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einer modernen, zum Kardieren gewöhnlicher Baumwolle und einer zum Kardieren von Baumwollabfall benutzten Krempel bestehen ganz wesentliche Unterschiede. Während für das Kardieren der ersteren fast allgemein die Deckelkrempel zur Verwendung kommt, bedient man sich für das Kardieren des letzteren vorherrschend der Walzenkrempel. Die freiere Behandlung der Baumwollfasern auf der Walzenkrempel, die Rückkehr und das Mischen der Fasern in folge der Tätigkeit der „Arbeiter“ und Wender, die Fähigkeit, ver hältnismäßig größere Faserflocken passieren zu lassen, endlich auch die Fähigkeit, die Baumwolle in der erforderlichen Weise zu be handeln, ohne große Mengen Abfall zu erhalten, das alles sind Faktoren, welche der Walzenkrempel ihre Überlegenheit für das Kardieren von Baumwollabfall bewahrt haben, lange nachdem sie ihre Rolle bei der Behandlung roher Baumwolle in der gewöhn lichen Baumwollspinnerei ausgespielt hatte. Wir wollen die Auf merksamkeit unserer Leser zunächst auf die „Arbeiter“ und Wender, die hauptsächlichsten Unterscheidungsmerkmale dieses Krempel systems lenken. Anstatt der über der oberen Hälfte des Tambours angeordneten Deckel wird eine Anzahl von Zylindern benutzt, welche als „Arbeiter“ und Wender bezeichnet werden und paarweise, d. h. je ein „Arbeiter“ und ein Wender zusammen arbeiten. Ge wöhnlich kommen bei Krempeln mit einem Peigneur 6 oder 7 Paar, bei Krempeln mit zwei Peigneuren aber 5 Paar solcher Arbeits walzen zur Verwendung. Die „Arbeiter“ drehen sich mit einer ver hältnismäßig geringen Geschwindigkeit, so daß ihre Umfangsge schwindigkeit 8,5 bis 9 m pro Minute beträgt, während die Wender, obwohl ihr Durchmesser wesentlich kleiner ist, eine Umfangsge schwindigkeit bis zu 120 m pro Minute besitzen. Wegen ihrer ver hältnismäßig großen Umdrehungszahl und ihres kleinen Durchmessers, welcher 2 1 /« bis 2 1 /«" engl. (57 bis 63 mm) beträgt, werden die Wender bei den Abfallkrempeln sehr oft aus schmiedeeisernen Rohren hergestellt. Ihr Antrieb erfolgt gewöhnlich vom Tambour aus mit Hilfe eines endlosen Riemens und einer auf der Tambour achse befestigten Antriebscheibe, welche einen Durchmesser von 760 mm und darüber besitzt. Wenn man annimmt, daß die Um drehungszahl des Tambours pro Minute 150, der Durchmesser der Antriebscheibe auf der Tambourachse 760 mm und der Durch messer der angetriebenen Scheibe auf jeder Wenderachse 228 mm 150 X 760 beträgt, so wird dem Wender eine Umdrehungszahl von ——=500 pro Minute erteilt. Durch den schmiedeeisernen Körper erhält der Wender nicht allein ein ziemlich leichtes Gewicht, sondern auch eine große Festigkeit, welche ihn befähigt, dem verhältnismäßig starken Zuge, der bei dem Kardieren baumwollenen Abfalles auf tritt, standzuhalten. Ganz anderen Bedingungen begegnen wir bei dem „Arbeiter“, dessen Geschwindigkeit eine sehr geringe — kaum 'In der Umfangsgeschwindigkeit des Wenders — ist und dessen Durchmesser mehr als das Doppelte des Wenderdurchmessers, ge wöhnlich 152 mm, beträgt. Aus diesem Grunde werden die „Ar beiter“ meistenteils aus Gußeisen mit gehärteten Wellenzapfen her gestellt, gelegentlich aber auch aus bestausgewähltem und gründlich ausgetrocknetem Fichtenholze, das auf eiserne Wellen aufgelegt wird. Sowohl Wender als auch „Arbeiter“ können mit Büchsen lagern ausgestattet werden, welche die Wellenenden vollständig um schließen und das Eintreten von Staub und Flug in das Innere des Lagers unmöglich machen. Der Antrieb der „Arbeiter“ wird ge wöhnlich mittels Gelenkketten und Kettenrädern bewirkt, weil diese Antriebsweise den notwendigen beständig gleichmäßigen, langsamen und nichtgleitenden Gang’der „Arbeiter“ ermöglicht. Die Krempel gestelle werden an der Seite durch herausnehmbare Füllungen ab geschlossen. Außerdem werden die Arbeitswalzen durch eine auf klappbare Haube abgedeckt und der Volant durch eine konzentrische, zweckmäßig nachstellbare Blechhülle umschlossen, deren Anbringung zur Erzielung einer vollkommenen Wirkung des Volants eine Not wendigkeit ist. Um das Herabfallen von Fug zu verhindern, wird der Tambour in seinem Unterteile von einem Roste umschlossen, dessen Anfangskante beim Peigneur durch eine Walze reinge halten wird. Die Wirkung der „Arbeiter“ und Wender ist folgende: Beide Walzen werden mittels des Stellbleclies möglichst dicht an den Tambour sowie auch aneinander herangestellt, und hierbei ist besonders darauf zu achten, daß die Walzen in allen ihren Teilen vollkommen gleichweit voneinander entfernt sind und eine gegen seitige Berührung ihrer Zahnspitzen nirgends stattfindet. „Arbeiter“ und Wender besitzen die gleiche Drehungsrichtung, so daß sie sich an den Berührungsflächen mit dem Tambour in gleicher Richtung wie dieser bewegen, obgleich die Drehungsrichtung des letzteren der der „Arbeiter“ und Wender entgegengesetzt ist. Besonders ist aber darauf zu achten, daß die Kratzenzähne des Wenders und des Tambours an der Berührungsfläche beider Walzen nach der gleichen Richtung zeigen, während die Zähne des „Arbeiters“ und des Tambours gegeneinander gerichtet sind. Nehmen wir nun an, daß sich auf den Zähnen des Tambours Teile des aufgenommenen Materials mit ineinander verschlungenen Fasern befinden, so werden diese unter dem der Einzugswalze zunächst liegenden ersten Wender hinweggehen und den ersten „Arbeiter“ erreichen. Die langsame Drehung und die den Zähnen des Tambours entgegen stehenden Zähne des „Arbeiters“ vermögen nun nicht, sämtliche verschlungene Fasern aufzulösen oder zu öffneh und zu kardieren, sondern es wird ein Teil derselben von dem Tambour weiter getragen werden, während ein Teil in den Zähnen des ersten „Arbeiters“ hängen bleibt und von diesen mitgeführt wird, bis sie in die Berührungslinie des „Ar beiters“ und Wenders gelangen. Infolge der größeren Geschwindig keit und der Zahnstellung des Wenders wird nun der letzere diese Fasern von dem „Arbeiter“ abstreichen. In gleicher Weise wird aber der Tambour vermöge seiner noch größeren Umfangsgeschwin digkeit diese Fasern wieder von dem Wender abstreichen, so daß also die Fasern von dem Tambour auf den „Arbeiter“, von dem „Arbeiter“ auf den Wender und von dem Wender wieder zurück auf den Tambour gelangen. Es ist nun höchst wahrscheinlich, daß das Material hinreichend geöffnet worden ist, sodaß es sich in die Zähne des Tambours hineinlegen kann und von diesem weiter bis zu dem Peigneur getragen wird. Vorher unterliegt es aber noch der Einwirkung des Volants, welcher den Zweck hat, die in die Tambourzähne eingezogenen Fasern herauszuheben, damit sie leichter von dem Peigneur erfaßt werden können. Ein einziges Paar „Arbeiter“ und Wender würde natürlich durchaus ungenügend sein, um sämtliche ineinander verschlungene Fasern vollständig zu entwirren und zu öffnen. Durch die An ordnung mehrerer Paare dieser Arbeitswalzen ist daher die Mög lichkeit geboten, daß die von dem einen „Arbeiter“ nicht erfaßten Fasern von einem der folgenden „Arbeiter“ aufgenommen und in der erforderlichen Weise behandelt werden. Es ist nun ganz gut mög lich, daß manche Teile des Materials von den Arbeitswalzen mehrere Male aufgenommen und vor- und rückwärts getragen, also einer mehrmaligen Behandlung unterzogen werden. Genau wie bei den Deckeln einer Krempel mit wandernden Deckeln wird ein guter Teil von Schmutz und sonstigen Unreinigkeiten in oder auf den Zähnen des Tambours, der „Arbeiter“ und der Wender abgesetzt werden, so daß wir auch bei der Walzenkrempel den doppelten Kardierungsprozeß des Öffnens und des Reinigens der Baumwolle haben. Ist die Krempel mit sechs „Arbeitern“ und Wendern aus gestattet, so sind nur sechs wirklich wirksame Kardierungsflächen vorhanden, nämlich die Berührungsfläche jedes „Arbeiters“ mit dem Tambour. Die übrigen zwölf Berührungsflächen, welche durch die Berührung der „Arbeiter“ mit den Wendern und der Wender mit dem Tambour dargeboten werden, sind von weitaus geringerem Kardierungswerte. Mit ein wenig Überlegung wird man daher zu dem Schlüsse gelangen, daß die Fähigkeit, das Material zu öffnen und zu reinigen, bei den „Arbeitern“ und Wendern in viel ge ringerem Grade vorhanden ist, wie bei den wandernden Deckeln der Deckelkrempel. Diese Tatsache ist ja längst durch die Erfahrung bestätigt worden und ist die Ursache gewesen, daß die Walzenkrempel für das gewöhnliche Kardieren von Baumwolle voll ständig außer Benutzung gekommen ist. Für diesen Zweck scheint eine einfache Krempel mit wandernden Deckeln die gleiche Kar- dierungsfähigkeit zu besitzen, wie eine Doppel-Walzenkrempel. Trotz alledem wird die Doppel-Walzenkrempel aus den obenge nannten Gründen fast allgemein für das Kardieren von Baumwoll abfall verwendet. Die vor einem Vierteljahrhundert zum Kardieren amerikanischer Baumwolle in großem Umfange benutzte Doppel- Walzenkrempel enthielt nur eine Speise- und eine Ablieferungsstelle, obgleich sie mit zwei Tambours und zwei Satz „Arbeitern“ und Wendern ausgestattet war. Für das Kardieren von Baumwollab fall erfreut sich dieses System aber keiner Beliebtheit; man ver wendet für diesen Zweck vielmehr zwei voneinder getrennte Krempeln; eine Reißkrempel und eine Vorspinnkrempel, deren jede ihre eigene Speisung und Ablieferungsvorrichtung besitzt. Die Übertragung des Materials von der Reiß- auf die Vorspinnkrempel kann durch Pelzapparate (Pelzbildner) oder durch rundes Band (Topfsystem) oder durch flaches Band (Band apparate) erfolgen. Bei dem Pelzübertragungs-System wird durch Übereinanderschichten des vom Peigneur der Reißkrempel abge kämmten Flores ein Pelz gebildet und aus diesem durch Aufrollen ein Pelzwickel erhalten, welcher die volle Breite des Zuführtisches der Vorspinnkrempel besitzt. Einer oder zwei dieser Wickel werden