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I8l diese Feindseligkeiten durchgängig aus lauterer Quelle, so sollte kein Wort verloren sein. Wir haben die heftigsten Jnvectiven von Laube und Gutzkow gegen Theodor Hell gelesen; sie haben uns nicht indignirt, weil jene Literaten bona tuls zu Werke gingen; es waren terroristische Radicale, und diese mußten die Abendzeitung als friedliebendes Justemilicublatt über die Klinge springen lassen. Das war in der Ordnung. Aber ekel erregend und empörend ist cs, mit anzusehen, wie jeder Troß- bube der Literatur seine ersten Gauner- und Fechterstückchen aus bloßem Muth will en und weil es so Sitte und nichts dabei zu riskiren ist, an einem Institute ausläßt, daS ihn nie beleidigte. Jeder Lump, der sich die literarischen Spo ren zu erkämpfen gedenkt, glaubt wohlfeilen Kampf davon zu kommen, wenn er auf den Redacteur der Abendzeitung schimpft. Ein ehrloses Handwerk, das dem deutschen Charactcr fremd fein sollte. Und gleichwohl währt dieser Skandal an die zwan zig Jahr. Seit zwanzig Jahren kämpft eine deutsche Oppo sition mit langdärmiger Beharrlichkeit (doch fürwahr nicht zu Ehren des Vaterlandes) gegen Theodor Hell. Ist dieser Euch denn so furchtbar, ihr deutschen Rücken? Deutschland, bist du innerhalb deiner weiten Grenzen wirklich so arm an Steinen des Anstoßes, daß du so viel Zorn und Galle gegen einen Mann richtest, dessen einziges Verbrechen darin besteht, dein armseliges Repertoir als bühnenkundiger Mann mit einer Auswahl französischer Stücke bereichert und als zu nachsichtiger Nedactcur vielleicht ein Schock Gedichte abgedruckt zu haben, geblieben wären? v nun die Tendenz, Lyrik und Novcllistik der nozeitung billigen oder nicht, so wird doch jeder Rechtschaf fene darin mit übereinstimmcn, daß die jahrelange syste matische Unbill, die mit diesem Blatte aus blo ßem Muthwillen, ja aus reiner Modesucht ge trieben wird, nie gutgehcißen werden kann und sich selbst den Stab bricht, zumal an der Spitze dieses Blattes ein Mann steht, dem weder in bürgerlicher noch lite rarischer .' - sicht die Achtung entzogen werden kann, die jedem Ehrenmann- gebührt. Heitere Journalschan. Der Deutsche und der Dieb. Ein Deutscher, wel cher durch eine Straße von Amsterdam wandelte, ertappte plötz lich in seinem Rocke die Hand eines jungen Taschendiebes. Wie, rief er, du bist ^noch so jung und schon auf dem Wege zum ^alaen und Rad? Schäme dich Bube und suche dein Brot : verdienen! Schämt Euch selbst, Herr Deut- Junge sich losreissend, daß Ihr nach Amsterdam aicht einmal so viel Geld in der Tasche habt, daß ein ....... Lehrling der schönen Künste damit seine Studien machen könnte. Eine Bencfizvorstcllung. Ein Komiker in Reval I war auf den Gedanken gekommen, bei seinem Benefiz folgende I Worte auf den Anschlagzettel zu sehen: Heute kostet der Ein- I trittspreiß auf allen Plätzen das Doppelte. Doch erhält Jeder mann nach der Vorstellung sein Geld zurück, wenn er ein am Schlüsse vom Komiker aufgegebenes Räthsel richtig löst und dem Cassirer auf einen Zettel geschrieben die wahre Lösung über gibt. Das Räthsel war sehr lang und sehr verworren. Doch kamen fast Alle überein, es sei Chaos, oder Wirrwarr, oder Unding. Da das Theater sehr gefüllt war, so war das Ge dränge an der Caffe sehr groß. Jeder wollte sein Geld wie der haben, aber Niemand erriech das Räthsel. Da erschien endlich ein Transparent mit den Worten: Es ist Nichts! Die Zuschauer lachten und gingen. (Wiener Lheaterzcitung.) Miszellen. Abu Seid. So heißen orientalische Dichtungen von Friedrich Rückert, worin folgende Stelle vorkommt. Abu Seid klagt nämlich, als Bettlerin verkleidet, über das Schicksal: Es blies uns den Span aus Und zog uns den Zahn aus; Und fegte die Bahn aus Und trieb uns den Wahn aus. Es drängte und trieb Es hetzte und hieb, ES raffle und rieb Bis nichts uns blieb. Keine Au und keine Ceder, Keine Klau und keine Feder, Kein Stahl und kein Stein, Kein Strahl und kein Säein, Kein Mahl und kein Wein, Kein Thal und kein Hain, Nur Qual und Pein. Die französischen Karls. Frankreich braucht sich wegen seiner vielen Könige, Namens Karl, nicht glücklich zu preißen. Karl der Kahle war ein Kapuziner-König und ein Missionär. Karl der Dicke lebte als ein vom Teufel Besessener und starb als Narr. Karl der Einfältige war seines Namens nicht unwcrth. Karl der Schöne war ein Freund des Handels und reiste stets in einem Wagen mit Reliquien. Karl der Weise tödtete an einem Tage zwanzigtauscnd seiner Untertha- nen. Karl der Neunte ist bekannt aus der Bartholomäusnacht und Karl der Zehnte durch seine Ordonnanzen des Juli 18K). Neue Erfindungen. Ein Barbier in London hat ein« Perrücke erfunden, die er den Triumpf der Haarbelle» tristik nennt. Ein Conditor daselbst hat „belebende Biscuits" gebacken und ein Kappenmachcr eine Nacht mütze erfunden, die unter dem klassischen Namen eines „eaput gerere ckormitor" (Schläferkopfbedecker) angekündigt hat. Merkwürdiger Vorfall. Eine Frau in Glasgow ihren Säugling wiegend, war fleißig mit Nähen beschäftigt. Das Kind aufwachcnd, nöthigt die Mutter, die Nadel hinweg- zulcgen und dasselbe zu säugen, wodurch es beruhigt wurde. Die Mutter bekam indeß Eßlust und biß von dem auf dem Tische befindlichen weichen Brote einige Mal ab, fühlte aber im Schlunde während des Essens einen heftigen Schmerz. Di« von ihr weggclegte Nadel konnte trotz des sorgfältigsten Suchens nicht gesunden werden. Gegen Abend würde die Frau von heftigem Schmerze in der Brust ergriffen, welche jedoch endlich wieder nachließen. Nach drei Tagen säugte die Mutter wieder