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Juli 1892. STAHL UND EISEN. Nr. 13. 599 Schreiber dieser Zeilen darf wohl behaupten, dafs auf dem Gebiete der Flufseisen-Verwendung bisher nirgend eine Prüfung stattgefunden hat, bei der eine so grofse Masse von Flufsmelall in gleich eindringlicher und gründlicher Weise unter sucht worden ist. (Siehe auch Abbild. 3.) Wer die vorstehenden Angaben und Zusammenstellungen genau vergleicht, wird die Ueberzeugung gewinnen, dafs gegen die Verwendung eines derart guten Flufseisens keinerlei Bedenken mehr obwalten können und dafs das Thomasflufseisen dem Wett bewerb des Martinflufseisens gewachsen ist. Schliefslich ist noch zu bemerken, dafs sowohl beim Thomas- als auch beim Martineisen nur die Längsdehnung als für die Abnahme mafs- gebend angesehen worden ist. Die Querdehnung war in der Regel kleiner als die Längsdehnung, und in einzelnen Fällen (z. B. beim Universal eisen) sank sie unter den kleinsten beobachteten Werth der Längsdehnung (unter 20 %). Fort gesetzte Untersuchungen werden Näheres über das genauere Verhältnifs der Quer- zur Längsdehnung bei den verschiedenen Formen und Eisensorten zu Tage fördern. Bei der Bearbeitung in der Werkstatt, nament lich auch beim Richten, Kaltbiegen und Warm kröpfen, verhielt sich das Flufsmelall tadellos. Für denjenigen, der die Prüfung des Flufsmetalls eingehender beobachtet, sind wohl am über raschendsten die Ergebnisse der Schlagbiegeproben unter dem Dampfhammer (Nr. 7 bis 14 der Abb. 1). Wer es mit eigenen Augen gesehen hat, welch fast unglaubliche Verdrückungen und Verbiegungen die schwächsten und stärksten Formeisen aushalten, ohne zu reifsen oder zu brechen, dem wird die grofse Ueberlegenheit eines solchen Flufseisens über das beste Schweifseisen einleuchtend sein, selbst wenn er bis dahin der Verwendung des Flufsmetalls noch als Gegner oder mit Mifstrauen gegenüber gestanden hat. Das Verhalten von Flufseisen in grofser Kälte. Köpke und Hartig liefern im diesjäh rigen 3. Hefte des „Civilingenieurs" einen sehr bemerkens- werthen Beitrag zur obigen Frage durch die Ver öffentlichung der Ergebnisse einiger von ihnen in Gemeinschaft mit Professor H e m p e 1 aus geführten vergleichenden Versuche. Als Versuchs material dienten Flachstäbe von 50,10 mm Querschnitt und 500 mm Länge und zwar: °/o Kohlen- stoffgehalt 14 Stäbe Schweifseisen von 0,119 14 Stäbe basisches Martinflufseisen . . » 0,152 2 Stäbe saurer Bessemerstahl .... » 0,363 2 „ , 0,735 Sonstige Gütezahlen der Versuchsstäbe sind nicht angegeben. Die Abkühlung der Stäbe erfolgte unter An wendung von fester Kohlensäure, die aus flüssiger Kohlensäure im Frostsacke erhallen war, und von Schwefeläther bis auf —70 bis —80 °, bei einigen Versuchen bis 100 0 G. Jeder Stab enthielt an einem Ende eine kleine Vertiefung, die mit Queck silber ausgefüllt wurde. Bei der Abkühlung wurde Sorge getragen, dafs nach dem Erstarren des Quecksilbers eine Zeit von wenigstens 30 Minuten verflofs, ehe das Einlegen des Stabes in das als Versuchsmaschine dienende Fallwerk der Königlichen technischen Hochschule in Dresden erfolgte. Die Behandlung im Schlagwerk wurde nun so lange fortgesetzt, als das Quecksilber fest und völlig hart blieb. Die Temperatur der gekühlten Stäbe lag also zwischen — 40° und — 80 u G., die jenige der nicht gekühlten Stäbe lag zwischen —15° und 20 0 G. Beim ersten Versuche wurde je ein gekühlter Schweifseisen- und Flufseifenstab mit seiner Flachseite auf 400 mm Länge wage- recht und frei gestützt und erhielt durch ein aus 900 mm Höhe kommendes Fallgewicht von 48,85 kg (mit stumpfschneidigem Sattel) nach einander mehrere Schläge in seiner Mitte. Nach dem ersten Schlage wendete man den Stab, so dafs die durchgebogene Seite den zweiten Schlag erhielt und dadurch wieder gerade wurde. Diese Art der Behandlung wiederholte man so lange, bis das Quecksilber hm Endloche des Stabes schmolz. Dies trat beim elften Schlage ein, ohne dafs irgendwelche Brucherscheinungen an beiden Stäben bemerkt werden konnten. Bei den folgenden Versuchen mit je 2 Stäben (gekühlt und nicht gekühlt) wurden die Stäbe hochkant gestellt und das Fallgewicht war bei 900 mm Fallhöhe 68,85 kg schwer. Die Stäbe wurden so geschlagen, dafs ihre Durchbiegungen sich von Schlag zu Schlag vergröfserten. Die Grofse der Durchbiegungen ist aus folgen der Zusammenstellung zu ersehen: Scliweifseiseustab Flufseiseustab nicht gekühlt gekühlt nicht gekühlt gekühlt Querschnitt in qmm 10. 50,3 10. 50 10. 49,3 10. 50 Gewicht in kg . . 1,887 1,881 1,873 1,934 Durchbiegungen mm mm mm mm nach dem 1. Schlage 14,0 10,0 15,5 9,5 „ , 2- „ 27,5 20,0 31,0 19,5 „ 3. „ 41,0 30,5 45,0 30.0 durchschn.f. 1 Schlag 13,7 10,2 15,0 10,0