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Lese-Z Neuestes Bulletin der Moden. Lus Paris. Was zuvörderst die Herrenm öden anlangt, so ist der Haus- oder Zimmerrock von einer Eleganz, die nichts zu wün schen übrig läßt. Der Schnitt bietet den außerordentlichen Bortheil, daß er zu einem doppelten Zwecke dienen kann, näm lich für's Zimmer und dann auch als Ueberziehrock, um sich auf den Ball zu begeben. Der Rock unterhalb ist sehr weit-, in den zahlreichen Falten, welche sich um die Taille bilden, sind zwei Taschen angebracht; der Rücken ist glatt in der Taille anliegend; die Reverse von ziemlich weitem Umsang, aber großer Geschmeidigkeit, schließen sich an den Kragen, der als weite Pelerine hcrabfällt. Der Stoff zu diesem Rock ist Bclventinc, welcher vollkommen dem Seiden-Sammet gleicht; der Kragen, die Reverse und übrigen Ausschmückun gen sind von Seide. Dieser Rock ist wattirt und das seidene Futter muß von etwas hellerer Farbe sein. Die Pantalons gehen bis aus die Füße und sind von ca- chcmirartigem Zeuge. Der cigcnlichc Ucbcrrock ist immer noch ü külorine; diese Art Schnitt bietet stets eine bcmcrkcnswerthe Auszeichnung, deshalb kommt man so oft darauf zurück. Die Pelerine, von der wir hier sprechen, ist von ziemlicher Weite, die Reverse fast bis oben gerade und kurz; der Kragen ist niedrig, zwei Ta schen für die Hände sind zur Seite der Taille. Auch dieser Ueberrock ist ganz mit Seide gefüttert und wattirt. Der Kra gen ist von Sammet. Der Stoff dazu ist wollener Pique. Uebrigens ist der Rock mit natürlichem Marder besetzt aus den Magazinen Alexanders. Diese Art von Ueberrock sitzt ausgezeichnet und wird allge mein getragen. Der Paletot-Mantel wird ebenfalls die Aufmerksamkeit un serer fashionablen Herren fesseln. Er vereinigt in sich die Zierlichkeit des Mantels und die Bequemlichkeit der ersten Pa- ntes hat stch nur wenig verändert; nur . Weise der Garnituren legen unsere Elegants gegenwärtig großes Gewicht. Dir Damenmodcn betreffend, so übersteigt deren Man nigfaltigkeit Alles, was wir früher davon gesehen haben. Die Strenge, der Despotismus von ehemals, welcher uns zu den eontrastircndsten Kleidungen zwang, hat einer vernünftigen Freiheit Platz gemacht; mit einem Worte, die Mode ist kon stitutionell geworden. Die Künstler haben diese glückliche Unabhängigkeit wohl zu benutzen verstanden. Jeder ist dem Schwünge seines Genius gefolgt und hat seinen Schöpfungen einen cigcnthümlichcn Stempel aufgcdrückt, welcher eine Täu schung nicht gut zuläßt, weil jedes Produkt gleichsam das Zeugniß seines Ursprungs an sich trägt. Sehen wir weise (82^«!«) Kopfputze, oder Häubchen und Turbans von edlem, doch etwas strengem Geschmack, so nennen wir unwillkührlich Eaudrant oder Herba ult; die historischen Kopfputze erin- L m m e r. ncrn an Moritz Beauvais und seine gelehrten Unter suchungen. Eben so ist cs mit den Kleidern, Schärpen, Mänteln, Stickereien, kurz mit Allem, was zur Ausschmückung unserer Schönen nöthig ist. In Beriet's Eoncert trug Madame Le hon als Kopf schmuck eine Diana von Poitiers, in kirschfarbnem Sammet mit Perlen eingefaßt; die Herzogiu von *** und mehre an dere trugen Spitzcn-Turbans, mit kleinen Blumcnbouquets und zwei Schärpen geziert. Die Gcsandtin von hatte einen prächtigen Turban von smaragdgrünem Sammet, mit Goldstoff untermischt. — Kleine Häubchen von Blonden und Filigran-Tüll bemerkte man in Menge. Die Jüngsten der Fraucu zeigten sich auch in Halb-Turban- Häubchen mit Blumen und langen Schärpen geziert. Die neuesten Kleider waren mit antiken Leibchen, oben weit ausgeschnitten und mit Aermeln » l'orientalo. An demselben herrlichen Concertabende sah man ebenfalls eine große Anzahl Dandy's in blauen Fracks mit Knöpfen mit Chiffern und Krone, Pantalons in Grau mit Samarkand, weißes oder scharlachfarbencs Gilet. Das Weißzeug dieser jungen Leute war von seltener Aus wahl und vorzüglich von einem Schnitt, der nichts zu wün schen übrig ließ. Die Magazine von Privat sind in diesem Augenblick überzahlreich mit den herrlichsten Phantasien aller Art gefüllt, die zum neuen Jahr doppelten Werth haben. Cravatcn und in Seide oder Gold mit seltener Kunstfertigkeit gestickte Gi lets, Sultanen in Atlas und in Sammet, mit Goldstickerei und goldncn Eicheln, die sich herrlich zu Präsenten eignen. Außerdem noch Handschuhe, Taschentücher, Börsen, Shawls u. s. w., Alles in einem Geschmack, der dem angeführten Hause zur größten Ehre gereicht. Musik. Der alte Dessauer. Laut Zeitung für die elegante Welt ist dieser Marsch bereits hundcrtunddreißig Jahre alt und ein Italiener sein Compositeur. Fünfzig Jahre hindurch blieb er das Licblingslied des preußischen Heeres. Am lieb sten hörte ihn aber der alte Herzog von Dessau, daher auch der Beiname des Tonstücks. Der alte Herzog hatte diesen Marsch dermaßen in's Herz geschlossen, daß er alle Lieder in der Kirche darnach sang. Paganini und Bcrlioz. Bekanntlich ward Ersterer über das Violinspicl des Letzter» so entzückt, daß ein Geschenk von zwanzigtauscnd Francs erfolgte. Bcrlioz hat aber diese Summe mit einem ablehnenden Schreiben zurückgcschickt und mit der bitteren Bemerkung: Paganini habe vor mehrern