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Oer psImdoLoken / Von k'erüinanrl )osek ttolrer er es immer tat. wenn er ausbrach. Der Simmerl schlich sich noch einmal in seine Kammer, und als er herabkam, lag über seinem Gesicht ein glücklicher Schimmer und fast andächtig „Die Weidenkätzchen blühen", sagten die Buben und liefen in» Wllhr hinab, wo der Inn rauscht und die heimlichen Alt» wasser durch frühling-helle Gründe ziehen. „Ich mutz den schönsten Boschen haben", schwur sich der Lacknersimmerl, während er hinter den anderen dreinsprang, „denn tch hab' voriges Jahr auch nicht dabei sein können, als die andern ihre Büschel durch das Dorf zur Kirche trugen." Dayial» man er krank daheim gelegen. „Ich mutz den schönsten Boschen haben", wiederholt« er noch einmal und stellte sich genau vor, wie er ausschauen müsse: Auf langem Stock ein riekenhafter silberner Kopf, weich wie Samt und Seide, um flattert von bunten Bändern, geschmückt mit Brezeln und Oster» «eckest. Mit einer grotzen Armlast voll kam er heim. Zwei Tage sah er mit seinem Schnitzelmesser hinter dem langen Erünholz- st«ck«n und schnitt Muster hinein. Muster, di« seinem Kops, entsprangen: wie ein weitzer Bllltenkranz schlang sich da» Aus» geschnitzelte schlietzlich den ganzen Stock entlang und endet« In einem kronenähnlichen Reif. Auf diesem wurde dann Zweig «m Zweig ausgesetzt, mit roten Bändern festgebunden und bald txug der Simmerl den Palmboschen stolz wie ein König auf sein» Kammer. Jetzt noch jeden Tag frisches Wasser darauf gesprengt, und in zwei Tagen «ar der Tag des Triumphes, den ihm reiner sollt« nehmen. Am gleichen Abend wurde die Mutter krank. Als er um di» alte Wavenlies ins Nachbardorf geschickt wurde, ahnte der Ätmmerl, was Grotzes seiner Familie bevorstand; als er mit d»m Rad hiniibcrfuhr, um auszurichten, datz die Wabenlie» akesch kommen solle, rätselte «r in sich hinein, ob es wohl ein BrÜdrrletn oder ein Schwesterlein sei, da» vielleicht morgen schon au, dir alten, buntgemalten Wiege gucken werd«. Sein H„z war voll w>» von einem Frühlingswunder. Die Wabenli«, kam ins Haus. St« war mit der Mutter ty d«r Kammer allein, und der Bater hatte elngehetzt darin; denn es war in den Räumen noch kälter als drautzen, wo schon di» Star« sangen und di« Schlüsselblumen im Eärtletn golden bnlht«n. Der Simmerl ab«r und seine Geschwister satzen still in der Stub», der Brotsterz wollt« ihnen kaum schmecken und ihr Reden war «in Flüstern geworden. Ts war schon dunkel, als plötzlich der Vater in die Stube kam und sagte: „Simmerl, du bist der Aelteste und bist so »»scheit, sorg' dafür, daß alles ins Bett geht, ich mutz zum Doktor fahren. Der Mutter geht «s nicht gut." Durch den Simmerl fuhr ein« heitz« Angst. Aber er ge traut» sich weder zu fragen noch etwas zu sagen. Er nickte. Dann tat er sein« Pflicht, brachte seine Geschwister zu Bett und legte sich schließlich selbst nieder, nachdem ihn die Waben» ltss aus der Küche geschafft hatt«: „Was stehst du denn herum, Bub, mach, datz dich verziehst." Aber ,r schlief nicht. Er hörte nach geraumer Zelt das Auto des Arztes vorfahren, stand mit blotzen Flitzen am Fenster, sah den Doktor ins Haus treten, hörte ein leises Gehen in den Räumen zur ebenen Erde, sah dann den Arzt wieder aus dem Haus treten und sah, wie «r und der Vater die Mutter zum Auto trugen und si« hineinbetteten. Der Vater strich ihr segnend über den Scheitel, dann siel der Schlag zu. Mehr sah der Simmerl nicht; denn aus seiner Seele stieg ein Schrei hoch, der durch das Haus gellte: „Mutterl Mutter!" Als der Vater in di« Kammer trat, sagte er rauh zu dem Buben: „Willst du das ganze Haus auswcckenl Marsch, hinein «ns Nest!" tLrlt am Morgen, ass sie bei der Brennsuppe satzen, sagte der Väter: „Die Mutter hat nach Rosenheim müssen ins Krankenhaus. Wenn es gut geht, können wir sie morgen be suchen. Wir müssen aber um fünf Uhr schon losgehcn, datz wir zum Halbachtuhrzug zurechtkommen. Wenn du brav bist, Sim merl, darfst mitgehen; denn die Wabenlies Hilst dann morgen bet den Kindern aus." Der Tag verging langsam und der Simmerl hätte was gegeben drum, wenn sein Vater ihm was gesagt hätte; aber der sprach nicht. Langsam verging die Nacht und der Simmerl lag wach und sann nach, was er seiner Mutter mitbringen könne. Er gedachte, datz morgen Palmsonntag sei und datz er nun wieder nicht dabei sein könne, wenn die anderen ihre Palmboschen zur Kirche trugen. Aber dann umfing ihn der feste, gesunde Vubenschlas. Um vier Uhr weckte der Vater. Man zog sich an. Der Bater ging noch einmal durch den Stall, durch das Haus, wi« drückte er den Palmboschen an seine Brust: „Den bring ich der Mutter mit." Ts war für ihn wie ein Wunder, als sie vor der Mutter standen. Die lag matt und bleich in den Kissen, aber sie lächelte schon wieder das gute Mutterlächeln, ein Lächeln unter Tränen und Schmerzen. Dann wies sie mit der Hand ans einen Korb und sagte: „Simmerl. schau doch dein kleines Brüder! an!" Da wurde der Simmerl ganz verlegen und rot. Und halb zu dem kleinen Geschöpf zugewandt, sagte er: „Mutter, das hab ich dir mitgebracht." Und er legte ihr seinen Palmboschen in die Arme. Da sagte die Mutter: „Simmerl, du bist halt mein lieber Bub!" Für dieses Wort hätte der Simmerl auf alles verzichten können, was sonst eines Buben Osterstolz ist. Ihm dünkt», noch nie seien seine Osterpalmen so herrlich gewesen al» tn diesem Jahr. Vs8 stolze NsZdedurZ / Anno 1630, am sünfzehnten Tage des Monats Oktober, hatte Doktor Reinhart Bake, erster Prediger an der hohen Domkirche de» Erzstistes, ein sonderliches Erlebnis. Wie er sich anschickte, tn der grauen Frühe dieses Morgens die Schwelle des hohen Domes zu betreten, war ihm plötzlich, als ruse jemand über seinen Kopf hinweg, aber so, als werde seine eigene Stimme täuschend nachgeahmt, die Worte, von denen gesagt wird, datz Doktor Martin Luther sie in seinen letzten schweren Lebensjahren ausgerufen habe, da er den christlichen Bruderzwist in deutschen Landen ohne Ausweg vor Augen gesehen, — er hörte also die Worte: Komm, lieber Jüngster Tag! Das erschreckte ihn eigentümlich, denn er war doch eben zu der hohen Domkirche gekommen in der Zuversicht, datz durch den schwedischen Sukkurs, den dieser Obrist von Falkenberg brachte, alle Gefahr leiblichen und geistigen Verderbens von dieser guten und über alle Matzen standhasten Stadt Magdeburg abgewandt werden könne Ja, er war der Hossnung gewesen, datz nun der selben allergrößter Tag herannahe, da sic für alle Zeiten befestigt und befriedet werden solle in dem, was sie nun schon seit hun dert Jahren kämpfend gewesen war: das protestierende und rebellierende und triumphierende Magdeburg! Zu dieser Hoss nung war er willens gewesen, hernach in seiner Predigt alles Volk in der hohen Domkirche zu entflammen. Er sah sich also erschrocken um; aber da war kein Mensch zu erblicken, von dem der Ruf hätte kommen können, es war alles ringsum noch ganz morgengrau und verlassen. Nur die steinernen Gestalten Uber der Paradiesespforte des hohen Domes, die klugen und die törichten Jungfrauen, in ihrer Mitte die Himmelsahrende Maria aus der papistischen Zeit, schauten aus der späten Däm merung des Herbstmorgcns auf ihn nieder, noch so dunkel und verschleiert, datz man die klugen Jungsrauen nicht von den törich ten unterscheiden konnte. Das erschreckte Doktor Bake zum zweitenmal; denn er war von Natur eine zarte und leicht bestürzbare Seele. Es schien ihm, als ob in dieser Ununterscheidbarkeit abermals ein beklcin- mcndes Omen dieses hochbedcutsamen Tages stecke; denn die Stadt Magdeburg führte doch eine schöne Jungfrau im Wappen, und er hatte immer gemeint, datz sie eine kluge Jungsrau sein müsse, die ihr Ocl wohlverwahrt Halle. Indessen wurde da immer noch keine Mcnschenseele vor der hohen Domkirche erblickt, und also sagte sich Doktor Bake, datz Von (lertruö von le k'ort der Ruf, den er vernommen hatte, doch wohl eine Anfechtung des bösen Feindes gewesen sein müsse, der ihm seine eigen« Stimme habe vorgaukcln wollen, wie sie nämlich am zehnten Sonntag nach Trinitatis geklungen hatte — das war der Tag gewesen, an dem der verlaufene und geächtete Administrator des hohen Erzstistes sich hier wieder eingesunden hatte und vom Volk ausgenommen und geehrt worden war; derselbe hatte di« erste Verheißung des schwedischen Sukkurses mitgebracht. Doktor Bake hörte noch immer seine eigene Stimme beim Gottesdienst, wie sie plötzlich so wunderlich verfärbt und verblichen war, al» er das Evangelium von der Zerstörung Jerusalems verlesen hatte — dieses «risst aus den zehnten Sonntag nach Trinitatis. Er hatte damals gemeint, das ganze Volk müsse gleich ihm zu Tode erschrecken! Aber da hatte die Menge draußen vor dem hohen Dom das alte Magdeburger Trutzlied wider das Interim angestimmt — es war aber fast gewesen, als stimm« es wider die Zerstörung Jerusalems an: Mag Seel und Leib verderben, wir nehmen es nicht an, viel lieber wolln wir sterben, Papst, Kaiser fahren lan! Also war da gleichsam das protestierende und rebellierende und triumphierende Magdeburg mitten in di« hohe Domkirche hinein und Uber die gebrechliche Stimme seine» Predigers hinweggesprungen, und diese war in dem gewaltigen Menschendrang des hohen Kirchenschiffes plötzlich so einsam, so ohnmächtig nnd verlosten gewesen wie die Stimme unseres Herrn Christus vor den Mauern Jerusalems. Und genau so ohnmäch tig und verlassen hatte auch eben der Rus geklungen — er hatte geklungen, als ob es für die Stadt Magdeburg überhaupt keine andere Erwartung mehr gebe als die ihrer letzten Dinge! Aber an solcher Verzagung erkannte man ja gerade den Trug des teuflischen Widersachers: es war kein Zweifel, datz derselbe sich hier einmischte. Denn die Stadt Jerusalem war doch unter gegangen, weil sie für die Stimme des Herrn taub geblieben, die Stadt Magdeburg aber hatte wahrlich Gottes Wort ange nommen! Unterdessen waren aber in der Domlirche schon immersort die Türen aus- und zugclprungcn, und wie nun Doktor Bake emporblickte, oa lag keine unourchdringliche Finsternis mehr vor dem grotzen Kruzifix hingestreckt, sondern die Kirche war hell und freundlich geworden, und wo zuvor alles mit Asche zugedcckt schien, da saßen nun schon merklich viele zuversichtliche und er» wartungsvolle Menschen in den Bänken, um Gottes Wort zu — ein Kun8twerk kroke keiertsZe Plauderei sm >Voekenende Von lilsrsbu. Wer wird sich nicht auf Feiertage freuens Aber ob man sich tn den Feiertagen freut, ist eine ganz andere Frage. „Nichts ist schwerer zu ertragen als eine Reihe von Feiertagen!" mahnt das Sprichwort. Aber wer hört auf die Mahnung? Uns kann nichts gescheht, — meinen wir. Bis plötzlich ein Wölklein am Horizont der freien Tage auftaucht, mit Blitzesschnelle wächst und im.Nu den ganzen Himmel unserer Freuden zudeckt. Von Fest freude redet man so gern — aber datz es so etwas wie Festärger gibt, will noch nicht einmal die Sprache wahr haben. Aerger macht freilich alles nur ärger. Aber wenn er einmal da ist, kann man ihn nicht mit freundlichen Redensarten beschwichtigen. Vorbeugen ist auch hier besser als heilen. Dem preutzischen Generalstab rühmte man einst nach, datz er vorsorglich immer die schlimmste Möglichkeit tn Rechnung ziehe. So wollen wir es auch machen. Achtung, meine Freunde! Wenn bei Euch der Oster- ärger nicht etwa schon begonnen hat, dann lest diese Zeilen aufmerksam. Sie sind ein kleiner Leitfaden, um den Fallstricken der üblen Laune in den Feiertagen zu entgehen und so der Festfreude die Wege offen zu halten. ' Wenn das Wetter enttäuscht . . . Festärger zu Ostern kann zwei Ursachen haben: entweder hat man sich auf die Feiertage zu sehr gefreut oder man hat sich gar nicht darauf gefreut. Nehmen wir zunächst einmal das erstere an, weil es das menschlichere ist. Das Wetter ist da die gefähr lichste Quelle möglichen Aergers. Man hat so schöne Pläne für diese zwei freien Tage gemacht! Tagelang hat man über Karten und Handbüchern gesessen, um ja einen meisterhaften Osterausflug zusammenzustellen. Vielleicht hat man gleich Karfreitag und den Karsams tag dazu genommen, will eine kleine Reise durchführen. Der erste Vorgeschmack auf die künftigen Ferien des Jahres soll es sein . . . Und dann gibt es ein Wetter, datz Gott erbarm'! Ostern liegt im April, daran denkt man vorher meist zu wenig. Nicht nur Regen und Kühle, auch Schnee und Hagel sind in diesen Tagen nichts Außergewöhnliches. Aber wie empört ist man, wenn dieser dock wahrschein liche Fall nun wirklich eintritt! Man fühlt sich von Sankt Petrus persönlich beleidigt. „Ausgerechnet am ersten Feiertag mutz es so schütten!" — Ja, ihr Lieben, warum sollte es denn am ersten Feiertag nicht regnen,''da wir doch April haben? Gegen diese Möglichkeit, die doch geradezu eine Wahrscheinlichkeit ist. mutz man sich vorher wappnen. Nicht, als ob man alle Reise- und Ausflugspläno auf geben sollte. Aber man soll diese Pläne elastisch kalten. Nicht nur, was man bei Sonnenschein tun will, soll man sich überlegen, sondern auch, was bei ungünstigem Wetter. Sich nicht überraschen lassen, das ist die Kunst. Menn es wirklich regnet und schneit, wollen wir beglückt lächeln: „Krotzartig, da können wir es uns zu Hause gemütlich machen!" Lacht aber der Osterhimmel in schön stem Glanze, dann wollen wir ebenso fröhlich zum Auf bruch rüsten: „Wahrhaftig, die Sonne scheint! Welche Ueberraschung!" . . . oder das Osterei zu klein ist! Da wir schon von Ueberraschungen reden: da Ist das berühmte „Osterei" auch so eine Quelle, aus der Freude wie Aerger flietzen kann. Wie gesund und be scheiden waren unsere Vorfahren: da tauschte man wirk liche Hühnereier als festliche Gaben. Bunt gefärbt oder bemalt waren sie, das genügte. Das hatte nicht nur einen tiefen Sinn, da das Ei ein uraltes Sinnbild der Lebenskraft ist. Es entsprach auch einer gesunden Ein fachheit der Lebensführung. Allzu viele von uns haben sich von solcher Schlichtheit weit entfernt. Für die Kinder müssen es Schokoladeneier sein, möglichst noch sein ge füllte. Und für die liebe Frau möchte das Osterei min destens die Grütze eines neuen Hutes haben . . . Welche Enttäuschung, wenn diese „Ueberraschung" zu Ostern nicht so ausfällt, wie wir sie bestimmt erwartet haben! Da ist schon manches Osterei zum Erisapfel ge worden. Die alten Soldaten unter uns erinnern sich an die Eierhandgranaten, die wir im Kriege verwendeten, ehe die Stielhandgranaten auskamen. So verheerend kann auch ein Osterei wirken, das den Erwartungen des Empfängers nicht entspricht. Hier ist das Mittel ein sehr einfaches: Zurück zur Einfachheit unserer Grotzeltern! Nicht die Grütze der Gabe ist das wichtige, sondern die Herzlichkeit, mit der sie geboten wird. Hier haben vor allem Sie, meine Damen, eine schwere und schüne Aufgabe. Stellen Sie sich non vornherein so ein, datz Sie eine Enttäuschung aus diesem Gebiete überhaupt nicht treffen kann! Gerade von Ihnen hängt für den Osterfrieden und die Oster- freude im Hause so viel ab. Sie aber, meine Herren, überlegen auch Sie, was Sie zu dieser Freude beitragen können. Fröhliche Feiertage sind ein Kunstwerk, das man nur gemeinsam schaffen kann. Es wird dann wohl geraten, wenn jeder alles von sich und nichts non den anderen erivartet. -.Ich hasse Fekertage . . ." So sind wir unvermerkt zu der zweiten grotzen Gruppe derer gelangt, die während der Feiertage vom Aerger gefährdet sind: zu denen, die sich vorher zu wenig gefreut haben. Die nichts vorbereitet haben und von den Feiertagen überfallen werden wie von einer f Länd lichen Macht. Die ewig Gehetzten gehören in diese Gruppe, die nicht nach einem Stundenplan, sondern nach einem Minutenplan leben. Witzt Ihr, was Venetianisches Glas ist? So ^äh gehärtetes Glas, datz es bei jeder harten Berührung sofort tn feinste Trümmer zerfällt. So sind die Tage dieser Menschen: Sie legen nur die Hand daran,