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Quellenschriften entstanden und erst in der Zeit nach dem baby lonischen Exil in diejenige endgültige Form gebracht worden ist, in der es jetzt vorliegt. Damit haben sich nun für die sogenannte biblische Urgeschichte ganz neue Probleme ergeben, Probleme, die für die ältere Auffassung überhaupt gar nicht bestehen konnten. Ich meine Fragen wie diese: Wie sind diese biblischen Erzählungen über die Urzeit zu verstehen? Haben wir, wenigstens bei der Erzählung von der Sintflut, irgend welche Spuren einer Erinnerung an vorgefallene Ereignisse anzu nehmen? Oder liegt auch bei der Sintflut, wie jedenfalls bei der Schöpfung und beim Paradies, vielmehr ein wundervoller Mythus, aber ohne geschichtlichen Kern, vor? Ferner: Wie sind diese Mythen entstanden? Welches ist ihr letzter Sinn? Haben wir sie in relativ ursprünglicher Form vor uns, oder erst in späteren Umformungen und Ausgestaltungen? Endlich: Sind diese Mythen über die Urzeit in Israel einheimisch? Oder sind sie erst von auswärts zu den Israeliten gekommen? Und woher in diesem Falle? Diese Fragen können schon vielfach aus dem Alten Testament allein bis zu einem gewissen Grade beantwortet werden; und dies ist auch bereits von feiten der alttestamentlichen Forschung in weitein Umfange geschehen. Doch haben uns die letzten Jahrzehnte noch ein weiteres, außerhalb des Alten Testamentes liegendes, äußerst wichtiges Hülfsmittel zur Beantwortung dieser Fragen an die Hand gegeben: Als eines der Resultate der Ausgrabungen in Babylonien und Assyrien ist zur biblischen die babylonische Urgeschichte hinzu getreten. In der in den Ruinen von Nmive zum Vorschein ge kommenen Tontafelbibliothek des letzten bedeutenden Assyrerkönigs Assurbanipal, des Sardanapal der Griechen, aus dem 7. Jahr hundert v. Ehr., fand sich nämlich neben anderen zahlreichen in Keilschrift geschriebenen Resten der babylonisch-assyrischen Literatur auch eine größere Anzahl von Tafeln, welche den Schöpfungs- und Sintflutmythus der Babylonier enthalten. Dazu ist neuerdings durch den in Tell el-Amarng in Ägypten gemachten Fund von babylonischen Tontäfeln ein schon aus dem 15. vorchristlichen Jahr hundert stammender, jetzt in den Königlichen Museen zu Berlin befindlicher Keilschrifttext getreten, der einen mit der biblischen Paradieseserzählung verwandten Inhalt hat. Und ebenso ist vor wenigen Jahren in der Nähe von Babylon selbst eine Keilschrifttafel gefunden worden, die bereits aus der Zeit um 2100 v. Ehr. stammt und ebenfalls schon den babylonischen Sintflutmythus betrifft.