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492 Stahl und Eisen. Meteoreisen und seine Bezieiiungen zum künstlichen Eisen. 1. Juli 1896. Wir wollen nun untersuchen, welchen Einflufs das Erhitzen wohl haben konnte. Forquignon und Bell haben nachgewiesen, dafs weifses in graues Roheisen umgewandelt, also in demselben eine Graphit- ausscheidung herbeigeführt werden kann, wenn es lange genug (im luftleeren Raum) er hitzt wird, ohne dafs Schmelzung oder gar Ueber- hitzung im flüssigen Zustande eintritt. „Hierbei ist indessen nicht zu vergessen,“ sagt Dr. Wedding,* „dals unter Graphit der Regel nach graphitischer Kohlenstoff, also Graphit und Temperkohle, verstanden ist.“ Die Versuche der beiden genannten Forscher über die Umwandlung der Kohlenstoffformen im Eisen sind später durch A. Ledebur vervollständigt worden. Durch 13tägiges Erhitzen weifsen Eisens konnte Bell den Graphitgehalt desselben von 0,374 auf 1.79°/0 steigern. Ledebur fand, dafs beim Glühen eines Bruchstückes der gehärteten Kruste eines Hartgufs- laufrades in Holzkohlenpulver, welches 108 Stunden lang fortgesetzt worden war, der Gehalt an graphitischer Temperkohle und Graphit von 1,26°/0 auf 3,04°/ gestiegen ist. Fourqignon glühte weifses Roheisen 144 Stunden lang in Holzkohle; dabei stieg der Graphit gehalt von 0 bis 0,96 °/o und bei einem zweiten Versuch bis 1,69%. Nach dem oben Gesagten würde eine nochmalige Untersuchung der Meteoreisen auf ihren Graphitgehalt bezw. ihren Gehalt an graphitischer Temperkohle, sehr am Platze sein und zwar insbesondere eine Unter suchung jener Meteoriten, welche sich als unmagneti- sirbar erweisen, bei denen also eine nachträgliche Erhitzung zu vermuthen ist. Diamant. Im Jahre 1846 beobachteten Haidinger und Partsch im Meteoreisen von Magura würfelförmigen Graphit und hielten den selben pseudomorph nach Eisenkies. Rose, dem diese Stücke zur genaueren Untersuchung übergeben worden waren, hielt sie eher für umgewandelte Diamantkrystalle. Später (1888) fanden Jerofe- jeff und Latschinoff in dem Meteorstein von N o w o - U r e i zum erstenmal unveränderte Dia manten. Im folgenden Jahre beschrieb Sand berger Diamanten aus dem Meteorstein von G a r c o t e. Aus Meteoreisen wurden mikrosko pische Diamantkörner zuerst von Weinschenk beschrieben, doch wurde die Richtigkeit dieser Bestimmung von anderen Forschern bezweifelt. Sicher dürfte dagegen der Nachweis von Diamanten im Eisen von Canon Diablo sein. Huntington war es gelungen, aus diesem Eisen farblose Diamant krystalle (Octaeder) zu isoliren. Einige Krystalle zersprangen bald in winzige eckige Fragmente, was auf ihre Entstehung unter Druck und auf Temperaturveränderung zurückgeführt wird. Im ganzen erhielt Huntington 1/2 Karat Diamant pulver aus farblosen, gelben, blauen und schwarzen Partikeln bestehend. Auch Mallard, Friedel und Moissan haben das Eisen von Canon Diablo eingehend auf das Vorkommen von Diamant untersucht. Nach den vorliegenden Untersuchungen wird da selbst der Diamant von Graphit, gewöhnlicher Kohle, sowie von kastanienbraunen kohligen Par tikeln begleitet. Meist sind es Körner von dunkler *Dr.Wedding: „Eisenhüttenkunde“,!. Band, S. 66. Farbe und carbonatartigem Aussehen, selten sind sie durchsichtig und farblos. Nach Weinschenk scheint das Auftreten von Diamant im Meteoreisen darauf hinzudeuten, „dafs der im Eisen gelöste, respective chemisch gebundene Kohlenstoff unter gewissen Bedingungen sich in der Modification des Diamants ausscheiden kann, denn eine derartige Entstehung dürfte doch wohl für diese spärlichen und winzigen Körner im Meteoreisen am wahrscheinlichsten sein“. Moissan hat später durch seine interessanten Versuche die Weinsc henk sehe Ansicht in gewissem Mafse experimentell bestätigt. Er hat nämlich gezeigt, dafs sich der Kohlenstoff aus seinen Lösungsmitteln, geschmolzenen Metallen, bei der Abkühlung unter starkem Druck in Form von Krystallen abscheidet. Moissan verfuhr bei seinen ersten Arbeiten in der Weise, dafs er etwa 200 g weichen Eisens im elek trischen Ofen schmolz, in dasselbe rasch einen kleinen, mit geprefster Zuckerkohle gefüllten Eisencylinder einführte, dann den Tiegel aus dem Ofen nahm und in kaltes Wasser tauchte. Es bildete sich dadurch eine feste Kruste um den inneren, noch glühenden Eisenkern. Läfst man nun an der Luft langsam weiter erkalten, so wird, da sich das Eisen beim Erstarren anfangs ausdehnt, ein gewaltiger Druck auf den eingeschlossenen Kern ausgeübt. Nach dem Auf lösen des Eisens in Salzsäure blieb Kohlenstoff in 3 Formen zurück: als Graphit, als kastanienbraune Kohle in gekrümmten, lappenförmigen, dünnen Par tikeln und als dichte Kohle. Letztere wurde wieder holt mit Königswasser, kochender Schwefelsäure, Flufs- säure, chlorsaurem Kalium und rauchender Salpeter säure behandelt. Aus dem Rückstände liefsen sich einige theils schwarze, theils durchsichtige Fragmente isoliren, welche Rubin ritzten. Bei späteren Ver suchen erhielt Moissan Krystalle von seltener Klar heit bis zu 0,5 mm Durchmesser. Der Nachweis von Diamanten in dem metallischen Rückstand gehört zu den schwierigsten Aufgaben der chemischen Untersuchung, indem der kristallisirte Kohlenstoff von Graphit, Carbonade, Silicium und Silicaten abgesondert und rein dargestellt werden mufs. Berthelot hat hierzu ein Verfahren ausgearbeitet, das später von Moissan in folgender Weise durch geführt wurde: Das Eisen (bis zu 1 kg) wird in Säuren aufgelöst, der Rückstand sorgfältig gewaschen, mit ganz concentrirter Salpetersäure oxydirt, der wieder gewaschene Rückstand mit Kalium-Chlorat geschmolzen, dann wiederholt mit reiner Flufssäure und concentrirter Schwefelsäure behandelt. Nach diesen verschiedenen Operationen bleibt der in regulärer Form krystallisirte Kohlenstoff (Diamant) zurück und kann zu mikros kopischen Präparaten dienen. * Moissan kommt zu dem Schlufs, dafs im Eisen, welches bei 1100 bis 1200° auf Kohlenstoff einwirkte, Graphit und amorpher Kohlenstoff enthalten ist; bei 3000° jedoch nur schön krystallisirter Graphit entsteht und unter gewissen Umständen (rasche Abkühlung) kann dabei eine Modification erhalten werden, vom specifischen Gewicht 3,5, welche Rubin ritzt und sich ganz ähnlich dem schwarzen Diamanten verhält.** Da indessen diese Krystalle beim Verbrennen in Sauerstoff einen nicht unbedeutenden Rückstand hinter- liefsen, der fast 15 % der Gesammtmenge betrug, und sich durch Schwefelsäure und Flufssäure gröfstentheils verflüchtigen liefs, so ist der Schlufs gerechtfertigt, * Vergl. Dr. Rossel: Die Chemie der hohen Tem peraturen. (Schweizerische Bauzeitung 1896, S. 135.) ** Vergl. E. Donath: Zur Chemie des Eisens („Oest. Zeitschr. f. B. u. H.-W.“ 1895, S. 152).