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STAHL UND EISEN? August 1892. Nr. 15. 705 und dafs auch den etwaigen Versuchen, durch Simulation die Feststellungsorgane zu täuschen, von vornherein vorgebeugt wird. Nach §§ 96 bis 98 des Unfallversicherungs gesetzes vom 6. Juli 1884 sind die Berufsgenossen schaften berechtigt, die von ihnen für einen Unfall aufgewendeten Entschädigungen erstattet zu ver langen, wenn derselbe seitens des Mitglieds oder einer dritten Person vorsätzlich oder durch straf bares Verschulden verursacht worden ist. Auf Grund dieser Bestimmungen hat die vorjährige Genossenschaftsversammlung einen Ersatzanspruch gegen ein Mitglied geltend gemacht, weil sich infolge Nichteinfriedigung einer Baugrube, neben welcher der von den Arbeitern regelmäfsig zu benutzende Weg hinführte, ein schwerer Unfall ereignet hatte. Die Höhe der Ersatzleistung wurde auf 1000 • bestimmt. Dieser von dem betreffenden Mitglied ohne weitere Mafsnahmen entrichtete Betrag ist in gleicher Weise, wie die vorerwähnten Einnahmen aus Beitragsnachforderungen und Abfindungen auf die Umlage pro 1891 in Anrechnung gebracht. Die Anzahl der im Jahre 1891 entschädi gungspflichtig gewordenen Unfälle beziffert sich auf 587 Unfälle gegen 605 Unfälle im Jahre 1890, mithin weniger 18 Unfälle. Diese Abnahme ist um so erfreulicher, weil sie nicht durch einen Rückgang der Zahl der versicherten Personen bedingt war. Auf 1000 Personen berechnet betrug die Anzahl der entschädigungspflichtigen Unfälle im Jahre 1891 6,57, im Jahre 1890 7,01 und im Jahre 1889 6,57. Hiernach läfst sich annehmen, dafs auch fernerhin keine nennenswerthe Steigerung dieser Durchschnittszahlen eintreten wird. Zu denjenigen Aufgaben der berufsgenossen schaftlichen Selbstverwaltung, durch welche die Interessen sämmtlicher Mitglieder unmittelbar be rührt werden, gehört zweifellos eine möglichst zweckmäfsige Ausgestaltung des vielseitigen Gebiets der Unfallverhütung; denn je mehr gegen das Eintreten schwerer Unfälle Vorsorge getroffen wird, desto geringere Entschädigungsverpflichtungen ent stehen für die Genossenschaftsmitglieder. Ferner lassen sich diese Verpflichtungen in vielen Fällen durch rechtzeitige geeignete Behandlung der Ver letzten erheblich verringern. Nach beiden Richtungen hin ist die Genossen schaft unausgesetzt bestrebt, die Interessen der Mitglieder auf das beste zu wahren, indem einer seits durch die Beauftragten der Sectionen regel- mäfsige Besichtigungen der - Betriebe vorgenommen werden, während bei Behandlung Verletzter die gröfste Sorgfalt aufgewendet wird, um einen mög lichst guten Heilerfolg zu erzielen. Die Ergebnisse dieses Vorgehens an dieser Stelle im einzelnen näher zu erörtern, ist aller dings nicht angängig, da dies über den Rahmen des Berichts hinausgehen würde und auch weil die Durchführung der Unfallverhütungsmafsnahmen in erster Linie in den Geschäftsbereich der einzelnen Sectionen gehört. Erwähnt sei daher nur, dafs die Seetionsvorstände sich über das Entgegenkommen der Betriebsunternehmer gegenüber den erforder lich gewesenen Anordnungen und Anregungen, zur Verhütung von Unfällen diese oder jene als zweck- mäfsig erprobte Vorkehrung zu treffen, durchaus anerkennend geäufsert haben. Klage geführt wird dagegen über das Verhalten der Arbeiter, nament lich der jüngeren unter denselben, da aus den Unfallanzeigen hervorgeht, dafs vielfach grobe Unachtsamkeit, Leichtsinn oder die Nichtbenutzung gebotener Schutzmittel die alleinigen Ursachen der Unfälle gewesen sind. Von welcher weittragenden Bedeutung dieses Verhalten der jüngeren Arbeiter für die Mitglieder ist, läfst sich am besten daraus ermessen, dafs von 1718 Invaliden 564, oder annähernd der dritte Theil, das Alter von 25 Jahren noch nicht überschritten haben. Das Bestreben der Genossenschaft wird daher fernerhin auch darauf gerichtet sein müssen, Mittel und Wege zu finden, die Arbeiter selbst dafür empfänglich zu machen, dafs sie die getroffenen Schutzvorkehrungen benutzen und dafs nament lich die älteren Arbeiter- und Vorgesetzten darauf Bedacht nehmen, bei den jüngern Arbeitern durch Ermahnung, Anleitung u. s. w. die Umsicht und Aufmerksamkeit zu wecken. Es ist seitens des Genossenschaftsvorstands in Aussicht genommen, eine Commission einzusetzen, deren Aufgabe es sein soll, unter Verwerthung der seither ge sammelten Erfahrungen über weitere Unfall verhütungsmafsnahmen sachdienliche Vorschläge zu machen. Der Genossenschaftsvorstand besteht z. Z. aus den HH. E. Schiefs, Vorsitzender; L. Allollio, stellvertretender V ersitzender ;H. Blank,G. Frick, W. Friedrich, W. Funcke jr., Richard Ger- hardi, Th. Kelders, Reinh. Kotthaus, Wilh. Schröder, H. Schüchtermann, P. Stühlen. Die Geschäftsführung befindet sich in den Händen des Hrn. P. Luscher. XV.12