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20 Die Schritte, die eine Abordnung, bestehend in dem Stadtsyndikus vr. Green, dem Rathsherrn Mayer, dem Kaufmann Johann August Heinrich und dem Viertelsmeister Hösel, noch kurz vor dem 20. Januar bei Friedrich dem Großen in Freiberg gethan hatte, um eine Ermäßigung der Kontribution zu erwirken, waren nutzlos gewesen. Die dritte Rate im Betrage von 34 000 Thalern, am 20. Februar fällig, wurde auf dieselbe Weise wie beim 2. Termin aufgebracht. — Am II. Februar war inzwischen ein neuer preußischer Befehl bekannt gegeben worden, wonach alle Steuern und Abgaben, sie mochten heißen, wie sie wollten, auf ein Jahr voraus bezahlt werden müßten. Das gab eine Summe von 17 000 Thalern, eine Kleinigkeit freilich gegenüber der Forderung, von der die Bürgerschaft ganz unerwartet am 1. Dezember in Kennlniß gesetzt wurde. Es wurde ihr auf dem Rathhaus eröffnet, daß die Stadt dem König von Preußen eine Brandschatzung von 250 000 Thaler zu zahlen habe, binnen 6 Wochen in 3 Terminen, bei 1000 Thaler Strafe jeden Tag, den die Zahlung nicht eingehalten würde. Die Beschaffung der Raten sollte nach Anordnung des Rathes in derselben Weise wie früher erfolgen, nur daß selbstverständlich die einzelnen Beträge erhöht waren und z. B. die Haus- und Grundstücksbesitzer 3 Thaler von jedem Hundert des Kaufpreises, die Miether die Hälfte des jährlichen Miethzinses zu zahlen hatten. „Chemnitz war erschrecklich hoch angesehen bei unseren Feinden, kein Ort in Sachsen, außer Leipzig, hat so viele Brandschatzung geben dürfen als wir all- hier; Mittweida mußte 6000 Thaler geben, Frankenberg 3000, Augustusburg 3000, Hohenstein 3000, Chemnitz aber sollte 250 000 Thaler schaffenI" Kein Wunder, wenn die ersten 14 Tage vergingen, ohne daß der erste Betrag, 83 333 Thaler 8 Groschen, vollständig beschafft war. Da ließ der General von Linden, der damals mit 8 Bataillonen Grenadieren hier stand, am 21. Dezember früh um 8 Uhr, es mar der 4. Adventsonntag und man wollte eben zur Kirche gehen, die Bürgerschaft aufs Nathhaus fordern mit dem Bedeuten, wer nicht sofort komme, werde durch einen Soldaten geholt werden. Auf dem Markte vor dem Rathhause war ein Bataillon Grenadiere aufmarschirt. Als sich die Bürgerschaft versammelt hatte, erschien der General von Linden und erklärte, es fehlten zum 1. Termin der Brandschatzung noch 16 000 Thaler, und noch heute müßten diese gezahlt werden; er werde den Rath, sowie die Kaufleute und Bürgerschaft nicht eher aus dem Rathhause lassen, bis sie sich geeinigt hätten, wie sie das Geld noch heule beschafften. Nun begannen Rath und Kaufmannschaft mit einander zu verhandeln; lange konnten sie sich nicht einigen. Die Kaufleute stellten vor, unmöglich so viel Geld schaffen zu können, und auch der Rath erklärte es für eine Unmöglichkeit, eine solche Summe von der Bürgerschaft allein zu erzwingen. Endlich kam man überein, es bei der bisher geübten „Repartition" zu lassen, ivobei also, wie immer, die Kaufleule und reichen Bürger noch besonders beizutragen halten. Mit diesem Beschluß begab sich eine Abordnung, 3 Viertelsmeister, 3 Ausschußmitglieder und 3 Bürger, zum General von Linden; er fand den Beifall des Generals, das Wachtkommando wurde vom Rathhause zurückgezogen, und die Ralhsherren und Kausleute durften — es war Vs 12 Uhr geworden — das Rathhaus wieder verlassen. Doch hatte der General vorher noch erklärt, wer den Betrag, der Jedem zukomme, nicht schaffe, dessen Haus solle ohne Weiteres bis auf den Grund weggerissen werden; so wäre es seines Königs Befehl. Eine Abordnung von Rathsherren, die sich in jenen Tagen zum König von Preußen nach Leipzig begab, um eine Herabsetzung der Brand schatzung zu erlangen, kehrte völlig unverrichteter Sache zurück; nicht das Geringste war erlassen worden. Mit Mühe wurde endlich das Geld für den ersten Termin in der Hauptsache zusammengebracht. Mancher freilich war noch im Rückstände, und schon stand der zweite bevor. Man suchte für diesen das Geld wieder in der bis herigen Weise zusammen zu bringen, wobei aber die Bürger, die für den 1. Termin desondere Beiträge gegeben hatten, entlastet und dafür andere mit besonderen