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Wolle mit diesen Farbstoffen gefärbt wird. Viele derselben sind jedoch zur Wollfärberei durchaus ungeeignet, besonders viele blaue, braune und schwarze Farbstoffe. Die für diesen Zweck verwendbaren Farb stoffe lassen sich aber sehr vorteilhaft aus einem neutralen Bade mit Glaubersalz färben. In diesem Falle wird jedoch der Glanz der Wolle im Vergleiche mit dem Färben aus einem sauren Bade ganz wesentlich vermindert. Man hat diesen Übelstand der Ein wirkung der heißen Glaubersalzlösung auf die Wollfaser zuge schrieben, wodurch in gleicher Weise wie durch die Alkalien eine Schädigung der Wollfaser herbeigeführt wird. Die gleiche Wirkung, jedoch in geringerem Grade, hat gewöhnliches Salz, und neuerdings durch das „Technical College“ in Bradford angestellte Unter suchungen haben zu der Entdeckung geführt, daß sich Seide und Felle in Gegenwart neutraler Salze in gleicher Weise verhalten. Mit dieser Erkenntnis steht auch die Tatsache im Einklänge, daß der Kleiderfärber lieber gewöhnliches Salz als Glaubersalz verwen det, weil das letztere in heißen neutralen Bädern die Waren mürbe macht. Man hat jetzt empfohlen, dem Färbebade 1 / 2 bis 2 Proz. Leim zuzusetzen, für den Fall, daß neutrale Salze in heißen neu tralen Bädern zur Verwendung kommen. Auf diese Weise soll eine Schädigung der Wollfaser sowie die Zerstörung ihres Glanzes verhindert werden. Ein ähnlicher Zusatz ist auch in solchen Fällen von Vorteil, wo die Wolle einem langen Kochen mit Wasser allein ausgesetzt wird. Auch bei gewissen Appreturverfahren ist ein Leimzusatz zu empfehlen; ganz besonders wertvoll erweist er sich aber beim Färben von halbwollenen Waren, z. B. bei Lüsters mit Mohairschuß und baumwollener Kette. Das Bestreben der modernen Färbereien ist darauf gerichtet, jede Arbeit, welche früher zwei oder mehrere Operationen erfor derlich machte, mit einer einzigen Operation auszuführen und somit ihre Leistung oder ihren Umsatz bei den gleichen Löhnen und sonstigen Betriebskosten zu verdoppeln. Die zunehmende Beliebt heit, welche die Einbad-Beizenfarbstoffe und die Einbad verfahren trotz vieler Hindernisse in der Halbwollfärberei gefunden haben, läßt sich somit leicht erklären. Das Färben halb wollener Waren in einem Bade ist bis jetzt noch auf die Verwen dung der substantiven Baumwollfarbstoffe und gewisser Säurefarb stoffe beschränkt, welche aus einem neutralen, Glaubersalz enthal tenden Bade gefärbt werden. Es ist somit auch den bereits erwähnten Nachteilen ausgesetzt, welche das heiße neutrale Bad auf animalische Fasern im Gefolge hat. Aus diesem Grunde hat sich das Einbad verfahren für halbwollene Waren mit Glanz nicht als geeignet er wiesen, und auch bei halbseidenen Stoffen, Satins, Bändern usw., für welche zum Färben von Unifarben fast allgemein das Einbad verfahren zur Verwendung kommt, hat es sich als vorteilhaft herausgestellt, das Glaubersalz nur in geringen Mengen zuzusetzen. Durch einen Zusatz von Leim oder Gelatine werden der Glanz, der Griff, die Farbe und die sonstigen Eigenschaften der anima lischen Fasern in hohem Grade erhalten, wenn die letzteren in einem Bade gefärbt werden, und es läßt sich somit viel Zeit und Arbeit sparen. Beim Färben von Satins im Bastseifenbade erzielt man die gleichen Resultate. Man hat jetzt durch, die Praxis be stätigt gefunden, daß Glanzwaren in einem Bade in der erklärten Weise mit befriedigendem Erfolge gefärbt werden können. Der Zusatz von geringen Quantitäten Leim hat durchaus keinen Einfluß auf das Aufziehen des Farbstoffes, schützt aber die Faser ganz wesentlich vor der schädlichen Einwirkung des Glaubersalzes. An dieser Stelle mag kurz erwähnt werden, daß das soge nannte neutrale Bad, abgesehen von der Frage einer Reaktion zwischen den neutralen Salzen und der animalischen Faser, selten neutral ist. Fast alle substantiven Baumwollfarbstoffe und Säure farbstoffe enthalten freies Natriumkarbonat, welches entweder bei der Herstellung der Farbstoffe zurückgelassen oder öfters noch beim Zermahlen zugesetzt wird, um denjenigen Farbstoffen, welche im reinen Zustande in kaltem Wasser schwer löslich sind, den Anschein einer leichteren Löslichkeit zu geben. Diesen Natrium zusatz kann man mit leichter Mühe sofort nachweisen, wenn man eine kleine Menge des Farbstoffes in ein Reagensglas gibt und dem trockenen Pulver etwas verdünnte Schwefelsäure oder Salzsäure zusetzt. Ist in dem Farbstoffe Natrium enthalten, so wird sich, je nach dessen Menge, ein stärkeres oder schwächeres Aufbrausen bemerkbar machen. Selbst wenn dieses Aufbrausen in ganz ge ringem Maße stattfindet, so kann es doch vernommen werden, wenn man die Öffnung des Reagensglases an das Ohr hält. Auf diese Weise wird den „neutralen“ Bädern, auf welchen solche Farbstoffe zur Verwendung kommen, immer eine leichte Alkalität erteilt und bei heißen starken Bädern kann diese alkalische Beschaffenheit in nachteiliger Weise auf die animalischen Fasern einwirken. In neuester Zeit hat man empfohlen, dem Glaubersalzbade bei der Verwendung für animalische Fasern Kremortartari (gereinigten Weinstein) zuzusetzen. Jedenfalls verdient dieser Vorschlag einen Versuch, wenn es auch zweifelhaft ist, ob aus den Salzfarben in Gegenwart eines so schwachen sauren Mittels, wie des vorge schlagenen, der volle Farbwert erhalten werden kann. Wir gehen nun zur Betrachtung einer anderen Art von Fehlern beim Färben halbwollener Waren über, d. i. das Mürbewerden baumwollener oder vegetabilischer Fasern. Hierzu muß bemerkt werden, daß trotz der beim Überfärben neuerdings ver wendeten Ameisensäure und trotz der Tatsache, daß auch bei der schärfsten Prüfung ein Mürbewerden der Baumwolle durch diese Säure nicht nachgewiesen werden konnte, die Fälle doch keines wegs selten sind, wo beim Färben halbwollener Waren mit Hilfe von Ameisensäure ein starkes Mürbewerden der baumwollenen Kette beobachtet werden konnte. Es ist natürlich in den beteiligten Kreisen hinlänglich bekannt, daß die mit Schwefelfarben gefärbten baumwollenen Ketten in gewissen Fällen mürbe werden und daß dieser Übelstand auf die Bildung freier Schwefelsäure aus dem mit der Faser nicht fest verbundenen Schwefel während der Appretur oder während des Lagerns zurückzuführen ist. Das Mürbewerden, von dem jetzt die Rede sein soll, entspringt aber aus ganz anderen Ursachen, da es bei halbwollenen Waren auftritt, in denen die baumwollene Kette nicht mit Schwefelfarbstoffen, sondern z. B. mit Entwicklungsfarbstoffen gefärbt worden ist. Das einzige Hilfsmittel, welches neben der Ameisensäure beim Überfärben benutzt wird, ist Glaubersalz, durch welches ein Mürbewerden der Baumwolle jedoch nicht hervorgerufen wird. Bis vor kurzem hat man noch keine befriedigende Erklärung für diese Fälle des Mürbewerdens der Baumwolle finden können und aus diesem Grunde sind auch keinerlei Vorsichtsmaßregeln bekannt geworden, welche diesen Übel stand verhindern könnten. Die hinsichtlich der Reaktionen neutraler Salze von Lloyd und Fort am Technical College zu Bradford neulich gemachten und von den Genannten für die Textilindustrie verwerteten Entdeckungen setzen uns aber in den Stand, manche auf diese Ursachen zurück zuführenden Verluste zu vermeiden. Es wurde nachgewiesen, daß eine schwache Base (z. B. Wolle) das Salz einer starken Base (z. B. Natriumsulfat, d. i. Glaubersalz) in einer heißen verdünnten Lösung in geringem Grade zu zersetzen vermag und daß ein Teil der Wolle eine kleine Menge der Schwefelsäure aus dem Salze aufnimmt, während die korrespondierende Menge freien Ätznatrons einen an deren Teil der Wolle angreift. Auf diese Ursache ist demnach die Schädigung der Faser in dem oben besprochenen Falle zurückzu führen. In ähnlicher Weise kann eine schwache Säure (z. B. Ameisen- oder Essigsäure) eine kleine Menge freier Schwefelsäure aus dem Glaubersalze ausscheiden, und in Gegenwart von Wolle, wie dies beim Färben von halbwollenen Waren der Fall ist, wird diese Säure von der Wolle sofort aufgenommen und sodann wieder neue Schwefelsäure gebildet. Dieser Prozeß wiederholt sich, bis eine beträchtliche Menge Schwefelsäure auf diese Weise von der Wolle aufgenommen worden ist. Diese Säure wird beim Trocknen der Ware zum Teil frei gemacht und es ist somit er klärlich, daß baumwollene Ketten in halbwollenen Waren, welche unter Zugabe von Ameisensäure und Glaubersalz überfärbt worden sind, trotz der Unschädlichkeit dieser beiden Hilfsmittel dennoch angegriffen werden können und zwar durch die auf dem beschriebenen komplizierten Wege entstandene Schwefelsäure. Um dieses Mürbewerden zu vermeiden, ist ein äußerst gründliches Spülen der Ware nach dem Färben von großer Wichtigkeit. An dieser Stelle mag noch erwähnt werden, daß durch Glaubersalz allein, ohne den Zusatz von Ameisen- oder Essigsäure, ebenfalls genügende Mengen Schwefelsäure auf der Wollfaser fixiert werden können, um beim Schwefeln ein Mürbewerden der in der Ware eingewebten Baumwolle in geringem Grade zu verursachen; aber auch in diesem Falle hat man in gründlichem Spülen ein wirk sames Vorbeugungsmittel. Gewisse andere Fälle des Mürbewerdens baumwollener Ketten in halbwollenen Waren können auf das Schwefeln zurückgeführt werden. Baumwolle allein wird durch das Schwefeln in keinem merklichen Grade beeinflußt, für gewöhnlich auch nicht, wenn sie mit Wolle verwebt ist. Die Ursache, daß die eine Ware nach dem Schwefeln mürbe geworden ist, die andere dagegen in ihrer Festig keit nicht beeinträchtigt wird, kann in der Vorbehandlung gesucht werden, welcher die Waren unterzogen worden waren. Es mag unmöglich erscheinen, daß die unschuldige Operation des Seifens für diesen Unterschied verantwortlich zu machen ist, und dennoch I ist es sicher, daß dies der Fall ist. Die Beschaffenheit der zum