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AO. II Z3 Entlehnung des bibl. Berichts aus dem babylonischen. 17 vom spezifisch israelitischen Standpunkte aus nicht verstehen, warum gerade das Urmeer am Anfang der Dinge allein vorhanden gewesen sein sollte, wie überhaupt die hervorragende Rolle, die das Meer und seine Personifikation als Tehom, Rahab, Leviathan, Meerdrache in dem Jahve-Tehom-Mythus spielt, auf israelitischem Boden recht fremdartig berührt. Der ganze Jahve-Tehom-Mythus, der Kampf des Lichtgottes mit dem personifizierten Urmeer, trägt durchaus keine palästinensische Lokalfärbung an sich und so auch nicht sein Nachklang in Gen. I. Dazu kommt weiter, daß man vom isra elitischen Standpunkt aus es nicht erklären kann, warum sich das Volk Israel die Frage: „Wie ist einst dieser sichtbare Himmel und diese sichtbare Erde entstanden?" gerade mit dem Berichte Gen. I beantwortet haben sollte. Denn nach allen Analogien müssen wir notwendig erwarten, daß man die Bilder für einen derartigen Mythus, foll er einheimisch sein, aus der lebendigen Anschauung entnahm. Dagegen läßt sich das Bild, unter dem man sich die Schöpfung von Himmel und Erde vorstellte, vom spezifisch baby lonischen Standpunkt aus, und nur von diesem, aufs beste ver stehen, woraus solgt, daß das Bild und damit der Mythus in Babylonien heimisch, in Israel entlehnt ist. Denn für den Baby lonier liegt die Sache einfach so. Er sagte sich: Die Welt muß einst in gleicher Weise erstmals entstanden sein, wie sie jetzt noch in jedem Jahr und an jedem Tag entsteht. Wie in jedem Frühling der Frühlingsgott Marduk das vom Winterregen her überschwemmte, dem Meere, der Tiamat, gleichende Land neu hervortreten läßt, so ist auch im allerersten Frühling, am allerersten Neujahr, nach einem Kampf zwischen Marduk und Tiamat die Welt zustande gekommen. Oder, denn Marduk ist zugleich auch der Gott des Morgenlichts: Wie die Sonne an jedem Morgen das Weltmeer, die Tiamat,' burcy- schreitet und aus dem Chaos der Nacht zuerst den Himmel, dann die Erde hervortreten läßt, so ist auch am ersten Schöpfungsmorgen Himmel und Erde erstmals entstanden. Man mache den Versuch, das Bild in ähnlicher Weise vom israelitischen Standpunkt aus begreifen zu wollen, und man wird erkennen, daß dieser Versuch mißlingt. Das Bild verlangt eben als Entstehungsort ein Allu vialland, wie es Babylonien, aber nicht Palästina oder die syrisch- arabische Wüste ist, und es verlangt weiter einen speziellen Frühlings oder Morgengott, wie es Marduk, aber' nicht Jahve ist. Wir häbei^ bisher bloß auf Grund des Schöpfungsberichtes an sich den Nachweis zu führen gesucht, daß Gen. 1 seinem Jn- Der alte Orient. II, 3. 2