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gereichen möge unö daß reicher Segen hereinströme, Han del und Wandel befruchtend. Aus dem lähmenden Still stand unseres wirtschaftlichen Lebens aufwärts in eine Zeit, von der das Wort gilt: Es ist eine Lust zu leben! F. Nöthig. Du, lieber Leser aber, der du den Namen Pulsnitz bis her vielleicht nur von den Pfefferkuchenbuden des heimat lichen Jahrmarktes oder Schützenfestes kennst, mache dich auf und lenke deine Schritte einmal in die Gefilde von Pulsnitz. Schließe persönlich Bekanntschaft mit dem schmuk- ken Städtchen und seinen geschichtlichen Erinnerungen unö wandre hinaus zum Schwedenstein oder über die neue Pulsnitzbrücke auf die „Meißner Seite" hinauf zum Eier berg, und du wirst entzückt sein von dem Bilde zu deinen Füßen. Wie in einem Schmuckkästchen liegt die saubere Stadt vor dir im Tale, im grünen Kranze ihrer Berge und Wälder. Komm und genieße! Du wirst deinen Ent schluß nicht bereuen. Was die Steine des Mauer Komturhoses erzählen.') Von Dr. Sommerfeldt und Baumeister F. Weiß in Pirna-Niedervogelsang Wir sind gute echte Sachsen, länger als 850 Jahre ist es her, als man hier am benachbarten Sandstein-Bergzug des Oybin uns brach. Geschäftstüchtige Bauführer über nahmen uns, die Werkmeister und deren Gehilfen voll brachten dann die schwierigere Arbeit des Glättens und gaben uns den für Sie alsbald eintretende Verwendung nötigen Schliff. Wir wurden, nachdem wir geraume Zeit abermals gelegen, in ein soeben erstehendes palastähnliches Gebäude hineingearbeitet, wo das Fundament und die Seitenwände aus uns gebildet sind. Geharnischte Ritter, Angehörige des Johanniterordens, bezogen es. Eine ge schlossene Kommode wurde sogar eingerichtet, mit dem Zweck, von der Sechsstadt Zittau aus die Gegend bis zur nächsten Sechsstadt, Bautzen, hin untertan zu machen. Dies war die Glanzzeit, und wir müssen des längeren davon reden. Gleichwie es bei Lukas VI heißt, „daß, wo das Herz voll ist, der Mund übergehe", oder „aus des Herzens Überflüssigkeit redet des Mundes Gewohnheit". So lautet der Ausdruck bei dem altertümelnden Schrift steller Gregor Heyden in dem „Zwiegespräch des Königs Salomo mit dem Bauern Markolf", Vers 468—469 sheraus gegeben von F. Bobertag, Stuttgart 1884, Seite 317). Der Komtur, auch Kommendator und Kompter genannt, der dem angesehenen Adel der Lausitz oder Sachsens anzu gehören pflegte. Hatte seine Wohnung gesondert auf dem Pfarrhof, von wo ein bedeckter Gang in die Kirche auf eine separate Loge führte. Mit hohem Giebel gegen Süden hin errichtet, hat dieser Pfarrhof recht lange sich erhalten und wurde erst 1576 wegen zunehmender Baufälligkeit ab-^ getragen, ans den Trümmern dann das jetzige Schul gebäude — nordöstlich des Komturhofs befindlich — er richtet. Teile von uns verwandte man auch zum Primiziat- haus und 1580 zum Ausbessern der nördlichen Partien der Stadtmauer. Den Komtur anlangend, so pflog er init den gelehrten Zölcstinermönchen des Oybin nicht nur im all gemeinen freundschaftlichen Verkehr, sondern bezog gerade von dorther auch Wertvolles zu seinem und der andern Ordensherrcn Unterhalt, z. B.'1396 je 3X Scheffel Korn *) Die Aufnahme erfolgte 1901 zufolge eines Aufrufes des sächsischen Ministeriums des Innern durch Baumeister Friedrich Weiß in Pirna-Niedervogelgesang. „Dresdner Journal" Nr. 62 vom 16. März 1906; „Dresdner Anzeiger" und „Dresdner Nachrichten" Nr. 74 vom 17. März 1906. und Hafer als Zinsgetreide, und 30 Groschen Dezem jähr lich in barem Geld. An dem Raum der sogenannten Pietang vorbei führte aus dem Komturhof ein Weg auch zum Hospiz, wo aus wärtige Besucher Unterkommen für die Nacht fanden, ins besondere aber dürftigen Wanderern, wenn sie darum er suchten, einmals Wegstärkung, bestehend in reichlicher Speise und einem Trunk schmackhaften „Komturbiers", dargereicht wurde. Der Komtur persönlich hatte außer dem Waffendienst auch die Obliegenheiten des Plebans in der St. Johanniskirche dauernd auszuüben. Er versah außer dem bisweilen den Gottesdienst auch in der Frauenkirche, die er vom Komturhof aus durch ein Pförtchen betrat, das zugleich den Verkehr nach dem Friedhof hin (ehemals Beinhaus genannt) vermittelte. Später, als es keine Kom ture mehr gab, Kapläne unö Benefiziaten statt ihrer die Predigten und Messen zelebrierten, die oft sehr lang aus fielen, hieß dieser Durchgang das Branntweinpförtchen, weil Andächtige, die des Zuhörens und Zuschauens müde waren, nicht selten den Durchgang benutzten, sich einen Imbiß nebst Spirituosen im Komturhof zuzuführen. Am Friedhof, unö zwar beim Haupteingang, wurde überdies das Bild einer vormals hier lebendig ein gemauerten Jungfrau bei unfern Zeiten angebracht. Sie war, wie von einem Insassen des Hofes uns gesagt wurde, die Tochter des dereinstigen Bürgermeisters von Zittau, und mußte jene qualvolle Todesstrafe hinnehmen, um einen von ihr an der Stadt begangenen Verrat damit zu sühnen. Sie hatte ihn im Interesse des von ihr geliebten streitbaren Kreuzritters Kuno von Ratibor ausgeübt, und war vom damaligen Stadtschreiber über der Tat ertappt worden. Auch Mönche wurden zur Strafe hier vereinzelt eingemauert, und ihre Skelette fand man gut erhalten, als die Friedhofsmauer endlich abgebrochen wurde. Westlich vom Kreuzhof blickten wir in den Kraut- und Obstgarten der Rither. Die besondere Zier bildete hier eine große, bis zum 14. Jahrhundert als Heiligtum be handelte Eiche. Sie hatte ihren Platz hinter dem Brau haus unö wurde 1511 abgehauen, um Nutzholz zu ge winnen. Dem Garten gegenüber, und zwar nordwestlich, hatte die Jerusalemkapelle ihre Stelle. Sic ist ganz zugrunde gegangen, doch trifft man nicht selten auf die Reste von Grabmonumenten hier noch heutigen Tages. Außer den ertragreichen zur Kommende gehörigen Komturäckern gab es, vornehmlich für den Bedarf der Fischerei, die bei der geringen Bevölkerungszahl damals ein einträgliches Gewerbe war, auch zahlreiche Teiche, die dem Fischmeister der Kommende untergeben waren. Sie be standen bis ins 16. und 17. Jahrhundert hinein, wurden dann zugeschüttet und als Grasflächen bewirtschaftet, indem sie von Erlengebüsch umrandet waren. Die noch heute für diese Grasstücke anzutreffende Bezeichnung „Väterwiesen" steht mit der Art der Entstehung der tiefgelegenen Nutz flächen in Zusammenhang. So könnten wir einiges auch von der Vorliebe Karls IV. für Zittau verraten. Etliche Jahrzehnte, ehe der Kom turhof sich erhob, pflegte dieser Herrscher, indem unsere Sechsstadt aufgehört hatte zu Böhmen zu gehören, wieder holt seine Residenz für längere Zeit hier aufzuschlagen. Im 15. Jahrhundert sah der Komturhof mehrmals die das Land verwüstenden und aussaugenden Horden der Hussiten unter Ziska. Durch ein verwahrlostes Feuer brannte das gesamte Komtureianwesen 1554 dann ab, und die Zittauer Stadtverwaltung mußte der verarmten Insassen sich an nehmen. Sie erbaute 1557, indem sie überdies auch Steine der gerade in Verfall geratenen Frauenkirche in erheb licher Anzahl hinzunahm, den Hof aufs neue. Doch wurde er 1570 durch Ehr. von Watzdorfs, den letzten Johanniter ordenskomtur unserer Gegend, samt den Filialkomtureien Hirschfelde und Burkersdorf für 10500 Taler an die Stadt