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hälter mit dem Eisen sich zu befinden; leitet man den Strom einer galvanischen Batterie durch zwei als Elektroden dienende, in verdünnte Schwefelsäure eingehängte Eisendrähte, so werden beide, jedoch in sehr verschiedenem Mafse spröde; der mit dem negativen Pole verbundene Draht wird blank und aufserordentlich spröde, der mit' dem positiven Pole verbundene zeigt sich von der Säure angefressen und nur wenig spröde. Selbst wenn die Schwefelsäure durch Salzlösungen oder selbst durch gewöhnliches Wasser ersetzt wurde, zeigte sich bei Anwendung des elektrischen Stroms der nämliche Erfolg, wobei die erforder liche Zeit, um gleiche Sprödigkeit hervorzurufen, von der Leitungsfähigkeit der angewendeten Flüssigkeit abhängig war. Professor Hughes ist der Ansicht, dafs nur der im Entstehungszustande befindliche Wasserstoff sich mit dem Eisen ver einigen und jene Wirkung hervorbringen könne, da ein einfaches Einhängen der Drähte in Wasser stoff oder Kohlenwasserstoff nicht die mindeste Beeinflussung erkennen liefs. Der Wasserstoff durchdringt bei jenem Vorgänge allmählich die ganze Eisenmasse; und hieraus erklärt es sich, dafs dickere Stäbe längere Zeit als dünnere ge brauchen, um spröde zu werden. Als man aber dicke, durch Beizen spröde gewordene Stäbe durch Abfeilen auf einen erheblich kleineren Querschnitt verdünnte, zeigten sie trotzdem noch i die nämliche Sprödigkeit. Ist ein Draht einmal vollständig mit Wasserstoff gesättigt, so scheint er — nach Hughes’ Beobachtungen — seine Sprödigkeit auch für immer (indefinitely) zu be halten*; erhitzt man aber den Draht zu Kirsch- rothgluth, so wird seine Biegsamkeit vollständig wieder hergestellt, der Wasserstoff scheint aus getrieben zu sein. Im Anschlusse an diesen Vortrag des Pro fessor Hughes sprach alsdann Hr. Chandler Roberts (bekanntlich Professor für Metallurgie an der Londoner Bergschule) die Meinung aus, dafs Eisendrähte, wenn sie in verdünnte Schwefelsäure getaucht würden, sich ähnlich wie Palladium verhielten, welches nach Professor Graham.das Neunhundertfache seines eigenen Rauminhalts Wasserstoffgas aufnehmen könne und dabei seine Abmessungen um etwa 2 % vergröfsere. Indem Roberts die durch Hughes geprüften, durch Beizen spröde gewordenen Drähte im Vacuum erhitzte, fand er, dafs sie ungefähr das Zwanzig fache ihres Rauminhalts Wasserstoff (aufser dem von vornherein in dem Eisen anwesend gewesenen Gase, dessen Menge 3 bis 10 Raummengen be trug) enthielten.** Es ist deshalb nach Professor * Diese Angabe findet durch meine eigenen, unten mitgetheilten Versuche keine Bestätigung. ** Die zwanzigfache Raummenge Wasserstoffgas würde, in Gewichtsprocenten ausgedrückt, 0,023 % betragen. Da der Wasserstoff, wenn er vom festen Roberts Ansicht zweifellos, dafs die Ursache der Sprödigkeit gebeizter Drähte in der Aufnahme von Wasserstoff zu suchen sei. Dafs diese Zu nahme der Sprödigkeit nicht Hand in Hand gehe mit einer Abnahme des Moduls der Zerreifsungs- Festigkeit wurde ebenfalls festgestellt. In der Versammlung des Aachener Bezirks vereins deutscher Ingenieure vom 5. Januar 1887 sagte Hr. Dittmar gelegentlich eines Vortrages über die Herstellung von Springfedern folgendes:* „Es ergab sich aus diesen Beobachtungen, „dafs die Spannungen, welche durch das „mehrfache Ziehen in den Stahldraht hinein- „gebracht waren und ihn brüchig und zu „weiterer Verarbeitung unfähig gemacht hatten, „sich durch das ruhige Liegen, wenn nicht „verloren, so doch soweit abgemindert hatten, „dafs eine ordnungsmäfsige Weiterverarbeitung „zu Springfedern ermöglicht war. Ein ähn- „liches Verhalten liegt vor bei Walzdraht, „welcher, wenn er gleich nach erfolgter „Beizung in der Drahtzieherei verzogen wird, „vielfach spröde und brüchig erscheint,'während „derselbe Draht, wenn er nach dem Beizen „längere Zeit geruht hat, sich in vollständig „befriedigender Weise ausziehen läfst. In „diesem Falle ist der Draht durch die Be- „handlung mit der verdünnten Schwefelsäure „in eine Spannung gerathen, die ebenfalls „durch längeres Ruhen des gebeizten Drahtes „sich wieder bis zu einem gewissen Grade „verliert.“ Das ist Alles, was ich in der Literatur über die Beizbrüchigkeit des Eisens aufzufinden ver mochte; unleugbar ziemlich wenig. Die ohne Zweifel beachtenswerthen Mittheilungen des Pro fessor Hughes über diesen Gegenstand scheinen seltsamerweise in Deutschland, wo man übrigens doch wohl mit vollem Rechte sich rühmen kann, auch die Wissenschaft des Auslandes gebührend zu berücksichtigen, wenig oder doch nicht ihrem Werthe entsprechend gewürdigt zu sein. Nur wenige sehr dürftige, theilweise unverständliche Angaben darüber habe ich in deutschen Blättern gefunden. Jedenfalls schien die Frage einer ferneren Untersuchung werth zu sein. Schon vor Jahren suchte mich ein namhafter Praktiker des Eisen- Eisen aufgenommen wird und dessen mechanisches Verhallen beeinflufst, unmöglich als Gas in dem Eisen zugegen sein kann, sondern eine Legirung mit dem selben eingegangen, d. h. fest geworden sein mufs (wie sich Zinkdampf mit glühendem Kupfer, Schwefel dampf mit glühendem Eisen legirt), scheint es mir angemessener zu sein, das gegenseitige Verhältnifs in Gewichtsprocenten auszudrücken. * »Zeitschrift des Vereins deutscher Ingenieure« 1887, Seite 331.