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Osternsekt Der Erde sichtbar, sind am Auf ¬ begehen die Serben das Weiderutenfest, die Wrbiza. Schon Urkunden aus dem zwölften Jahrhundert erzählen von diesem Fest, das mit dem altslavischen Baumseelenzauber zusammen hängt. Ein Schlag mit der Weiderute überträgt die fruchtbrin gende Kraft der Pflanze auf den Geschlagenen Drum schlagen die Burschen Mädchen, Frauen und Tiere mit dem Rus „Frisch und gesund". Zaubcrkräftig sind auch die Ostereier, die man aber bei den Serben nicht wie in Westeuropa mit dem Osterhasen in Ver bindung bringt. Am Gründonnerstag, der hier „Grosser Don nerstag" heißt, beginnt die Vorbereitung der Ostereier. Die Hausfrau sucht die schönsten aus und färbt sie rot. Die Eier, die von den Mädchen an die Burschen gegeben werden, erfahren aber besondere künstlerische Ausgestaltung durch Ausmalen von Ornamenten mit künstlichem Wachs. Dem ersten aus dem Farb topf gewonnenen Et soll eine besondere Kraft innewohnen. Darum nennt man es „Hüter" oder „Schützer", Tschuwar. Be streicht man die Wangen der Kinder mit dem Ei, solange es noch warm ist, dann werden die Wangen immer rot bleiben. Gräbt man es unter einen Weinstock oder Obstbaum, dann trägt dieser besonders reiche Frucht. Die Zahl der gefärbten Eier geht in jeder Familie in die Hunderte, denn jeder wünscht mög lichst vielen Ostern, und keiner darf ein Haus ohne Ei verlassen. Und am Ostersonntag halten alle Gläubigen bei dem an Symbolik reichen orthodoxen Gottesdienst Kerzen In den Hän den, und wenn der Pope ruft: „Christ ist erstanden", dann ant wortet freudevoll die ganze Schar der Gläubigen: „Er ist wahr hast erstanden". Mit diesem Gruß betritt der Familienvater nach dem Gottesdienst sein Haus, den geweihten Osterkuchen In der Hand, und mit der Ostcrkerze zeichnet er dreimal da» Rauchkreuz auf den Deckenbalken. Dann geht es ans rcickllch» Ostermahl. F R. Oesrterlicke Als vor rund vierhundert Jahren die größten italienischen Meister dem Abendland das Vorbild des klassischen Menschen in Stein und Farbe schenkten, gelang deutschen Meistern die nicht weniger erstaunliche Entdeckung der Natur; sie erkannten den Wert der Landschaft, lernten sie ohne Beiwerk sehen und ver standen es bald, sie durch sich selbst wirken zu lassen, indem sie sie zum selbständigen Beanstand in ihren Zeichnungen und Gemälden machten. Bis dahin war die Landschaft nur Hinter grund gewesen, und selten wirklich ausgeführt; bisher mehr oder weniger vollendete Studie, wurde sie nun selbständiges Bild. Zu den Entdeckern der deutschen Landschaft gehören die beiden Meister der Donauschule Albrecht Altdorfer und Wolf Huber. Daß diese frühen Meister gerade die frühlingsfro'-e, oie „österliche Landschaft" immer wieder mit Farbe und Feder dargestellt haben, ist verständlich, denn gerade die Zeit des Wer dens und Aufblühens zeigte ihnen die Natur, die Erde in ihrem ganzen, von tausend Wundern umwitterten Geheimnis. Wenn man die stillen Donaulandschasten Altdorfers betrachtet, hört man die Erde atmen, man fühlt förmlich, wie alles Neue aus Hüllen, Höhlen und Schößen ans Licht drängt, man spürt den Willen zum Frühling unter, auf und Uber der Erde. Aehnlich ergeht es uns vor den herrlichen Handzeichnun gen Wolf Hubers (1400—1553). In dem bekannteren Blatt „Burg an der Donau" sieht nian fast, wie Regenwolken und Wind das letzte dürre Laub des Vorjahres weggewlrbclt haben und Aeste »m- Zweige nun blank sind und aufnahmobereit für das neue Grün; selbst die alten, aus dem Fels wachsenden Burg mauern scheinen sich aufzurecken, der Ostersonne entgegen. Aus einem anderen Blatte hat Wolf Huber das verträumte „Feld kirch" «Vorarlberg) mit zarten Strichen sestgehalten, im Vor dergrund die III, vorüber die atte Zollbruck« mit dem Mauth« Häuschen, rechts am Ufer der vielhundertjährige Festungsturm, rechts vorn ein hoher breitwtpfeligcr Baum, im Hintergrund Veraland, und über allen mit wenigen hingeworfenen Striche» die strahlend« Frühlingssonne, die alles übergoldet. Mel hat von Wolf Huber sein Zeitgenosse (und wahrschein lich auch sein Schüler) Augustin Hirschvogel (1503—1563) ge lernt und oies öffentlich bekundet, Indem er einige seiner besten Radierungen al» „nach Wolf Huber" bezeichnete. Zu Hirsch- Orieckiscke Ostern Das griechische Osterfest, das größte aller griechischen Feste, wird mit besonderer Sehnsucht erivartet mü) mit großer Freude gefeiert, allerdings acht Tage später als unser Ostersest. Vier zig Tage vor Ostern beginnen die Fasten und mit ihnen ein regelmäßiger Kirchenbesuch am Mittwoch und Freitag gegen, Abend, der Immer stärker wird, je mehr Ostern sich nähert. Dieser abendliche Kirchenbesuch erinnert fast an unsere Weih nachtszeit: das Gotteshaus hellcrlcuchtet im flackernden Schein der Hinderte von brennenden Kerzen, der durch die bunten Kirchensenster dringt, dazu der Gesang der Geistlichen und des byzantinischen Kirchenchores, der geheimnisvoll aus dem Innern der Kirche tönt, die Menschenmenge, die dichtgedrängt in den meist kleinen Kirchen Platz genommen hat und oft noch drau ßen aus den Stufen und nebenher aus der Straße andächtig den A-aivetismoi lauscht. Man nennt diese Gesänge so, weil sie meist mit -em schönen Worte „Chaire" sFreue dich), also einem Gruß, beginnen. Unter diesen vielen byzantinischen Kirchenge sängen ist wieder der Akathistos Hymnos der bekannteste. Sein Entstehen fällt in «ine kriegerische Zeit. 826 n. Ehr. wurde Konstantinopel von den Persern und Arabern schwer belagert, die Not war riesengroß, und die Stadt wäre sicherlich den grau samen Feinden zum Opfer gefallen, wenn nicht ein fürchter licher Sturm die aus kleinen Sclsiffen bestehende Flotte der Angreifer fast restlos vernichtet hätte, was die Slaven zum Abfall von den Persern und Arabern veranlaßte, die nun ent gegen allem Erwarten die Belagerung aufhoben. Als Dank für diese wunderbare Errettung aus tiefer Not entstand dieser Hymnus, der dem die Stadt mutig verteidigenden Patriarch» Sergius zugeschricbcn wird. Wegen seiner reinen religiösen Gefühlsäußerung, seinen poetischen Tugenden und seinem melo dischen Klange eroberte er sich die gesamte orthodoxe Christen heit und gehört noch heute zu den beliebtesten und verbreitet sten Kirchengesängcn der griechisch-orthodoxen Kirä>c. Wie bei uns, so färbt auch die griechische Hausfrau Eier, hauptsächlich rote, doch kennt man das Märchen vom Osterhasen nicht, ebensowenig ein Verstecken und Sucl-en der Ostereier. Dagegen ist cs üblich, die Ostereier sich mit den Spitzen gegen seitig einzuschlagen, was zu vielen Scherzen Veranlassung gibt und den als Sieger hervorgehcn läßt, dessen Ei an, längsten „Form" behält. An diesem Spiel beteiligt sich gewöhnlich auch der König mit seinen Soldaten am Ostersonntag, an dem er nach einer noch vom Bayernsohn und ersten Gricchcnkönig Otto stammenden Tradition die Athener Kasernen besucht, übrigens ein Brauch, den König Otto aus Bayern eingeführt haben soll. Am Karfreitag herrscht in den Kirchen ein reges Leben, und fleißige Mädchenhände schmücken den „Epitaphios", eine Bahre, auf der Christus am Abend zu Grabe getragen wird. In Athen wirkt in der Metropolis, der Hauptkirche, diese Prozes sion am großartigsten, hier beteiligt sich der Ministcrrat an der Prozession, die von Militär mit gesenktem Gewehr und der Militärmusik unter den Klängen des Chopinschen Trauermar sches begleitet wird. Das ist besonders für die zu dieser Zeit in Athen befindlichen Fremden ein wunderbares Schauspiel, die reich geschmückten, byzairtinischen Gewänder der hohen grie chischen Geistlichkeit zu sehen, den so fremdartig klingenden byzantinischen Kirchengesang zu hören mH die vielen, vielen Menschen, die diesem Prozessionszuge folgen, wobei alle Teil nehmer, aber auch alle Zuschauer aus den Straßen und Plätzen eine brennende Kerze tragen. Ganz Athen, ja, man kann lagen ganz Griechenland erstrahl« in einem Hellen Lichterlchein, denn sÄes Kirchlein, auch im «Infamsten und entlegensten Dörfchen, zieht hinter der Bahre de» Heilande» unter Kirchen- Der Frühling rückt heran. Der wievielte Frühling im Nor den ist es für mich? Der vierte, der fünfte?... Petersburg, Moskau — das alles trat so weit zurück, als ob Jahrhunderte mich von diesen Zeiten trennten, so anders ist das Leben ge worden! Es verschwanden fröhliche Gesichter, gute Kleider, eine wie beabsichtigte Nachlässigkeit im Aeußeren trat an ihre Stelle. Wahrscheinlich muß der Mensch der kommunistischen Aera so aussehen. Und das innere Bild? Zusammenbruch und Verwüstung des Gedankens, Erniedrigung des Gefühls, Men schenscheu. Die Allmacht der GPU wurde grenzenlos. Eigentlich ist die GPU der einzige und unbeschränkte Herr der Lage. Aber was folgt weiter? Eine Katastrophe, ein Rückgang oder die Fortsetzung der kommunistischen Offensive?... Die Re volution beginnt mit der Zerstörung, darauf verlebt sie ihre Tage in Unzucht, Diebstahl und im grauen Einerlei. So lautet ein französisches Sprichwort. Noch ist die erste Periode nicht durchlebt, man hat aber schon alle Eigenschaften der zweiten vor Augen. Ein Jlych scheint auf dem ganzen Lande zu liegen: Fabriken ruhen wochenlang oder bringen lauter Ausschußware hervor, der fette, fruchtbare Boden Rußlands wurde auf einmal wie erschöpft, für ein Stück Brot sind die Menschen zu allem bereit; es blüht der Wucher des Zwischenhandels; Literatur und Wissenschaft wenden nur Zitate von Stalin an, Museen und Bildergalerien werden verwüstet und geschlossen, Kirchen in die Luft gesprengt. Kalinin hat erklärt, daß es bis zum Jahre 1040 keine einzige Kirche mehr im Lande geben darf. In unserer Stadt wird die letzte Kirche — Kirche der Auferstehung Christi — auf „Wunsch der Arbeiter" abgebrochen. Nur noch ein einziges kleines Kirchlein bleibt uns übrig auf dem Stadt- friedhos. Und die Stadt hat beinahe 160 000 Einwohner! Es ist Sonnabend vor Ostern, beinahe Mitternacht. Ich warte in diesem Kirchlein auf den Anfang des Ostergottcs- dicnstes. Während der Karwoche kam ich jeden Tag Hierher und bin noch ganz unter dem Eindruck der ergreifenden Pas- sionsgottesdienste, der Passionschoräle, die so erfüllt sind von göttlicher Mystik des Leidens. Es herrscht Halbdunkel. Die Kirche wird bald übervoll, man kann sich kaum bewegen. Eine Verkörperung des gemarterten Rußlands! kommt mir in den Sinn. Armselige, abgetragene Kleider, blasse, gleichsam ver welkte Gesichter. Die meisten der Andächtigen sind Aus gewiesene aus atzen Tellen Rußlands, Vertreter aller Stände, vom einfachen Bauern bis zum raffinierten Gelehrten. Ein ge meinsames Schicksal vereinigt sie. Genau um Mitternacht öff net sich die Altarpforte, und die Geistlichen mit dem Erzbischof vom Norden, Antonius, einem imposanten Greis mit langem, weißem Bart, an der Spitze, treten singend hervor Im weißen, glänzenden Ornat, mit brennenden Kerzen. Auch die Betenden zünden schmale, winzige Lichtstiimpschen an, die von der Hitze aufwcichen und sich seitwärts neigen. „Christus ist auferstanden!" ruft der Erzbischof, und segnet das Volk nach drei Seiten hin. „Wahrlich, Er Ist auferstanden!" antwortet die ganze Ge meinde. Die feierliche Prozession um die Kirche herum findet nicht statt, sie ist von den Behörden verboten worden. Der Erzbischof schreitet durch das Innere der Kirche, durch die dichten Reihen der Betenden, von den flackernden Kerzen unsicher beleuchtet. Der Chor singt den fröhlichen Osterkanon des Johannes von Damaskus: „Vom Tode zum Leben, von der Erde zum Himmel trug uns Christus alle... Der Himmel soll sich freuen, die Erde jubeln, der ganze Kosmos, sichtbar und unsichtbar, denn Christus Ist auferstanden, eure Freude... Heute ist alles von Licht durchdrungen, der Himmel, die Erde und die Unterwelt, denn heute ist der Welt Heil erschienen... Des Todes Ver nichtung begehen wir, der Hölle Zerstörung, des anderen ewigen Lebens Anfang... Schmücke dich und juble, Jerusalem..." Juble, Jerusalem!.. Ich schaue auf die Gesichter. Vielleicht scheint Freude auf Ihnen, aber die Freude einer Ekstase. So blickten wahrscheinlich die christlichen Märtyrer zu Neros Zeiten... Da stehen zwei verbannte Schwestern N„ die Töchter eines Zarendiplomaten, beide noch jung: in ihrer Nähe Ist der glte A.. ein ehemaliger Gardeoberst aus Petersburg, alle mit brennenden Kerzen in den Händen. Weiter erblicke ich F., den ausgewiesenen Historiker aus Moskau, eine vornehme, Hohe Gestalt. Die hiesigen Klatschtanten halten ihn für einen Groß fürsten, der sich geheimnisvoll gerettet hat und sich nun ver birgt. Gerüchte gehen durch Rußland über die Rettung der ZarcnfamNle. Ist cs das Sehnen nach ihrer Wiederkehr oder wird in ihrem Schicksal nur das Martyrium von Rußland ver körpert? Da steht ein verbannter Professor der Mathematik und neben ihm der frühere ungeheuer reiche Moskauer Stoff- Fabrikant S., der erste Kenner von Webstoffen in Rußland, jetzt Arbeiter auf einer Sägemühle. Wie zerlumpt er ist! „Christas Woßkrehje" — ertönt wieder die Stimme des Erzbischofs. „Woistinnu Woßkreßje!" vogels anmutigsten Blättern gehört die „Osterlandschast um 1546"; in ihm ist alles Lebei, der neugeschautcn Erde einge fangen: der männliche Ernst des crivachenden Waldes und da neben das feuchte Keimen der herben Frllhlingswochen, die sich zu neuer Belaubung reckenden Bäume und die im frühen Safl- arün schimmernden Wiesen, und die Wasser des Flusses plät schern so munter unter dem geschlängelten Steg dahin, daß so gar dessen Holzpfeiler die Erneuerung alles Lebendigen in ihrer morschen Steifheit spüren, wenn mich nur als Erinne rung. Dor Meister hat. wohl aus Freude über die gelungene Arbeit, sein Signet in Form eines Päckchens an den Ast eines noch kahlen Baumes gehängt wie einen frohen Wandergruß für das österliche Land. „Man braucht nit so weit in die Ferne zu gehen", schrieb Dürer nach seiner Italienreise an -en Freund Pirkhoimer, „auch bei uns sind Gottes Lande schön". Und wie schön, das hat Meister Albrecht sehr ost bewiesen in seinen Zeichnungen und Bildern. Man denke an sein um 1500 entstandenes Aquarell „Das Weiherhäusci-en", diese stille Pegnitzlandschaft bei Son nenuntergang nach einem gewittrigen Frühlingstag; man spürt die Verwandlung, die in den Frühltngsmochen hier vor sich gegangen ist, die hinter den schweren dunklen Wolken ruhen den Winde scheinen im Bann des neuen Werdens zu stehen, die vor kurzem noch vergilbt aussehenden Weiden sind nun von Hunderbtausenden von feinen hellgrünen Grasspihen durch setzt. Nur wer die deutsche Landschaft so sah und so genau kannte wie Dürer, konnte solche künstlerischen Köstlichkeiten schaffen, wie die „Akelei" oder „Das Rasenstück", die wunder samen Ausschnitte aus dem großen Wunoer Landschaft. Nach diesen Meistern haben noch viele deutsche Maler sich in das Wesen der deutschen Frllhltngslandschaft versenkt, es sei erinnert an Caspar David Friedrich, Ludwig Richter, Karl Ble chen, Philipp Otto Runge, Spitzweg, Schwind oder an den Schil- derer des Schwarzwaldes, Hans Tnoma. Jeder von diesen Dia lern sah den Frühling seiner Heimat, aber alle malten oder zeichneten den deutschen Frühling, die Auferstehung der Natur aus wlnterstorver Ruhe zu neuer Entfaltung, die mehr gefühlt als gesehen werden muß, mehr geahnt als mit bewußten Sin nen erlaßt werden kann; sie gaben uns alle eines: die österlich« Landschaft, sn der es keim« und wächst dem Lichte zu. Auch wir sollen uns neu entfalten in diesen Tagen, um Teil zu haben an -em sich Immer erneuernden Leben. Lin Lrlednis im Xoräen Kuülsnäs 6em ^sgeduck eines verbsnnten Küssen Menschen umarmen sich, küssen einander dreimal zum Ostergruß. „Einander umarmen wir". —Eine andere Schwester N. geht durch die Reihen der Betenden. Wohin will sie denn? ... Ein großer, älterer Herr mit einem ungemein seinen Ge sicht und langem Bart, in groben Vauernschafspelz gekleidet, steht etwas von ihr entfernt. Tiefe Trauer ruht auf seinen be herrschten Zügen. Fräulein N. nähert sich ihm: „Christas Woßkreßje!'^ Er fährt zusammen. Sie küßt ihn dreimal und reicht ihm ein Osterei. Er will ihr etwas sagen, doch sie ist schon verschwunden.... Tränen strömen Uber sein Gesicht... Es ist schon ganz hell zum Ende des Gottesdienstes. Bei der Kirchentiir treffe ich den verbannten Ingenieur G. von dem Bau der neuen Holzfabrik. Er ist doch Atheist? „Christas Woßkreßje" trete ich auf ihn zu. „Woistinnu Woßkreßje" ant wortet G. und zuckt die Achseln. „Wenn Sic immerhin an die Beschwörungen glauben!" — „Aber warum sind Sie denn ge kommen, wen» Sie nicht glauben?" lächele ich. — „Unerklär lich ist die Menschenseele", sagt er finster. Wir wandern auf dem Friedhof zwischen den Gräbern um her. Ueberail merkt man das Wirken des Frühlings. Schnee schmilzt, hier und da ist die schwarze " ' Die Lust ist mild, die Knospen an den Bäumen breche». „Haben Sie gesehen, wieviel Jugend heute in der Kirche war?" wende ich mich an G. „Rückkehr der verlorenen Söhne, Hoffnungsschimmer von Rußlands Rettung..." Lüdosteuropäiseke Osterbräueke Ungarn un6 8ü6slavlen 6as /^ukerstekungskest keiern In Ungarn finden sich verschiedene eigenartige Oster- bräuche, die man bei anderen europäischen Völkern vergeblich sucht. Sie gehen noch auf die vorchristliche Zeit der Magyaren, dieses ohne Verwandte in Europa lebenden asiatischen Volkes zurück. Am Beginn der Fastenzeit, in der es „mehr Tage als Würste gibt", am Aschermittwoch, geraten nach der alten Mähr der Wojwode Kone, der Schutzpatron des Fleisches und Weines, und der Wojwode Cibere, der Schutzpatron von Not und Ent behrung, in einen heftigen Streit, der mit einer schweren Ver wundung des Gottes der Flcischmengen und Wcinfluten endet. Vierzig Tage bleibt Wojwode Kone schwer verwundet liegen, vom Palmsonntag ab erstarken aber wieder seine geschwundenen Kräfte, und zum Ostertag tritt er wieder zum Kampf gegen Wojwode» Cibere an, der dann einen schmählichen Tod stirbt. Im Zeichen dieser Legende ziehen Burschen und Mädchen am Aschermittwoch auf den Dorfanger und vergraben unter feierlichen Bräuchen eine große Flasche Wein. Am Palmsonn tag sammelt sich die Dorfjugend wieder, trägt den durch eine Strohpuppe verfinnbildeten Wojwode» Cibere voran, bis zur Stelle, wo die Weinflasche vergraben ist. Dort hält ein Bursch die Totenrede auf Cibere, der dann in althcidnischer Art ver brannt wird. Die Asche wird, wenn man sich unbeobachtet fühlt, über die Dorfgemarkung geworfen, denn, so meint der Volks glaube, damit sind Krankheit und alle Schäden aus dem Dorf verbannt. Dann wird die Weinflasche ausgegrabcn, und fröhlich geht es ins Dorf zurück. Heilwirkung und Schönheitspendung schreibt man der Oster sonne und dem Osterwasser zu. Wo die alten Bräuche noch unverfälscht herrschen, da holen die Burschen mit Einwilligung des Vaters die Mädchen und werfen sie In den Teich oder Dorfbach. Wo aber Teich oder Bach fehlen, da legt man die Mädchen in den blankgescheuertcn Futtertrog und begießt sie gründlich mit einigen Kübeln frischen Wassers. Diese nasse Sache müssen die Mädchen mit recht freundlicher Miene erdulden, wollen sie nicht die Gunst des Burschen und damit den Ostertanz verscherzen. Außerdem wer den die Burschen für diese Leistung kräftig mit Speise und Trank bewirtet. Eine erheiternde Erscheinungsform hat diese altmagyarische Sitte in den ungarischen Städten gefunden. In der Stadt ist dieser Osterbrauch seiner magyarischen Urkraft entkleidet und wird in zarter, ritterlicher Form durchgeführt. Die Burschen füllen wohlriechendes „Wasser" in Ihre Flaschen und besuchen am Ostertag und Ostermontag ihre Bekannten und besprengen überall die Damen des Hauses mit Parfüm. Und die Männer, die werden am Ostertag nickt mit Wasser begossen, dafür aber begießen sie am Ostertag in Weinkellern und Gast stätten das Feft mit Wein. Wieder anders sind die Sitten bei den Südslaven, bei Serben und Bulgaren. Die orthodoxe Kirche hält aus strenge Fasten. Der Winter ist in den finnischen Bergen auch recht hart. Um so größer ist die Osterfreude. Am Palmsonntag „Ich bin andrer Meinung", schüttelt er den Kops. „Nur das ungewohnte Neue übt Anziehung aus, oder zeitweilige sexuelle Sättigung. Glauben Sie mir, wie man auch den Wolf füttert, er wird doch nicht zahm und kehrt in den Wald zurück. Religion Ist vor allem Entsagung, und sie sind Ritter der Hottentottenmoral. Die ist viel leichter, und sie werden ihr treu bleiben. Wie sollte es auch anders sein? Von Kino- heit an haben diese Ideen sie durchdrungen, beinahe mit der Muttermilch. Wieviel Lenin-, Marx-, Engels-Schulen gibt es doch im Lande — dazu die Literatur, Theater... Alles wird getan, um ihr Gehirn kommunistisch umzuarbeiten. Wie könnte denn das alles spurlos verschwinden?... Ich glaube, daß so gar rein physiologisch ihre Umwandlung unmöglich ist; die Gehirnzellen, die den Glaubensprozeß verwalten, sind wahr scheinlich bei ihnen abgestorben. Und Sie halten sie für My stiker! Das ist höchst naiv!" „Und junge Geistliche", unterbreche ich ihn, „ganz junge, die sich freiwillig dem Martyrium weihen? Ist dies auch..." „Ach", erwiderte er müde, „nur Heuchelei und Hysterie!" Er weiß, daß er unrecht hat, will es aber nicht zugeben. Durch sein Schicksal verbittert, meint er, wie viele andere: je schlimmer, desto besser! — Osterabends gehe ich zu Besuch zu einem alten Arbeiter der Sägemühle. Seine Frau hat mich zum Tue eingeladen. Die alten Leute küssen mich dreimal zum Ostergruß. Auf dem Tisch liegen ein paar rote Ostereier, die sie von früheren Jahren sorgfältig bewahren, als Symbole, als eine Erinnerung an glück liche Zeiten. Sogar der Osterkuchen ist auf dem Tisch, ein sehr armseliger OsterkuchenI Die Frau hat etwas Schwarz brot geröstet, zu Mehl gemahlen und daraus Osterkuchen ge backen. Wir trinken Tee, freilich keinen echten — Karottentee. — " .'7. ...' ... i-. . . ..-I