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806 Nr. 11. „STAHL UND EISN.“ November 188?. Zur Alters- und Invalidenversorgung in der deutschen Eisenindustrie. Bei dem grofsen Interesse, welches die deutsche Eisenindustrie an der Frage der Alters- und In validenversorgung hat, zu deren gesetzlicher Re gelung bekanntlich neueren Nachrichten zufolge der Versuch schon bald unternommen werden soll, glaubte die Nordwestliche Gruppe des Ver eins deutscher Eisen- und Stahlindustrieller bei Zeiten Anregung zur Beschaffung des zur Be- urtbeilung dieser in das wirthschaftliche Leben tief einschneidenden Frage nothwendigen Materiales geben zu sollen. Infolgedessen wurde auf ihren Antrag in der Vorstandssitzung des Hauptvereins vom 12. Juni er. in Hannover beschlossen, den Geschäftsführer Hrn. Dr. Rentzsch mit der Ord nung und Zusammenstellung der aus der Beant wortung eines von der genannten Gruppe entworfenen Fragebogens resultirenden Ergebnisse zu beauftragen. Diese aufserordentlich sorgfältige und übersichtliche Arbeit liegt jetzt vor. Wir entnehmen derselben die nachfolgenden That- sachen. Hr. Dr. Rentzsch versandte die Fragebogen an 454 Firmen (202 Eisenhüttenwerke, 252 Maschinenbauanstalten, Waggonfabriken, Schiffs werften u. s. w.). Bis Ende August waren 326 Antworten ein gegangen, aus denen sich ergab, dals 222 Firmen Altersversorgungs kassen besitzen, 104 „ solche nicht besitzen Sa. 326 Firmen. Unter obigen 222 Firmen sind 21, welche in der Form der Knappschaftskassen die Alters versorgung mit der Krankenversicherung ver einigt haben. 104 Firmen antworten, dafs bei ihnen eine statutarisch geregelte Altersversorgung ihrer Ar beiter nicht bestehe und das Gleiche wird mit sehr wenig Ausnahmen auch von den 142 Firmen anzunehmen sein , deren Fragebogen überhaupt nicht zurückgekommen sind, da der selbe für solche Firmen in der Hauptsache gegenstandslos war. Von sehr vielen Werken, welche Pensions kassen nicht besitzen, ist uns indessen bekannt und wird auch in einem grofsen Theil der Ant worten bestätigt, dafs sie ihre alten, im Dienste des Werks bez. der Fabrik ergrauten Arbeiter so lange als irgend möglich mit leichten Arbeiten fort beschäftigen, dieselben nach anderer Richtung hin möglichst unterstützen und, wenn ganz arbeitsunfähig ge worden, in einer Form versorgen, die den Charakter der Pension trägt, und deshalb den für den alten und ver dienten Arbeiter drückenden Gedanken e i n e s A1 m o s e n s kaumaufkommen 1 ä f s t. Bezeichnend erscheint uns die Thatsache, dafs in 4 Fragebogen übereinstimmend bemerkt wird, die beabsichtigte Errichtung einer Alters versorgungskasse sei an dem Widerstande der Arbeiter gescheitert, die sich in der Mehrzahl zu Leistungen von Beiträgen, deren Rückzahlung (wenn auch mit hohem Zins und Zinseszinsen) erst in später Zukunft erfolgen werde, nicht hätten entschliefsen können. Im übrigen war Hr. Dr. Rentzsch in der Lage, den gegenwärtigen Stand und die Einrich tungen der Pensions-, Invaliden- und Altersunter- stützungskassen von 72 Firmen der Eisenhütten industrie und 135 Firmen des Maschinenbaus, in Summe also von 20 7 Firmen darzulegen und einer vergleichenden Zusammenstellung zu unterwerfen. Er berichtet darüber wie folgt: Was zunächst die 72 Werke des Hütten betriebes betrifft, so sind drei verschiedene Arten von Invalidenkassen zu unterscheiden: 1. 51 Kassen, in denen die Arbeiter zu regel- mäfsigen, statutarisch festgesetzten Bei trägen verpflichtet und in der Regel an der Verwaltung mitbetheiligt sind (Pen sionskassen). 2. 4 Kassen, in denen die Arbeiter keine Beiträge zahlen und das Hüttenwerk allein, sei es aus früheren gröfseren Dotationen, sei es aus jährlichen Zu schüssen , alle Ausgaben deckt. In solchen Kassen sind die Arbeiter bei der Verwaltung der Kasse nur ausnahmsweise mitbetheiligt (Unter stützungskassen). 3. 17 Knappsch aftskassen, in denen Kranken- und Invaliden- (Pensions-) Ver sorgung vereinigt sind. Die Arbeiter zahlen Beiträge und sind bei der Ver waltung der Kasse mindestens mit den Rechten betheiligt, die ihnen die neuere Gesetzgebung über die Arbeiter-Fabrik- Krankenkassen zuertheilt. Sa. 72 Altersversorgungskassen des Hüttenbetriebs. Im Maschinenbau ist von 135 Firmen (ohne dafs auch hier unsere Zusammenstellung