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16 von Haddick selbst blieb Krankheits halber noch bis zum 2. November hier. Dann folgte er seinen Truppen nach Freiberg. Aus dem Freiberger Lager kamen sämmtliche Kranke und Verwundete in die hiesigen Lazarethe, bis man sie am 4. November allesammt über Marienberg nach Böhmen brachte. Am 7. November brachten Kaiserliche Husaren nebst 33 gefangenen preußischen Husaren auch mehrere den Preußen abgenommene Wagen voll „Franzbranntwein" nach der Stadt und verkauften diesen zum Theil auf dem Markte. Am 17. November war Bußtag, der dritte im Jahre. Doch von der gewohnten Stille war an diesem Tage nichts zu verspüren. Rückten doch Truppenmassen an, wie sie Chemnitz seither noch nie gesehen hatte. Eine Reichsarmee von 30000 Mann schlug auf dem Kaßberge ihr Lager — „auf der bloßen Erde und fast in stockfinsterer Nacht," denn wegen der schlechten Wege war die Bagage zurück geblieben. Dabei war es bereits sehr kalt und hatte geschneit. Von der Stadt mußten sofort mehrere Hundert Schock Stroh auf den Kaßberg geschafft werden. Den Befehl über die Reichsarmee führte der Prinz von Zweibrücken. Er bezog seine Wohnung im Herrniann'schen Hause am Markte. Sämmtliche Offiziere, 500 an Zahl, nebst ihrer Dienerschaft wurden ebenfalls in der Stadt einquartiert. In vr. Lischken's Haus an deni Nikolaithore lag ein Prinz von Baden-Durlach im Quartier. Bei den Truppen befanden sich wieder mehrere Hundert Juden, „so marketenderten." Das ganze Kommissariat bestand aus Juden. Sie handelten auf dem Markte, schlugen Buden auf „und hatten vielerlei zu verkaufen; es war ganz als ein Jahrniarkt, nur daß die Fleischer auf freiem Markte schlachteten und das Fleisch verkauften." Als das Gepäck am folgenden Tage eintraf, wurden die Wagen, mehr als 500, in den Straßen von Stadt und Vorstadt aufgefahren. Am 19. ging das Gepäck nach Zwickau weiter, und ihm folgte am 20. sammt seinem Korps der Prinz von Zweibrücken. Da „die Reichsarmee immer, wenn sie herkam, kein Brot hatte," so mußte am 21. jeder Hausbesitzer und ebenso jeder Hausgenosse wieder je 1 Brot liefern. An diesem Tage kamen auch wieder 2000 Mann von der Reichsarmee und mehrere Hundert Kroaten in Stadt und Vorstadt zu stehen, und zwar bis zum 23. „Es wurde erst gesprochen, diese würden hier im Winterquartiere liegen bleiben. Sie hielten sich aber gar nicht lange auf und marschirten eilig, daß sie hinaus ins Reich kamen". In der Thal gelang cs König Friedrich, trotz seiner Niederlage bei Hoch- kirch, Sachsen zu behaupten, und sehr bald kamen denn die Preußen wieder nach Chemnitz, schon am 24. November Nachmittags, nachdem früh „noch etwas Bagage und auch ein Wagen Blessirte von der Reichsarmee hier durch und nach Zwickau gegangen waren." Allerdings war es nur eine Husarenpatrouille, die kam. Auch an den nächsten Tagen zeigten sich nur kleinere Abtheilungen, am 27. aber erschienen zwei volle Regimenter, das Knobloch'sche und Grabow'sche. Beide wurden einquartiert. Die Soldaten kamen wieder bis 15 Mann hoch zu liegen. Zu gleicher Zeit marschirten zahlreiche Regimenter durch die Vorstädte vorbei nach Zwickau und anderen Orten bis nach Plauen hin in ihre Winterquartiere. „Man dachte nicht, daß die Preußen diesen Winter hierum die Winterquartiere hallen könnten, weil immer die ganze Reichsarmee hier stand". Nun ging es die Wintermonate hindurch wieder in der alten Weise. Gleich zu Anfang des neuen Jahres, 1759, mußte unter anderem die Stadt wieder 28 Rekruten schaffen. Sie wurden diesmal aus den Handwerkern genommen. Jede „Profession" mußte sich stellen. Jeder Rekrut erhielt 30, 40 und 50 Thaler Handgeld, je nach der Größe. Am 18. Januar waren die Rekruten beschafft, am nächsten Tage gingen sie nach Dresden ab.