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Bis spät in die Nacht hinein pflog am 3. September der Rath Berathung. Es war unmöglich, alle Einzelheiten wegen der Einquartierung noch in der Nacht- sitzung zu erledigen. So ging man auseinander, um sich früh 3 Uhr wieder zusammenzufinden. In dieser frühen Morgenstunde begann man, die Billete für die Einquartierung zu fertigen; um 9 Uhr kam man damit zustande. Eine Stunde vorher waren bereits mehrere Schwadronen Husaren durch die Stadt nach den benachbarten Dörfern und nach Mitlweida gerückt. Um 10 Uhr langte ein Quarliermeister mit einigen Offizieren an. Ihnen wurden auf ihr Verlangen die Billete ausgehändigt. Eine Stunde später, 11 Uhr, traf der Herzog von Braunschweig mit feiner Suite ein. Er hielt zu Pferde vor dem Rathhaus. Hier machten ihm vr. Wendt und vr. Packbusch die „Aufwartung". „Gar gnädig" wurden sie empfangen. Gleich nach ihrer Entlassung überbrachte ein Quartier meister eine Anzahl Exemplare jener gedruckten „Deklaration", mit der Friedrich der Große seinen Einmarsch in die sächsischen Erblande rechtfertigte. Sie wurde, wie der Herzog beim Empfange den beiden Rathsabgeordneten befohlen halte, öffentlich angeschlagen, „unter dem Rathhause, an der Wage und anderen publiken Orten". Seine Wohnung nahni Herzog Ferdinand im „mittelsten" Siegert'schen Hause am Markte. Gegen 12 Uhr folgte das Regiment des Herzogs. Es marschirte auf dem Markte auf und besetzte die Hauptwache auf dem Topfmarkte und sämmtliche Thore. Dann vertheilten sich die Offiziere und die Gemeinen in die durch die Billete bestimmten Wohnungen. Dabei machten sich einige Aenderungen nöthig, da verschiedene Offiziere die angewiesenen Quartiere nicht bequem oder geräumig genug fanden und daher in andere Häuser einquartiert werden mußten. Auf dem Markte wurden 4 Kanonen aufgefahren, die übrige „Artillerie" dagegen, 14 24pfundige Kanonen und 72 Munilionswagen, auf dem Anger „bei der Vogelstange." Bereits am Nachmittag begann es an Bier zu mangeln. Der Rath erhielt daher vom Herzog Weisung, sofort für Herbeischaffung des in Franken berg vorhandenen Bieres zu sorgen. Abends 8 Uhr wurde „von der Hauptwache aus bis vor das Siegert'sche Haus als Jhro Durchlaucht Quartier und dann wieder zurück" der Zapfenstreich geschlagen. In der Nacht war alles „ruhig und still". Aber früh 2 Uhr bereits wurde es überall in den Häusern und aus den Gaffen lebendig. Eine Kompagnie nach der anderen rückte auf dem Markte an und mit Schlag 3 Uhr zog das ganze Regiment wieder ab und zwar „in aller Stille", während der Einmarsch mit klingendem Spiele erfolgt war. Die Kanoniere marschirten mit brennenden Lunten. Kurz vor seinem Aufbruch halte Herzog Ferdinand dem Acciseinspeklor Dittel ein versiegeltes Schreiben mit der Aufschrift überreicht: „An den Magistrat und die Beamten der Stadt Chemnitz". Es betreffe, wie er ihm noch mündlich gesagt hatte, die hiesigen Kassen. Und so war es. Das Schreiben lautete: „Ich befehle im Nahmen Sr. Königl. Maj. in Preußen dem Magistrat und Beamten der Stadt Chemnitz hiermit, die Verfügung bey allen in Chemnitz sich befindlichen Kassen zu machen, daß selbige ihre einkommenden Gelder nicht weiter an des Königes von Pohlen Maj. bezahlen, sondern solche von dato ab, ohne Ausnahme, sie haben Nahmen wie sie wollen, an das Königl Preuß. Kriegs-Commissariat zu Torgau abtragen und dahin ordentlich abliefern müssen. Der Magistrat muß für die pünctliche Exemtion dieser Ordre haften. Chemnitz, den 5. Septris. Ferdinand, Herzog zu Braunschweig und Lüneburg." So zahlte Chemnitz den ganzen Krieg hindurch die Steuern an Preußen. Gegen 10 Uhr Vormittags traf das Hauptcorps des Herzogs ein, Kavallerie und Infanterie, gegen 12 000 Mann. Es rückte in das tags zuvor abgesteckte Lager auf dem Kaßberge. ohne erst „wegen eilfertigen Marsches" Zelte aufzu schlagen und das zum Kochen nöthige Geräthe abzupacken. Sofort erschienen auf