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138 Gberlausitzer Heimatzeitung Nr. 11 Sinne weitergepflegt werden. Willig lauschte die Versamm lung sodann der Ansprache des Herrn Wolfram aus Aussig; er sprach im Namen der zielverwandten Stammes- genossen aus der Tschechoslowakei zwischen Teplitz und Reichenberg. Herr Richter aus Dresden war als Ver treter des Verbandes der sächsischen Erzgebirgsvereine und des Sächsischen Ausschusses für Leibesübungen entsandt. Er pries die harmonische Kameradschaft der beiderseitigen Verbände. Auch Regierungsrat Dr. Lampe aus Dres den äußerte sich als Vertreter der Gebirgsvereine für die sächsische Schweiz in ähnlichen Gedankengängen und wür digte besonders den Wert der gegenseitigen Anregung. Herr Wabersieg aus Hainspach feierte die engen Beziehungen des Gebirgsvereins für das nördlichste Böhmen zum Ver bände „Lusatia". Er weckte verständnisvolle Heiterkeit, als er plötzlich aus dem gemessenen Hochdeutsch in unverfälschte „Edelrollerei" verfiel. Herr Menzel aus Jonsdorf be leuchtete das Verhältnis zwischen Hochwald-Lausche-Gau, Verkehrsverband und Verband „Lusatia" unter dem Aus druck der besten Glückwünsche. Schließlich sprachen noch die Ehrenmitglieder Werner aus Oberoderwttz und May aus Hörnitz. Den wertvollen Kern der Feier bildete die Festrede des zweiten Vorsitzenden Ebert aus Eibau, der in ebenso mühevoller als dankenswerter Arbeit aus weit verstreuten Aktenaufzeichnungen das Material für eine erschöpfende Verbandsgefchichte geschürft und gesichtet hat. Er streifte in fesselnder Rede die.Vorläufer des Verbandes und wür digte weiterhin die beiden bedeutenden Schöpfungen der „Lusatia", den besonders von dem Löbauer Kaufmann Robert Rowland angeregten und stark geförderten Aus sichtsturm auf dem Kottmar, der schon kurz nach Gründung des Verbandes, im Jahre 1881, der Öffentlichkeit übergeben werden konnte, und das am 4. September 1921 geweihte Ehrenmal zum Gedächtnis der im Weltkrieg gefallenen Lusatiamitglieder. Besondere Beachtung sand die Bemer kung des Redners, daß die Arbeit der deutschböhmischen Gebirgsvereine bei der tschechoslowakischen Regierung praktisch größere Würdigung fände, als die sächsischen Ver bände bei ihrer Landesregierung. In seinem Schlußwort teilte Dr. Heinke zunächst kurz die ungemein zahlreichen Eingänge an telegraphischen und brieflichen Glückwünschen mit; die Verlesung des Wortlautes war jedoch leider wegen der bedenklich vor gerückten Stunde nicht mehr möglich. Mit besonderer Ge nugtuung wurden bei Nennung der Gratulanten die Namen der Staakstninister Richter sowie der Ehren vorsitzenden Professor Dr. Lamprecht und Weder be grüßt. Nachträglich ging übrigens noch ein Telegramm der Stadt und des Verkehrsvereins Zittau ein. Dr. Heinke führte dann weiter aus, daß jede Erziehung zur Heimat liebe Dienst am Volke sei, der Frucht und Gewinn bringe. Der Gedanke, der in der Antäussage zum Ausdruck kommt, müsse auch für die „Lusatia", ihre Mitglieder und die Volksgemeinschaft Anwendung finden. Der Festaktus schloß mit dem gemeinsamen Gesang des Mozartschen Bundeslieds „Brüder, reicht die Hand zum Bunde", wobei sich die Versammlung von den Sitzen erhob. Das war ein Höchst stimmungsvoller Ausklang des offiziellen Teiles. Nach kurzer Atempause erfolgte die Überleitung zu dem reich und vielseitig ausgestalteten geselligen Teile. Das Programm mußte jedoch leider aus den mehrfach angedeu teten Gründen wesentlich gekürzt werden, weil die noch verfügbare Zeit inzwischen sehr knapp geworden war. Zur Durchführung der prächtigen Vortragsfolge, die reizvolle Einblicke in das wendische Volkstum gewährte, hatten sich die Bautzener Jugendgruppen Singschar, Singgemeinde und Volkstanzkreis, Frl. Dora Freyschlag als künstle risch ausgezeichnete Gesangssolistin und als besondere Merkwürdigkeit ein paar wendische Musikanten mit ihren eigenartigen Instrumenten zur Mitwirkung bereitfinöen lassen. In festlichem Umzug marschierte das fröhliche Völk chen durch den Saal zur Bühne. Oberlehrer Frenzel er läuterte kurz den Grundgedanken der Darbietungen, wäh rend Herbert Hen kn er die Ankündigung der Einzel nummern betreute. In bunter Folge wechselten Einzel gesänge und Volkslieder mit Volkstänzen und dem lustigen Treiben der Spinnstube. Ein von Oskar Rolle in Löbau gestifteter mundartlicher Beitrag trug als gemeinsamer Cantus noch wesentlich zur Herbeiführung der gewünschten Stimmung bei. Ehe mau sich dessen versah, war unerbitt lich die Scheidestunde herangekommen. Vor dem Ausein- anöergehen richtete der Berichterstatter noch im Namen des Verbandes herzliche Worte des Dankes an Oberlehrer Frenzel, der mit unendlicher Mühe, aber glücklichster Hand das nach jeder Hinsicht glänzend gelungene Fest vor bereitet hatte. Dann stoben die fröhlichen Scharen der „Lu satia" wieder nach allen Richtungen der Windrose ausein ander, um mit frischen Kräften in das neue Halbjahrhun- üert und an neue ersprießliche Arbeit zu gehen. Vivat, crescat, floreat Lusatia in saecula saeculorum! Bruno Reichard. MgrrO Zur 5v-ZMsmr des MrbaMs..Matm am 18. Mai 1SZ0 in Bautzen. Ein halb Jahrhundert ist im Weltgeschehen, Im Strom der Zeiten eine kurze Spanne; Geschlechter steigen auf, und sie vergehen; Wir alle, alle unterstehn dem Banne Des Irdischen. Mag noch so trutzig stehen Auf einsam-steiler Höh' die Wettertanne: Auch sie fällt einst! Uns soll es nicht verdrießen: Aus Trümmern muß ein neues Leben sprießen! Der Kosmos ist unsterblich, und das. Leben Vermag der tote Stoff nicht zu vernichten; Drum ist vergeblich immer unser Streben, Im Dienst freiwillig übernomm'ner Pflichten Mit geist'gen Kräften, wie sie uns gegeben, Für unsre Mitwelt Taten zu verrichten, Die, unvergänglicher als Turm und Mauern, Die Zeiten und Geschlechter überdauern! Lusatia! Auch deine hohen Ziele Bewegen sich auf diesen stolzen Bahnen! Der Wege, die wir gehen, sind gar viele: Dienst an der Heimat steht auf unfern Fahnen! In ungehemmtem, freiem Kräftespiele, So folgen wir den Spuren unsrer Ahnen, Und unsre Kinder, unsre Enkel halten Dereinst es wohl nicht anders, wie wir Alten! Der Lausitz regste Kräfte sich verbünden, Den Brüdern in den andern deutschen Gauen Der Heimat hohe Reize zu verkünden Und an dem Weisheitstempel mitzubauen, Uns selbst des Wissens Fackeln zu entzünden, Daß wir der Schöpfung hehre Wunder schauen, Daß unser Volk in zielbewußtem Handeln Mag geistig auf der Menschheit Höhen wandeln! Wir wollen weiter nach Erkenntnis ringen. Blieb selbst die letzte Weisheit uns verschlossen! Wir wollen unaufhaltsam vorwärts dringen Und aufwärts streben froh und unverdrossen! Die Melodien, die im Herzen klingen, Wie Frühlingsblumen heut zum Lichte sprossen: Lusatia, geliebt, geehrt, bewundert, Glückauf! Glückauf ins neue Halbjahrhundert! Bruno Reichard.