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übrigens alle wieder frei. Für die Verwundeken in Prag mußten am 25. Mai eine Anzahl Bürger in der Stadt alte Leinwand und Kleidungsstücke sammeln. General von Oldenburg rückte am 6. Juni früh 4 Uhr mit seinem Regimente nach Freiberg ab, kehrte aber am 10. wieder zurück Schon am l2. zog er abermals ab, und zwar nach Erfurt, kam jedoch auch von da am 2. Juli wieder, „mit viel Geld und Vieh nebst vier Geiseln, drei Herren katholischen Geistlichen und einem Amtmann." Am 5. Juli endlich verließ er Chemnitz auf immer — die erste Folge der großen Niederlage des Preußenkönigs bei Kollin am 18. Juni. Fünf Wochen lang sah nun Chemnitz keinen Feind, denn nur Feinde. Preußen, hatte es bis jetzt gesehen. Nun sollte es die Freuuve, die Verbündeten, kennen lernen. Am 11. August erschien eine Abtheilung österreichischer Husaren. Sofort besetzten sie die Thore. In der Stadt griffen sie den Preußischen Proviantkommissar Hentzky auf, der im Herrmann'schen Hause wohnte und ihnen verrathen wurde. Seine „Möbel" vertheilten die Husaren ohne weiteres unter sich. Am nächsten Tage, als sie wieder abzogen, nahmen sie den Kommissar als Gefangenen mit. Seit dem 11. August erschienen wiederholt Abtheilungen Kaiserlicher Husaren. Sie wurden immer in den Gasthöfen einguartiert. So kam am 21. August der Kaiser liche Kommissar von Sa binow mit 20 Mann Husaren, der alle in den Königlichen Kassen befindlichen Gelder mit Beschlag belegte. Eine größere Lieferung war am 3. September für die Oesterreicher zu schaffen: 9 Scheffel Weizen, 9 Scheffel Hafer, 64 Centner Heu und 1957 PfundBrote, alles von einem Geldeswerth von 227Thaleru. Da, am 5. Oktober, erschien ein ganzes Regiment Oesterreicher, 3000 Mann Kroaten, unter dem Befehl des Obersten Pezinger. Das Regiment wurde einquarlierl. So dauerten die Drangsale fort, zumal die Truppen „mit gutem Essen und Trinken verpflegt werden mußten. Das Allerschlimmste dabei aber war, man konnte ihnen kein Wort verstehen." 6 bis 8 Mann kamen in ein Haus zu liegen. Ein Glück, daß das Regiment am folgenden Tage früh 6 Uhr nach Freiberg abrückte. An dem selben Tage brachte eine Abtheilung Kroaten 2 preußische Unteroffiziere und 32 Gemeine als Gefangene hier ein, die sämmtlich schwer verwundet waren. Sie erhielten Pflege in den Gasthöfen auf der Langenstraße. Am nächsten Tage wurden sie weiterbefördert. Mit reicher Beute zog am 22. Oktober eine Husarenabtheilung ein: mit 2 mit 13 Füßchen Geld beladenen Wagen, die man den Preußen bei Naumburg abgenommen hatte. Ein ganzes Regiment Kroaten nebst 300 Husaren langte wieder am 11. November an. Ihr Befehlshaber war kein Geringerer als der General von Laudon. Die Kroaten wurden in der Stadt, die Husaren in der Vorstadt einguartiert. Alle blieben bis zum 13. Sie waren von Weißenfels gekommen und hatten 10 erbeutete Kanonen und eine Anzahl Verwundete bei sich. Einer von letzteren starb hier. Am nächsten Tage „haben sie ihn nach ihrer Art auf dem Anger bei dem Pulverthurm begraben, mit vielen Ceremonien. Dies Begräbniß sah sehr selten aus. Der Tote wurde in einen Kasten gelegt und von 4 Mann Kroaten getragen. Vor dem Kasten ging ein Offizier und ihr Pfaffe, in eine lange Kutte gekleidet, um den Hals eine rothe Binde, die herunter ging bis auf die Füße und auf der von silbernen Tressen lauter Kreuze gemacht waren. Auf dem ganzen Wege hat der Pfaffe aus einem Buche gesungen. Hinter der Leiche gingen 32 Mann Kroaten. Bei dem Grabe hat der Pfaffe wieder vielerlei wunderliche Posituren gemacht und auf eine halbe Stunde aus einem Buche nach seiner Art gesungen. Darnach wurde der Leichnam begraben." Inzwischen hatte Friedrich der Große seine 'Niederlage bei Kollin wieder gut gemacht: am 5. November erfocht er den glorreichen Sieg über Franzosen und Reichs- lruppen bei Roßbach. Die Folgen der neuen Wendung machten sich in Chemnitz Kalo fühlbar. So erschien plötzlich am 13. November Nachmittags eine preußische Staffelte mit dem Befehl des preußischen Kriegsdirekloriums, daß die Stadt Chemnitz