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— 40 — ein Mensch stirbet oder gelämt wird; Item: Haus-Friedbrechen, Thüren oder Fenster freventlicher weise beschädigen oder ausschlagen und werfsen; ob jemandes Hohe und befreyete Personen, als die Obrigkeit oder Personen, die im Regiment sind, schulte und injurirte; Item: ob einer an besreyeten Orten einen schmähete, als: auffm Schlosse, Rath-Hause oder in der Kirche. All solche und dergleichen, auch höhere und größere Brüche und Mißhandlung sollen in die Ober-Gerichte gehören, und durch dieselben gerügt und bestraffel werden. / Was aber kleinere und geringere Fälle sind, die sollen in die Erbgerichte gerüget und durch dieselbigen gestraffet und gerechtfertigt werden. Als nemlich: Haar- rauffen, Schläge, die nicht tödtlich sind, daraus auch keine Wunde wird, als braun und blau, schlechte Lügen-Straffe, schlechte Worte, die außerhalb hohen und besreyeten Personen und Orten geschehen, unzüchtig muthwillig Geschrey, Messerzüge, wann niemands dadurch beschädigt wird. Messer und verbotene Waffen tragen, verbotene Waare oder Spiele seil haben oder spielen. Und alle Bürgerlichen Sachen (die nicht von peinlichen Sachen hersliesen) al» Schulde, Schäden, Pfändung, Gütern, liegend, stehenv, fahrend, beweglich oder unbe weglich, die betreffen viel oder wenig." (Nach Resch.) Gerichtsherren waren — infolge Belehnung durch den Landesherrn — die Herren v'on Schönberg schon seit Beginn ihrer Herrschaft aus Schloß Sachsen burg („Heimat" 4./5. Jahrg. S. 159). Sie behielten nur die hohe Gerichtsbarkeit für sich und überließen die niedere dem Besitzer des Erbgerichts, dem Erb rich ter, und dem Rat. Aber auch die hohe Gerichtsbarkeit übten sie in der Regel nicht persönlich aus, sondern hatten dafür einen Amtmann, Gerichtsverwalter oder Schosser eingesetzt, der auf Schloß L-achsenburg seinen Sitz hatte. Besonders schwer wird die Teilung der Befugnisse innerhalb der niedern Gerichtsbarkeit zwischen Erbrichter und Rat gewesen sein. Die Einrichtung des Nates war noch jung; zudem bedeutete sie eine Schmälerung der ursprünglichen Zuständigkeit des Erbrichters. Hier lag der Keim zu künftigem Hader. Einen Blick in diese verwickelten Verhältnisse werfen wir durch Urk. 19. Sie stammt aus der Frühzeit des Frankenberger Rates, aus dem Jahre 1513, und ist deswegen besonders bemerkenswert. Durch landesherrliche „Vorschreibnng" war das „vngeld" (?) „ynn landen allenthalben abgethann" worden. Der Rat aber bewilligt den Gebrüdern von Schönberg auf ihre Bitte dieses Geld von neuem auf 10 Jahre. Zum Dank dafür erhält er u. a. das Recht, Vergehen wie „backenschlegc, horrauffen etc. zw richten vnd zw straffen" „mit v gr. ond mehr hocher". Für solche Vergehen war bisher sicher der Erbrichter zuständig gewesen. Wie bedenklich, daß die Herren von Schönberg solchen Zuständigkeitswandel zum Geldgeschäft machten! Wieviel Streit mag sich daraus ergeben haben! Gerichtsorte waren — entsprechend den drei Gerichtspersonen — Schloß Sachsenburg, das Erbgericht und das Rathaus. Zwischen Erbrichter und Rat muß auch wegen des Verhandlungsorts gelegentlich Streit entstanden sein. Von einem solchen berichtet Urk. 20. Im Jahre 1540 ordnete der Schosser Balten Helbig d. Ä. auf die Beschwerde des neuen Richters Wolfs Geyer an, daß „hynfort alle gerichtshendel: wie geburlichen, (wieder) ym gerichts- Hause gehört vnd gehandelt werdenn". Die Sache hatte sich wahrscheinlich so entwickelt. Nachdem Frankenberg einen Rat und ein Rathaus bekommen hatte, war es für die Ratspersonen mit mancherlei Um ständen verknüpft, ihre Amtshandlungen bald im Rathaus, bald im Gericht vor nehmen zu müssen. Im Rathaus war gewiß alles Nötige viel besser zur Hand als im Erbgcricht, das in erster Linie einen landwirtschaftlichen Betrieb darstellte. Dem juristisch gebildeten Stadtschreiber wird der alte Zopf besonders unbequem gewesen sein. Auf seine Veranlassung') wurden die Gerichtsverhandlungen im Rathaus abge- i) Zch schließe dar daraus, daß er er ist, der den Rüffel vom Amtsverwalter bekommt. Di» Erreguna,-darab«r zeigt sich deutlich in den Federzügen, mit denen er die Entscheidung d« Schosser» ini^ E«richt«buch «ing«trag»n hat.