Volltext Seite (XML)
der vvn ihm und seinen Gliedern ausging, und wir haben den Glauben, daß nnser Verband im gleichen Sinne weiter bestehen nnd wirken wird. Wenn ein Mensch seinen SO jährigen Geburtstag feiert, da hört er wähl in seiner Seele Saiten anstimmen, die Ab schiedslieder singen wvllen — nnd über sein Gesicht schleicht sich ein ernster weher Schatten. Aber ein Verein, ein Ver band, ans die Natur nnd Heimat gegründet, altert nie, denkt nicht bei der 50-üahrfcier an eigenes Ende und Grab, sv lange es noch Menschen geben wird, die sich ihres Mensch seins nnd ihrer Heimat bewußt sind. lind mag die Menschheit von Spvrtbcgeisternng toben, mögen heute die Motorräder durch unsre Lansitzdörfer don nern und krachen nnd tausend schnittige und rassige Wagen vom Vergrennen durch den blütenreichcn Maientag gemüt los heimwärtssurrcu nnd hupen, sie werden in ihrer Er regung und Spvrtbegeisternng müde werden und wir, der Verband „Lnsatia", wird jederzeit bereit sein, zu sagen: Kommt heim ihr Müden und Gesättigten: wir haben euch in der Natur die mütterliche Heimat erhalten und unsre Lausitzer Heimat in Liebe betreut. Heil dir. Verband „Lusatia"! Unsere SberlaM vor in» Sohren. Von Georg Schwarz, Vanhcn Das Jahr 1830 ist eines der merkwürdigsten in der deutschen Geschichte. Die Ruhe des Biedermeiers ging zu Ende. Neue politische Entwicklungen kamen in Fluß, ernste wirtschaftliche Probleme traten auf. Im sozialen Leben der Staaten zeigten sich starke innere Spannungen, die nament lich im Westen Europas zu folgenschweren Entladungen führten. Von alledem blieben auch Sachsen und die Lausitz nicht verschont. Spanien und Portugal wurden dauernd von revolutionären Bestrebungen erschüttert. In den Nieder lande» zeigten sich starke liberale Strömungen. In Bologna kam es nochmals zn einem Rückfall in die Inquisition. In Hessen kam es zu blutigem Aufruhr. Dresden hatte ernste Straßenkämpfe. In Sachsen ging der Kampf um liberale Ideen und nm Verwirklichung des konstitutionellen Prin zips. Zn einein guten Teile hatten die Bewegungen einen sozialen Untergrund. Vielfach herrschten wirtschaftliche Not stände. Dazu kamen Seuchen nnd allerhand sonstige Krank heiten, Anlaß genug, die Gemüter in Spannung zu er halte». Das Jahr 1830 war der Auftakt zu einer ganzen Periode neuer Unruhen, neuen Gärens nnd Werdens. Bon der großen Welt draußen führten Spuren der Not auch nach unseren heimatlichen Gauen. Wenn von Spanien berichtet wird, daß dort großer Mangel an Wasser nnd Holz und große Armut herrschten, so finden diese Berichte ihr Gegenstück in der Meldung aus Bernstadt, das anschei nend besonders unter der „zunehmenden Nahrlosigkeit" zu leiden hatte. Infolgedessen wurde cs besonders begrüßt, daß hilfreiche Herzen nnd Hände sich der Armen und sonderlich der Kinder annahmen. Rühmend wird der Schulstiftungcn der Scifensiedermeisterswitwc Engelmann nnd des Färbers Bräske gedacht. In Bautzen geriet der Tagelöhner Pech mit Frau und drei Kindern infolge des Genusses verdorbener Speisen in große Not, sodaß die öffentliche Mildtätigkeit einsetzen mußte. Den allgemeinen Notstand in der Oberlausih kennzeich net ein „Pnblicandum" des oberlansitzischen Amtshaupt manns von Jngcnhäff, in dem es heißt: Die von einer Hohen Königl. Sächs. Cvmmerzien-Depu- tativn zur Anfmnnternng des Nahrnngsstandes unterm 12. Man 1826 bekannt gemachten Prcisaufgaben gehen mit dem Schluß des künftigen JahreS 1881 zu Ende, und es ist die allerhöchste Absicht dahin gerichtet, nach Befinden ähn liche Aufgaben für die nächstfolgenden sechs Jahre aus- znsetzcn. Der Unterzeichnete ist daher mit dem gnädigen Auf trage versehen worden, mit den verständigsten und erfah- rendsten Kaufleuten, Fabrikanten, Handwerkern sowie Occo- nvmen in hiesiger Provinz Rücksprache zu nehmen, ob und welche Prcisaufgaben zur Belebung des allgemeinen Wohl standes noch ferner beyzubehalten, zu verändern oder künf tig wegznlassen seyn möchten und welche neuen Gegenstände zur größeren Belebung der Industrie einer ganz besonde ren Aufmerksamkeit iverth seyn dürften.... Seuchen und Krankheiten gingen, wie schon gesagt, um. In verschiedenen Gegenden Deutschlands trat die Cholera auf. Die Kirchenbücher der Oberlausitz verzeichnen außer ordentlich viele Todesfälle an Entkräftung, wovon oft Leute in den besten Jahren betroffen wurden. Abnorm scheint auch die Witterung gewesen zu sein. In ganz Europa herrschte zeitweise eine außergewöhnliche Kälte. Zwischen Georgewitz und Unwttrde bei Löbau erfror Weih nachten 1828 der 60 jährige Auszügler Bartusch aus George witz. Desgl. wurde in Steinborn bei Königsbrück der Gärt ner Driesnack ans Röhrsdorf im Schnee erfroren aufge funden. Auf dein Wege nach Kottmarsdvrf erfror am IS. Ja nuar 1830 der Weber Wünsche ans Kottmarsdvrf, der seine Leinewand in Obercunnersdorf abgeliefert hatte. Er war im hohen Schnee umgekommen. Auf Dornhenncrsdorfcr Flur wurde am 21. Januar Gottlob Schönfelder aus Reiche nau erfroren aufgefunden. Er war ins Holz gegangen und hatte sich dabei im Schnee verirrt. Am 28. Januar wurde der seit 10 Tagen vermißte Gerichtsschöppe Lunze aus Meiß- nisch-Pulsnitz ans dem sogen. Klingelteichdamme erhängt aufgefunden. Seine Leiche war, wie die Chronik berichtet, hart gefroren. In Kärnten war, was nur aller Vierteljahr- Hunderte vvrgckvmmcn sein soll, der reißende Draustrom zngefroren. Seit 1383 sollte dort in keinem Jahre mehr so viel Schnee gefallen sein. In Madrid starben 100 Leute an Külte. Auch die nordafrikanischen Küsten waren mit Schnee bedeckt. Venedig war von einer Eiswüstc umgeben. Auch der Rhein ivar zngefroren. Am 3. Februar 1830 war der sogen. Oberste des Boden sees vollständig zugefroren. In den Pyrenäen fielen 14 000 Stück Vieh der Kälte zum Opfer. Die großen Schneemassen hatten allenthalben gewaltige Überschwemmungen zur Folge. Am 1. März brach, wie die Chronik berichtet, eine entsetzliche Wasser- und Eismasse alle Dämme der Elbe, „überflutete Felder, Wiesen und Auen, führte Häuser, Geräte, Vieh und Lebensmittel mit sich fort und raubte vielen Menschen Wohnung, Unterhalt und die tröstende Aussicht der Zukunft." Zwischen Dresden und Meißen war jede Verbindung unterbrochen, in Wittenberg wurden zwei Joch der großen Elbbrücke weggerissen. Selbst Zwickau hatte Hochwasser. Wien hatte Hochwasser wie nie zuvor. Bei Bremen kam cs zu folgenschweren Deichbrüchen, wobei 23 Häuser weggerissen wurden. „Die Not der Städte nnd Dörfer an der Oder durch Eismassen und das solchen nachstürzende Wasser mit Durchbruch der Deiche und Zer störung mancher Schleusen ist ebenfalls sehr groß." Auch an anderen Naturkatastrophen war das Jahr 1830 reich. Am 28. Mai suchte ein schweres Gewitter mit einem wütenden Sturme die Gegend vvn Strahwalde heim. In Ober- strahwalde stürzte das herrschaftliche Stallgebäubc zusammen und begrub zwei Mägde unter sich. Eins der Mädchen war sofort tot. In Taubenheim war eine Linde von über 5 Ellen Umfang umgebrochen und zertrümmerte den Dach stuhl des Herrmannschen Hauses. In Großhenners dorf wurde die Windmühle umgebrochen und der Müller dabei schwer verletzt. Am 10. Juli suchten schwere Gewitter Ober- und Mittelsohland a. Sp., ^Großdehsa, Lehn mit Jauernick, Bellwitz, Lawalde, Wendisch-Paulsdorf usw. mit schwerem Hagelschlag heim, wobei großer Flurschaden ent stand. In Oybin brannte das Steudtnersche Haus durch Blitzschlag nieder. Gerichtsdirektor Karl Gottfried Auster zu Lehn und Niedersohland veranstaltete zur Linderung des