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ergründen zu können. Auch hatte er im „Frei schütz“, der zur deutschen Nationaloper stili sierten Großtat Carl Maria von Webers, ein Vorbild nationaler Gesinnung kennengelemt. So ist es nicht verwunderlich, daß er schon bald damit beschäftigt war, ebenfalls eine Oper zu verfassen, die durchaus in jeder Hinsicht natio nal sein sollte, und zwar sowohl im Stoff als auch in der Musik. Er nutzte die Geschichte von der heroischen Selbstaufopferung des Bauern Iwan Sussanin zur Errettung des Zaren im Jahre 1613. Glinka verstand es, eine Musik zu komponieren, die ihre unmittelbarste und stärkste Wirkung aus gewaltigen Chorszenen bezieht. Zudem nutzte er das reiche russische Volksliedgut mit seiner eigenwilligen Harmonik und einer äußerst lebendigen rhythmischen Gestalt. Dies alles ließ ihn den „urtümlichen“ russischen Charakter dieser Musik bekunden. Obwohl das adlige Publikum - sehr an italie nische und französische Musik gewöhnt - an fangs diese starke Vorliebe für volkstümliche Musik nicht teilen mochte und sogar von „Kutschermusik“ sprach, erkannte man doch bald die für die Entwicklung der russischen Nationaloper eminente Bedeutung des Werkes. Und so ist es nicht verwunderlich, daß seine Oper „Ein Leben für den Zaren“ (Uraufführung im Dezember 1836 in St. Petersburg) Glinka ei nen solch großen Erfolg einbrachte, daß er zum „ersten Komponisten Rußlands“ erklärt wurde. Für seine zweite Oper (Uraufführung 1842 in St. Petersburg) nutzte er den Stoff von Pusch kins „Ruslan und Ludmilla“, einen Märchen stoff voller Ungeheuerlichkeiten, großer Liebe und opferbereiten Heldenmut. Nach seiner von strengem Pathos durchdrungenen ersten Oper zeigte sich das neue Werk in anderem Licht. Zwar sind auch hier wieder zahllose Volks gesänge und -tänze eingeflossen, doch alles erhielt ein lichteres Gewand und zeugt von