Beifall seiner Fahrgäste als ein vortreffliches Beispiel deutscher Schiffbaukunst gefunden. Dieses Schiff und ein anderes gleicher Art wurden durch den Vulkan erbaut, während von zwei Schwester schiffen das eine von Laird Brothers und das andere von der Fairfield-Werft geliefert wurde. Dieselbe Rhederei hat auch Doppelschrauben bei ihren grofsen Frachtdampfern eingeführt, welche zum Theil durch den Vulkan, zum Theil durch Blohm & Vofs in Hamburg erbaut wurden; sie hat gegenwärtig einen mächtigen Dampfer derselben Art bei Harland & Wolff auf der Helling liegen, welcher bei einer Ladefähigkeit von 12 192 t so lange der gröfste Dampfer sein wird, bis er von einem anderen wieder überholt wird. Seine Abmessungen sind 170,80 X 18,91 X 12,51 in. Bei der geplanten Besichtigung der soeben erwähnten Schiffswerft von Blohm & Vofs, deren Einrichtungen und treffliche Arbeit Ihres Beifalls sicher sein werden, werden Sie ein Schwimmdock von rund 17 000 t Tragfähigkeit im Bau finden, dessen wir bei der grofsen Wasserverdrängung vieler unserer Dampfschiffe dringend bedürftig sind. Auf der nebenan liegenden Reiherstieg- Werft findet sich ein einseitiges Schwimmdock, in welches die Schiffe von der Seite heraufgeholt werden, da für ein Einbringen von der Kopfseite nicht Raum genug vorhanden ist. Auf jeder dieser Werften ist ein Passagierdampfer für die ostafrikanische Linie im Bau; der erste davon wird am 10. Juli eine Rundreise um den Gontinent antreten. Wenden wir uns den Frachtdampfern wieder zu, so verdient erwähnt zu werden, dafs die ersten Petroleum-Tankdampfer für deutsche Rhedereien erbaut wurden von Gebr. W. G. Armstrong, Mitchell & Go.; diese Firma hat alsdann der Deutsch-Amerikanischen Petroleum-Company und anderen Rhedereien eine ganze Flotte dieser Dampferart geliefert. Später wurden auch einige Boote dieser Klasse in Deutschland gebaut. Wahr scheinlich werden Sie bei einer Besichtigung unserer Werften einige dieser Tankdampfer in Reparatur liegend finden, da die Beanspruchung der Schiffs- construction im Dienst derart gewesen ist, dafs sie das Vergnügen derjenigen Schiffbauer hervorgerufen hat, welche die Schiffe nicht erbaut haben. In dieser Beziehung ist aber, wie überall, zu sagen, dafs jeder weitere Bau auf diesem Gebiet zeigt, dafs die mit der Einführung dieses neuen Schiffstyps verbundenen Schwierigkeiten mehr und mehr über wunden werden. Unsere Aufmerksamkeit hat sich auch auf die Thurmdeckschiffe gerichtet; in Flensburg steht jetzt ein sogenannter elliptischer Dampfer in den Spanten, welcher noch eine Verbesserung gegen über dem Sunderlandtyp sein soll. Der gewöhnliche Frachtdampfer (Ocean-tramp) ist ein Typ, welcher in Deutschland nur wenig Anklang gefunden hat; er kann, wie es scheint, hier nicht so billig betrieben werden wie in Eng land. Immer und immer haben die Rheder solcher Dampfer damit geendet, dafs sie dieselben in eine reguläre Linie einstellten, oder dafs sie ganz durch eine solche aufgesogen wurden. Es ist wohl diesem Umstand zu danken, dafs unsere Dampfer selten einen über 0,76 hinausgehenden Feinheitsgrad zeigen, und ich kenne kaum einen deutschen Dampfer mit so vollen Linien wie es deren viele unter britischer Flagge giebt, welche 0,8 erreichen und sogar überschreiten. Alle Verbesserungen im Maschinenwesen sind hierzulande natürlich aufmerksam verfolgt worden, und wir haben uns hierbei bemüht, ohne allzu grofse Kosten aufzuwenden, von dem nie rasten den Erfindungsgeist der Maschinenbauer Nutzen zu tragen. Die Hamburger Kosmos- Linie hat z. B. unter den ersten das vierfache Verbundsystem nach dem System von Wigham, Rich ardson & Co. angenommen, und seitdem die hydraulische Ver nietung, die Anwendung hohen Dampfdrucks mit un bedingter Sicherheit gestattet, haben mehrere unserer Maschinenfabriken Vierfach-Verbundmaschinen ge baut, welche uns vollkommen befriedigt haben. Die Schlick sehe Idee, die Maschinen auszubalanciren, um die Vibration zu vermeiden, kann ich als be kannt voraussetzen, da er über diesen Gegenstand vor