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Der Salon. Unter Verantwortlichkeit der Redaktion der Eilpost. Druck von C. P. Melzer in Leipzig. 1839. Conversations -Zimmer. Krieg oder Frieden. (Anwesend: Professor — Armeelieferant aus Brüssel — Rittergutsbesitzer — Belgischer Eiscnbahnactionair — Pariser Avantürier.) Professor. Also den achtzehnten Februar. — Rittcrgutsbes. Was gibts da? Profess. Da heißt es laut Beschlüssen der Londoner Con- screnz, hinaus mit den Belgiern aus dem Luxemburgischen. Rittcrgutsbes. Wie recht und billig. Pariser Avant. Wie recht und billig?! Es ist wahr haft schmerzlich, daß man bei dem deutschen Volke so wenig Sympathicen findet für die Unabhängigkeit und Freiheit der Nachbarstaaten. Wie anders denkt der Franzos. Ein Wink, und dreimalhunderttausend Brave eilen dem bedrängten Bruder volke zu Hülfe. Eisenbahnact. Sympathicen! Wir kennen diese Sym- pathiecn, sic kosten in der Regel unser gutes Geld. Nichts da, Frieden bleibt. Das fehlte, daß wegen ein Paar Quadrat meilen Europa in Feuer und Flammen gericthe. Profess. Auch haben die Belgier nicht den geringsten Rcchtsgrund, dem Könige von Holland, der bereits zu so schweren Opfern gezwungen ward, Luxemburg streitig zu machen. Rittcrgutsbes. Ich bewundere nur die Langmuth der Conferenz und des deutschen Bundes, der Belgischen Unge rechtigkeit so lange nachgcschen zu haben. Armeelieferant. Ungerechtigkeit? Haben wir Luxem burg nickt mit unserm Blute erobert? Uebrigens soll ja König Wilhelm für seinen Länderverlust sogar mit Geld entschädigt werden. Rittcrgutsbes. Eine schöne Theorie, Völker als Han delsartikel zu betrachten. Nein, mein Herr, Belgien muß Luxemburg herausgeben, und Belgien wird cs thun. Armeelieferant. Wir werden erst über einer halben Million Leichen unterzeichnen. Rittcrgutsbes. Ich sollte meinen, Belgien hätte nicht eben Ursache, sehr auf seine Millionen zu pochen, das haben wir dieser Tage bei seiner Bank gesehen. Eisenbahnact. Ja wohl, der Schreck liegt mir noch in den Gliedern. Pariser Avant. Allerdings, bei bevorstehendem Prin- cipienkampfc mag der Geldaristokratie für ihre Geldfässer immer bange werden. Es dürfte dann ein wohlthätigeres Gleichge wicht zwischen Arm und Reich cintretcn. Eiscnbahnact. Sehr obligirt, und wenn das Geld nicht mehr ausrcichte, ginge cs ü In 93 über unsere Köpfe. Pariser Avant, (zuckt die Achseln.) Eisenbahnact. Gehorsamer Diener! Profess. Unsere Regierungen, welche mehr oder weniger fast sämmtlich den Weg der Reformen wandeln, werden es zu diesem Acußerstcn nicht kommen lassen; so wird es auch bei vorliegender Belgischer Frage den Diplomaten gelingen, sie so friedlich als möglich zu lösen. Armeelieferant. Glauben Sie das nicht, Belgien wird nie in die Abtretung Luxemburgs willigen. Ritterguts des. Wohlan, dann wird ein deutsches Bundesheer verfügen, was Rechtens ist. Pariser Avant. Da haben wir den Weltkrieg. Ritterguts des. Hoffentlich einen sehr kurzen. Armeelieferant. Wir werden Fuß für Fuß unseres theuern Vaterlandes mit unserm Blute vertheidigcn, und sollten wir der Uebermacht weichen, so werden wir auf den Gräbern der für die Unabhängigkeit Gefallenen und im Angesichte Europa's gegen die Ungerechtigkeit der großen Mächte pro- testircn. Rittcrgutsbes. Das kann Ihnen Niemand verwehren. Pariser Avant. Und der Schmcrzensrus des nieder getretenen Belgiens wird an die Sympathicen und die Groß herzigkeit der großen französischen Nation appellicen. Rittergütsbes. Da kann man wieder nichts dagegen haben. *) -y Dieser Aufsatz ist ein Versuch, die bedeutenden Tagesfragen in dlalogisirter Form, wo sich die verschiedenartigsten Ansichten- aussprechea können, vorzuführen. Nur wenn diese Behandlungsart eine beifällige Aufnahme findet, wird sie fortgesetzt werden.