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606 Nr. 13. „STAHL UND EISEN." Juli 1892. Platin - Pyrometer. * H. L. Callendar berichtet über Verbesse rungen an dem Pyrometer, welches 1874 von Siemens angegeben i-t, und auf den Wider standsunterschieden beruht, welchen ein Platin draht bei verschiedenen Temperaturen dem elektrischen Strom entgegenstellt. Der Widerstand, welchen der Leitungsdraht in einem ursprünglichen Siemens-Pyrometer der Elektricität entgegensetzte, wuchs mit steigender Temperatur so unregelmäfsig, dafs dieses Pyro meter in seiner ursprünglichen Form selbst für die Praxis unbrauchbar war. Callendar will nun gefunden haben, dafs dieser Uebelstand nicht in dem Princip des Pyrometers, sondern in dessen Einrichtung und deren Behandlung begründet ist. Wenn der Platindraht vor jeder Veränderung bewahrt werde, ändere sich der Leitungswider stand desselben bei derselben Temperatur nicht. In dem ursprünglichen Siemens-Pyrometer sei der Platindraht auf einen Thoncylinder gewunden und dann durch ein eisernes Rohr von etwa 26 mm Weite geschützt gewesen. Der Draht war mit der Zeit mürbe und an einigen Stellen spröde geworden und klebte an dem Thoncylinder. Callendar nimmt an, dafs der Thon, oder in demselben enthaltene Stoffe, den Platindraht an gegriffen haben, sonst könne die denselben be troffene Veränderung nicht erklärt werden, oder der verwendete Draht müsse von sehr geringer Güte gewesen sein. Der Vortragende nahm daher den Draht doppelt und wickelte ihn um eine dünne Glimmer platte, so dafs der Draht den Glimmer nur an dessen Kanten berührte. Dadurch soll der Uebel stand der Veränderung der Beschaffenheit des Drahtes beseitigt sein. Ein fernerer Uebelstand der ursprünglichen Siemens- Pyrometer sei die Umhüllung durch das eiserne Rohr gewesen. Callendar ersetzt dasselbe für höhere Temperaturen durch ein glasirtes Porzellanrohr. Er führt aus, dafs die Dämpfe von Kupfer, Zinn, Zink u. s. w. den Platindraht in hohen Temperaturen angreifen, und wenn nur ein kleiner Theil desselben verändert, dann gebe das ein genügend grofses Hindernifs für die Richtigkeit des Pyrometers ab. Der Vortragende zeigt ein Pyrometer mit kupfernem Leitungsdraht vor, welches während einer Stunde einer Temperatur von nur 850° C. ausgesetzt war; die Färbung des Glimmers in der Nähe der Kupferleitung beweist, dafs das Kupfer sich schon bei dieser niedrigen, 150° unter seinem Schmelzpunkt * Vorgetragen vor dem Iron and Steel Institute. London Mai Meeting 1892. liegenden Temperatur, verflüchtigte. Ebenso leidet das Silber und sind deshalb nur Leitungen von Platin für das Pyrometer zu benutzen. Die Ver bindungen der Leitungen dürfen nicht, wie beim alten Siemens-Pyrometer, durch Schrauben oder durch Löthung, sondern müssen durch Schmelzung bewirkt werden. Die beste Art Porzellanröhren soll Tempera turen bis zu 1200° C. aushalten; ein Kieselrohr würde jedenfalls höheren Temperaturen wider stehen ; es ist aber bis jetzt leider noch nicht gelungen, aus diesem Stoff Röhren von genügender lichter Weite herzustellen. Wenn das Pyrometer noch besonders vor Stöfsen u. s. w. geschützt werden mufs, kann man das Porzellanrohr noch mit einem entsprechend weiten eisernen Rohr umgeben. Von ebenso grofser Wichtigkeit, wie die Gonstruction des Pyrometers, ist diejenige der Ablesevorrichtung. Der Vortragende beschreibt eine solche, welche gestattet, bei Temperaturen bis zu 1000° noch 0,01° ablesen zu können. Eine andere Einrichtung, welche für die Praxis genügt, und gestattet, Temperaturen bis zu 1500° mit der für diese Zwecke ausreichenden Sicherheit abzulesen, ist in obenstehender Figur dargestellt und wie folgt eingerichtet: A A zeigt das Pyrometer mit den biegsamen Leitungen LL, welche lang genug genommen werden, um mit den Anschlüssen PP und CC des Ablesers verbunden zu werden. Eine ge wöhnliche Leclanche oder Trockenbatterie ist mit 13B verbunden. Die Nadel N des Galvanometers schwingt auf dem Bogen, welcher in 100 Grade eingetheilt ist; ein Ohm des Hauptwiderstandszeigers R ist gleich 100°; der Stöpsel T wird in die Oeffnung dieses Widerstandszeigers R eingesetzt, deren Zahl der zu beobachtenden Temperatur ungefähr entspricht; wird dann der Knopf K niedergedrückt, so zeigt die Nadel N die Zahl der Grade an, welche noch zu der durch den Stöpsel T be stimmten Temperatur gezählt werden müssen.