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36 über dem Schwibbogen des Torhauses, stand ein schwerer Eichentisch, von mehreren Sesseln umgeben. Hier sahen die Ratssreunde beisammen, wenn der Stadtschreiber am Reihetrunk war. Dann hatten die Hausfrau und ihre Mägde alle Hände voll zu tun, um die Zinnkannen mit städtischem Bier, die blitzenden Prunkschüsseln mit Brot und die blanken Toller, die besten des Hauses, mit rosigem Schinken zu füllen. Man war in einem gastfreien Hause. Bei solchen Gelegenheiten wurden sicher auch Sophias Nichte und später deren Töchter zur Aushilfe gebeten. In der Küche blitzten die Geräte für den täglichen Gebrauch: die Teller und das Handsatz aus Zinn. Zinnerne Schüsseln ruhten in einer Truhe. In den Kammern waren Betten, Pfühle und Kissen aufgestapelt. In Truhen und Kisten lagen, sorgsam gemangelt und geschichtet, Bettüberzüge („beth zcichenn", „czwilliche vnd gestrcysfte"), „flechsenne" Bettücher, Tischtücher und Handtücher. Andere Truhen bargen Hemden, Schürzen, Kittel, Aermeljäckchen („keppichen ader ermel"), Schleier, Stirntücher, seidene Hauben, Halskoller usw. In den Schränken waren die Staats- kkeider des Stadtschreibers und seiner Eheliebstsn oufgehängt. Es duftete nach Lavendel oder Mottenkraut. Da hing ein brauner, ein grüner und ein schwarzer „lundischer" Rock mit silbernen „hesftcn", ein schwarzer „mechlischer" Rock, ein schwarzer „limbischer" Mantel, ein grauer „Kemler" Mantel, ein aschfarbener Nock, eine rote „schawbe" (Schaube, ein bis zu den Fützen gehendes weites Ueberkleid). Die Schmucktruhe der Hausfrau enthielt silberne Haarbänder und Ketten, den Korallen-Nosenkranz, einen mit Perlen besetzten Beutel, der beim Kirchgang das Nastuch, das Riechfläschchen und das Geldtäschchen aufnahm. In einer Bodenkammer lagen, in Kisten verpackt, zahlreiche Stücke unver arbeiteter Leinwand („Leymat"). Aus einem Wandbrett ruhten, von bunten Bändern umwunden, mehrere „Kloben" gehechelten Flachses, die des Spinnrades warteten. Einen flachen Haufen Leinsaat hatte man, um ihn vor dem Verschimmeln zu bewahren, auf die Diele geschüttet. Auf dem Oberbvden lagerte gemälzte Gerste. Im Keller ruhte ein stattliches Fatz Bier. Der Stadlschreiber braute, wie die meisten andern Bürger, im Brauhaus des Erbgerichts oder der andern Anspännergüter sein eignes Bier. An das Wohnhaus schlotz sich nach Norden zu die K i r ch h o f s m a u e r (Urk. 8 und „Heimat" 6. Iahrg. Abb. 4 b Seite 15), die bis zum Nachbar Steffan Sck>midt reichte. (Ebenda Abb. 4 c!) In dem Raum dahinter lagen der Hof mit dem Stall und der Garten (der spätere Diakonatsgarten). Im Stalle standen mehrere Kühe. Zwei oder drei Mägde waren daher ständig im Hause. Wie die meisten andern Bürger, betrieb auch der Stadtschreiber eine kleine Landwirtschaft, natürlich nur für den eignen Bedarf. 4 Scheffel Feld von den Schulzen- oder Ratsäckern gehörten zu seiner Besoldung '). Außerdem besaß er aber noch einen Acker auf der linken Seite des Mühlbachtals von der Ältcnhainer Straße herunter. Hier ließ er durch bezahlte Leute Korn und Gerste bauen. An der Straße selbst stand neben dem „heiligen Kreuz" die Scheune (Urk. 12 Z. 3). Vorbesitzer dieses Ackers war Bastian Mctther gewesen (Urk. 1 Z. 11 und Urk. 12 Z. 7 f.), der aber vorher einen zugehörigen Wiesenfleck jenseits des Baches bis zum Mühlgraben hinauf für sich losgcschlagen hatte, allerdings mit dem Recht des Zurücklaufs. Georg Hager hatte von diesem Recht keinen Gebrauch gemacht. Vielmehr verkaufte er im Jahre 1534 den unvollständigen Acker an Vastiann Kune um 180 Gulden, es diesem überlassend, ob er den ursprünglichen Umfang des Gnmdstücks wiederherstellen wollte oder nicht. Dabei nahm der Verkäufer 50 Eld. Zinsgeld des Käufers gegen jährliche Verzinsung mit in Zahlung (Urk. 12 Z. 13 ff.). Ein zweiter Acker, den Georg Hager von Wenczel Schonborner gekauft hatte, lag vermutlich am rechten Lützeltalgehänge, nach Dittersbach zu. Er wird als „Lehnacker" bezeichnet (Urk. 8 Z. 11). Die zugehörige Scheune stand auf der „Frühmesse" (Urk. 5 Z. 10). Wie bereits angcdeulet, war Georg Hager ein vermögender Mann. Den Hauptteil seines Wohlstandes mag er aus mehreren Bergwerksantcilen gezogen haben In Urk. 5 Z. 23 wird angedeutet, datz er außer den oben näher bezeichneten